Mit einem letzten leisen Brummen erstarb der Motor meines Autos und lies den Abend wieder still und unheimlich wirken, bedrohlich, als könnte jeden Moment jemand aus dem Gebüsch springen und dich umbringen.
Das war das Zweite, was mich an diesem Dorf so störte. Nachts hatte es dieses Bedrohliche, Unheimliche. Ich mochte nicht sagen sogar etwas Gefährliches. Das war schon immer so gewesen und ich wusste, dass sich das auch nie änderte.
Sofort durchfloss mich tiefe Ungewohntheit. Inzwischen kannte ich es nicht anders, dass alle elf Sekunden ein anderes Auto an meinem Fenster vorbei fuhr.
Die plötzliche Stille explodierte in meinem Kopf und brachte mein Gehör zum Klingeln.Mein Atem zitterte in meiner Lunge und die Nervosität sprintete meine Adern hoch wie bei einem Marathon.
Das Herz raste.
Die Finger zitterten.
Mein Blick glitt an der Fassade meines Elternhauses entlang. In der Küche brannte noch Licht, doch da sich keine Silhouetten hinter den Vorhängen abzeichneten, vermutete ich, dass sie ihre Zeit nicht dort totschlugen. Vielleicht brachten sie gerade die Kinder ins Bett.
Sie.
Meine große Schwester Michelle, die mich für ein dummes, egoistisches Kleinkind hielt und mein dummer Schwager Darvin, der mich schon damals nicht ausstehen konnte und mir das tagtäglich zeigte. Das war noch etwas, das schon immer so war und was sich auch nicht änderte.
In mir schrie es danach, den Motor wieder anzuschmeißen, zu wenden und durch die Nacht zurück in die Stadt zu fahren. Weit, weit weg von diesem kranken Dorf, ihren kranken Bewohnern und diesen schrecklichen Erinnerungen, die in mir aufkeimten wie kleine Pflanzen, die in Sekundenschnelle wuchsen.
Ihr Hass auf mich, ihre Worte, die sie mir an den Kopf schmissen, waberten durch die Luft, empfingen mich an einem Ort, der nicht länger mein Zuhause war. Sofort hörte ich ihre Stimmen in meinem Kopf; sie waren nur undeutliche, heisere Klänge in der Dunkelheit, die mich umkreisten, einhüllten und immer näher zukommen schienen. Tränen brannten in meinen Augen und ich schlug fest gegen das Lenkrad.Aus lauter Frust.Aus lauter Wut.Voller Verzweiflung.
Oh, wie ich mich auf Darvins reizende Kommentare freute!
Warum war meine Schwester bloß mit so einem Kotzbrocken zusammen?„Stell dich nicht so an, Rosa", seufzte ich leise in den Minze Duft.
Schon komisch, wie ein Teil meines Ichs so optimistisch blieb, während der Andere an Fluchtpläne und Ausreden dachte. Begleitet von Gefühlen wie Erleichterung, aber auch Reue. „Du packst das schon!"
Augenblicklich stellte ich mir vor, wie ich auf dem Sofa im Wohnzimmer saß, der Lavendelduft beruhigte mich, hüllte mich ein wie eine schützende Decke, während mein Vater sich ächzend neben mir niederließ. Seine große Hand legte sich auf meinen Rücken. Und seine beruhigende, kraftvolle Stimme sagte mir, dass ich mich nicht so anstellen solle. Dass ich das schaffte.
Kurz lächelte ich und Wärme durchflutete mein Herz.
Damals.
Ja, damals war es noch gut gewesen. Ich sehnte mich danach, nach diesem Damals.
Früher.
Vergangenheit.
Aber Damals gab es nicht mehr.
Damals war tot.
Genauso wie Papa.
Sofort drang ein ganz schrecklicher Gedanke in mein Unterbewusstsein und durchschnitt diesen schützenden Mantel um es herum.
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Schattengier - Würdest du aus Liebe töten?
ParanormalAls Rosa nach dem Tod ihrer Eltern zurück in ihr Heimatdorf zieht, hätte sie nie gedacht, dass dies einen Wirbelwind der Gefühle und Erinnerungen mit sich bringt, allesamt schlecht und schmerzend. Der einzige Grund, wegen dem sie sich nicht von treu...