•𝑲𝒂𝒑𝒊𝒕𝒆𝒍 22°

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"Was machst du?" Störte ich die Stille zwischen uns. Er strich unauffällig meine nasse Strähne beiseite, während die anderen nichts davon mitbekamen und unsere Blicke austauschten. "Ich sorge dafür, dass dein Kleid nicht ungewollte Einblicke gewährt. Ich mag so etwas nicht, bellezza." Tatsächlich hob sich mein Kleid immer wieder aufgrund des Wassers.

Mit dem durchringenden Kleid verließ ich den Pool, nahm Alex' Handtuch und stolzierte ins Strandhaus. Deutlich unangenehm berührt floh ich schweigend und zog mich erneut um. Im Strandhaus wurde mir klar, dass Bademode Vorschrift war – ich war erleichtert, vor Kurzem mit Amira geshoppt zu haben.

Mit meinem Körper, gezeichnet von Narben, stand ich regungslos vor dem Spiegel. Die Narben stachen immer wieder in mein Blickfeld und erinnerten mich an vergangene Geschehnisse. Betrübt hängte ich das nasse Kleid im Badezimmer auf und zog stattdessen einen roten Bikini an.

"Wäre ich damals nicht so fett gewesen, hätte ich diese Probleme nicht." Zischte ich selbstverachtend in den Spiegel und ballte meine Faust, als die Erinnerungen hochkamen.

Plötzlich tauchten Bilder auf, die ich in den letzten Wochen durchlebt hatte, von der Begegnung mit den Fernandes bis zu Valerias verächtlichem Blick. "Lasst mich!" Schlug ich leicht mit meiner Faust auf den Marmortisch vor dem Spiegel, in der Hoffnung meine Dämonen zu bändigen.

Hilflos stützte ich mich auf dem Tisch ab und sah mich erneut im Spiegel an. "Warum habt ihr mir das angetan?" Murmelte ich, eine Träne entwich und fiel mit Gewalt auf die Oberfläche.

"Alles okay?" Durchbrach Daniels Stimme die Stille, ich riss mich zusammen und ließ die vereinzelten Tränen verschwinden. "Ja, alles in Ordnung." Und sah zu ihm auf. "Etwas bedrückt dich schwer. Wenn etwas nicht stimmt, kannst du mit mir sprechen." Betrat er das Gästezimmer.

"Ich kann es dir nicht sagen, Daniel." Murmelte ich und sah wieder zu meinen Händen. "Als ich bei dir übernachtet habe und du den Namen von Ians Ex-Freundin erwähnt hast, wusste ich indirekt, dass etwas nicht stimmt. Du kennst Valeria und ich bezweifle stark, dass du Neuankömmling auf Teneriffa bist." Mein Kiefer presste sich zusammen, indes ich den tätowierten Mann gegenüber an sah.

"Es ist eine andere Valeria, von der ich sprach." Erzählte ich, in der Hoffnung zu entkommen. "Nenne mir den Grund, warum wir alle zur Semesterfeier kommen sollen."            - Verdammt, das ist eine heikle Situation. Er musterte mich und nahm jede meiner Bewegungen wahr.

"Ich möchte neue Leute kennenlernen." Fauchte ich ihn an, als ich an ihm vorbeigehen wollte, jedoch hielt er mich an meinen Handgelenke auf. "Nein, du verfolgst andere Pläne. Alex hat mir erzählt, dass du in Teneriffa aufgewachsen bist. Valeria war diejenige, die dich fast zum Suizid getrieben hat." Ich sah ihn an, Tränen kamen hoch.

"Das geht dich nichts an." Und zog meine Hand zu mir. "Vielleicht hast du recht, allerdings wird es dich zerfressen, wenn du nicht darüber redest." Meine Schachfiguren zerfielen einzeln, nicht Ian warf mich vom Schachbrett, sondern Daniel, der mich durchschauen konnte.

"Es mag sein, dass ich in Teneriffa aufgewachsen bin und Valeria kenne. Sie hat mich schikaniert und mein Leben ruiniert. Erkennen würde sie mich nicht. Kennst du Karma?" Ging einen Schritt auf ihn zu und sah ihm direkt in die Augen.

"Ja, ich kenne Karma." Ich fuhr durch meine nassen Haare. "Dann weißt du, was ich vorhabe." Zischte ich und trat wieder einen Schritt zurück. "Lucia, sie ist es nicht wert." Schloss die Tür hinter uns, damit niemand das Gespräch mitbekam.

"Diese verdammten Narben und all der Selbsthass, sowie die Albträume stammen von den Menschen, die mich verachten. Du müsstest besser als jeder andere wissen, wie schwierig es ist, akzeptiert und respektiert zu werden. Nicht zu der Figur zu werden, die man wie Dreck behandelt." Mein Körper zitterte vor Frustration, genauso wenig ich die Tränen zurückhalten konnte.

KarmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt