8 Eine schöne Uniform

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Phil ließ sich feiern, und niemand hielt ihn auf, als er in seiner Euphorie zu der Band stürmte und einem Musiker sein Akkordeon abquatschte. Er spielte ein schnelles Theodorakis-Stück an, und die anderen Musiker gingen darauf ein. Der Tanz ging bis um zwei, und als Tom und seine Freunde um sieben geweckt wurden, war keiner von ihnen ausgeschlafen. Eine kalte Dusche und ein süßes Frühstück brachten sie dann aber bald auf Normaltemperatur.

„Ich hatte gestern Nacht das Gefühl, hier kennt Euch jeder," meinte Khaled. Serhat pflichtete ihm bei:

„Jeder weiß irgendeine Geschichte über Euch. Tom, sie sagen, Du hattest ein Messer im Herz, und Du, Phil, hast ihn gerettet. Davon haben mehrere gesprochen. Ihr wart etwas zu bescheiden, als Ihr uns davon erzählt habt."

Phil relativierte die Angelegenheit, indem er den Ablauf noch einmal wahrheitsgetreu schilderte.

„Aber so ist das in Libyen," erklärte er. „Die Armee ist nicht so groß, und die wenigen Einheimischen kennen sich meist untereinander. Da werden dann Geschichten erzählt, und wenn sie einmal rum sind, erkennst Du sie nicht wieder."

„Du hast letzte Nacht auch ganz ordentlich an Deinem Ruf gearbeitet," meinte Khaled. „Sie sagen, noch nie hat einer Omar besiegt. Das war übrigens wirklich gut. Diese Techniken am Anfang sind gemein, mit sowas rechnet niemand."

„Das hab ich bei den Palästinensern gelernt. Und jetzt verrate ich Dir mal was." Phil warf Tom und Nikos schelmische Blicke zu. „Ich will auch so eine Majors-Uniform wie die beiden da. Daran arbeite ich."

„Und Du meinst, Gaddafi, der sie Dir geben könnte, weiß von Deiner Heldentat letzte Nacht?" zweifelte Serhat.

„Davon kannst Du ausgehen," meinte Tom. Er flüsterte, „So wie wir keinen Schritt ohne Tonband machen, so machen wir auch keinen Schritt, ohne dass man uns zuhört. Pass mal auf." Er wurde wieder lauter. „Ich habe Durst, Leute, was würde ich nicht für einen Tee machen!"

Sekunden später erschien ein Soldat und fragte:

„Möchten Sie vielleicht Tee?"

Er verstand Toms Nicken, aber er verstand nicht, warum sie Europäer und ihre ägyptischen Freunde in lautes Gelächter ausbrachen.

Um neun Uhr erklang ein vertrautes Motorengeräusch. Sie rannten zum Fenster und sahen gerade noch, wie die Noratlas die Landebahn heraufkam.

„Unser Taxi ist da," rief Tom. Sie liefen in den ersten Stock und holten ihre Rucksäcke. Zwei Soldaten begleiteten sie zu dem Flieger, während sich von der anderen Seite der Jeep des Kommandanten näherte, der sie persönlich verabschieden wollte.

„Ich höre, Sie hatten einen turbulenten Abend," sagte der Oberst und fügte mit einemr Zwinkern an, „Ich hoffe, meine Männer haben sich benommen."

„Sie haben gute Soldaten hier, Herr Oberst," antwortete ihm Tom. „Danke für Ihre Gastfreundschaft."

Stavros kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu:

„Besuch aus der Heimat, wie schön. Toll seht Ihr aus, na ja, bis auf die roten Augen vielleicht."

Er umarmte und küsste alle, auch Khaled und Serhat.

„Ich erkläre Euch kurz den Ablauf. Ich bringe Euch nach Tripolis. Ihr werdet am Flughafen abgeholt und fahrt in der Schneiderei vorbei. Im Präsidentenpalast übergebt Ihr Euer „Geschenk", also die Papiere, und fahrt dann in das Zeltdorf. Da ist am Abend eine Feier, zu der Ihr eingeladen seid. Übermorgen fliege ich Euch nach Paris. Ach, noch etwas: Ihr sollt auf dem Weg zum Palast keine Extratouren machen - man wartet auf Euch. Ich komme um fünf Uhr heute Nachmittag mit dem Hubschrauber vorbei."

Die richtigen Leute Band 6: Blutrünstige BestienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt