Das Büro des ägyptischen Botschaftsangestellten Al-Aziz war eine bessere Abstellkammer.
„In diesem Zimmer ist ja mehr Papier als Luft," stellte Tom nach einer etwas reservierten Begrüßung durch den Ägypter fest.
„So sieht's aus, wenn jemand hart arbeitet. Was verschafft mir die Ehre? Was habe ich diesmal falsch gemacht?"
„Gar nichts. Ich wollte Sie bitten, heute um drei in den Strefi-Park zu kommen. Gehen Sie durch den Eingang am Ende der Benaki-Straße. Wenn Sie uns einen Umschlag mit Scheinen mitbringen, kriegen Sie einen schönen Umschlag aus Souda."
„Das mache ich doch gerne. Wie hat es Ihnen in Ägypten gefallen?"
„Das ist in ein paar Minuten nicht gesagt, und mehr Zeit habe ich nicht. Wir waren in Ismailia, das war furchtbar. Aber ich liebe die Wüste. Kairo ist auch toll. Wir sind sehr zuvorkommend behandelt worden, und wir haben Freunde gefunden."
„Ja, man hörte davon."
Al-Aziz machte eine kleine Pause. Mit diesem Tom, der ihn bei ihrem letzten Zusammentreffen so gedemütigt hatte, hatte er noch eine Rechnung offen, die er nun zu präsentieren gedachte.
„Ihre Ex-Freundin hat wohl auch einen sehr guten Freund gefunden, der übermorgen herkommt. Steht in irgendeinem der Papiere." Er zeigte leicht triumphierend auf die Aktenstapel.
„Ihr Dienst ist wohl um einiges effektiver als der griechische," lobte Tom den Mukhabarat.
„Man gibt sich Mühe. Aber," kicherte Al-Aziz ein bisschen hämisch, „das hatte ich noch nicht, dass erst der Freund unter unserer Aufsicht vögelt, und ein paar Tage später die Freundin."
Tom blieb sehr zum Ärger des Ägypters ganz ruhig:
„So wichtige Sachen stehen also auf all diesen Blättern, Glückwunsch. Ich hoffe, Sie sind nicht neidisch?"
„Absolut nicht. Ich sage immer, Agenten wie wir leben gefährlich, und oft kurz. Man muss es genießen. Wer weiß, wie lange noch. Und ich sage noch was: keine Information ist nutzlos. Man muss sie gut im Gehirn speichern. Irgendwann kann sie einem nützlich sein."
Tom sah sich zweifelnd um.
„Sie wollen mir doch nicht sagen, dass Sie sich alle diese Dinge merken können?"
„Nicht alle. Aber man spürt auf die Dauer, was man behalten sollte. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel. Ich lese den Namen Maher dreimal innerhalb einer Woche. Erst besucht er mit Ihnen ein Haus, das Touristen normalerweise nicht finden. Dann schläft er in der Wüste mit einer Griechin, und schließlich hört einer unserer freien Mitarbeiter, dass er nach Griechenland fährt. Da habe ich mich gefragt, ob er in Zukunft nicht den Kontakt zwischen Oberst Al-Numeiri und Ihnen halten kann. Er kann dann ganz offiziell reisen, mit Pass und Stempel, und er wird eine gut bezahlte Stelle bekommen, wenn er erst einmal Arzt ist. Bestellen Sie ihm schöne Grüße von mir. Er kann mich gerne nächste Woche besuchen, dann können wir ein wenig plaudern."
Tom war mehr als überrascht. Wenn der griechische Geheimdienst auch nur halb so professionell wie der ägyptische wäre, säßen sie alle längst auf einer einsamen Insel.
„Ich gebe zu, ich bin beeindruckt. Es stört Sie sicher nicht, wenn ich bei Ihrem Gespräch mit Maher dabei bin? Und es würde meinem Freund Maher sicher bei seinen Überlegungen helfen, wenn ihm gewisse Ausgaben ersetzt würden."
„Ihr Freund Serhat, ach, kommt der nicht auch übermorgen? Stimmt, der auch. Das begrüßen wir übrigens sehr, dass der nun zu Ihrer Gruppe gehört. Also, Serhat kann sich doch nicht beklagen, oder? Bei ihm sind es die Libyer, die ihn bezahlen, aber Mahers Kosten übernehmen wir. Es gibt noch etwas, das ich immer sage. Ein bezahlter Mitarbeiter ist verlässlicher als ein gezwungener. Sehen wir uns heute Nachmittag?"
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Die richtigen Leute Band 6: Blutrünstige Bestien
Ficción históricaIm 6. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute" erleben Tom und seine Freunde während eines Besuchs am Suezkanal und in Ismailia die brutalen Auswirkungen des Nahostkrieges. Auf einer Autofahrt von Kairo zur libyschen Grenze geraten sie in eine Ausein...