Spiros wartete schon ungeduldig auf die Ankunft der Gäste aus Ägypten. Phil hatte ihm einen klaren Auftrag erteilt: Serhat musste in einer Woche die Grundlagen der Selbstverteidigung lernen. Außerdem sollte er ihm einen Trainingsplan für Kairo aufstellen.
„Eigentlich könntest Du das Training mitmachen," sagte Tom zu Maher, nachdem er die beiden Ägypter dem Trainer vorgestellt hatte. Spiros musterte Maher von oben bis unten:
„Wenn Du böse genug guckst, brauchst Du kein Training. Da kriegt ja jeder sofort Angst. Aber Schluss mit Reden. Ich will sehen, was Ihr draufhabt. Tom, Du nimmst Serhat, ich Maher."
Serhat erinnerte sich noch sehr gut an die beiden Kämpfe, die er von Tom und Phil gesehen hatte. Wenn er mehr als 30 Sekunden überstehen wollte, musste er einige Hemmungen über Bord werfen. Er überstand sogar mehr als drei Minuten, aber er wusste wohl, dass Tom ihn schonte.
„Viel Arbeit," dachte Spiros, als Tom uns Serhat sich in den Sand setzten, und wandte sich dem Nubier zu, der einen Kopf größer war als er selbst. Maher war nicht muskelbepackt, aber er wirkte auch nicht ganz untrainiert.
„Machst Du Sport?" fragte er ihn-
„Ich schwimme. Und Du, Trainer?"
„Hauptsächlich ringen."
Maher hätte Nikos' Rat, Spiros mit seiner größeren Reichweite auf Distanz zu halten, nicht gebraucht. Er wusste selbst, dass er dem Griechen am Boden unterlegen war. Seine Schläge und Tritte trafen zwar meist nur Spiros' Deckung, aber Spiros war von Anfang an in der Defensive. Er versuchte, das Bein des Nubiers zu packen, als der ihn treten wollte, aber Maher nutzte die Lücke in seiner Deckung und donnerte ihm die Faust ans Kinn. Spiros verdrehte die Augen und war k.o. Als er wieder sprechen konnte, grinste er Serhat gequält an:
„Ihr wohnt im selben Haus? Ich weiß, wer Dein Trainer wird."
Dann gingen alle zusammen schwimmen, und dabei stand Serhat im Mittelpunkt. So einen Schwimmstil hatten die Europäer noch nie gesehen. Nikos nannte es „Hundestil", weil er wie ein Hund mit allen Vieren wild paddelte, und er war nicht langsamer als die anderen, die meist kraulten.
Am Strand gingen dann die Fotos vom Suezkanal herum. Es waren so viele Geschichten zu erzählen, dass sie gar nicht merkten, als es dunkel wurde. Tom und Nikos halfen Manos, den Grill ans Laufen zu kriegen, während die anderen in der Küche Gemüse und Fleisch vorbereiteten.
„Ich glaube, Deine Verlobte ist dabei, sich zu verlieben," kommentierte Nikos Sophias und Mahers Geturtel.
„Sieht so aus," stimmte Tom ihm zu. „Und sie hat nicht die schlechteste Wahl getroffen, finde ich."
„Dann hättest Du einen Grund, die Verlobung aufzulösen."
„Vielleicht ist es im Augenblick besser, sie nicht daran zu erinnern, dass wir verlobt sind."
Tom uns Nikos fuhren schon nach dem Essen zurück ins Hotel. Basilis wollte ihr Auto um sieben Uhr vorbeibringen, und viel später wollten sie auch nicht losfahren.
Als Basislis den Wagen übergab, war der Kofferraum des Opels schon vollgestopft mit braunen Kartons, die laut Frachtpapieren elektronische Bauteile einer Telefonanlage für eine Firma in Alexandropoulos waren. Frau Tsikou gab ihnen ein großes Proviantpaket mit, das sie am Strand von Korinos zu Füßen des Olymp plünderten, wo der Minister die Gelegenheit nutzte, um eine Menge Fragen loszuwerden. Tom und Nikos gaben ihm vorsichtig Auskunft über die Organisation des Widerstands, und noch vorsichtiger über die Verbindungen ihrer Gruppe nach Irland und Ägypten.
„Sagt mir noch eins," bat Motte schließlich. „Ihr sprecht immer von Unterlagen, mit denen Ihr Euch finanziert. Ich kombiniere haarscharf, es sind die Libyer und Ägypter, vielleicht auch die IRA, die Euch Geld für Informationen geben. Aber woher bekommt Ihr die Unterlagen?"
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Die richtigen Leute Band 6: Blutrünstige Bestien
Historical FictionIm 6. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute" erleben Tom und seine Freunde während eines Besuchs am Suezkanal und in Ismailia die brutalen Auswirkungen des Nahostkrieges. Auf einer Autofahrt von Kairo zur libyschen Grenze geraten sie in eine Ausein...