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Vor der Kapelle des kleinen Dorffriedhofs hatte sich das halbe Dorf unter ihren Regenschirmen versammelt, um auf den Beginn der Beerdigung zu warten. Irgendwie fühlte sich der ganze Trubel vollkommen falsch und unwirklich an.

Ich meine, meine Eltern waren nicht die Beliebtesten im Dorf gewesen und hatten seit Jahren bereits mit einigen hier anwesenden nicht mehr gesprochen. Es erschien mir nicht richtig, dass sie hier waren, um von ihnen Abschied zu nehmen.

Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen nahm ich still und leise die Beileidsausprüche entgegen.

Meine Seele blutete.

Ich hatte diesen Tag bis jetzt total verdrängt, weil ich genau wusste, wie schmerzhaft es werden würde. Wie sehr alles wieder hoch kam und mich unter sich begrub.

Mein Blick wanderte stumpf über die Köpfe der Leute und blieb schließlich an einem dunkelblonden Schopf hängen, der sich durch die Reihen zu mir voran schob.

Adam.

Augenblicklich raffte mein zersprungenes Herz sich zu einem kleinen Satz zusammen.

"Hey", sagte er leise, als er vor mir stand. Er sah unglaublich gut aus in seinem schwarzen Hemd und...

"Rosa? Alles gut?"

Verdutzt blickte ich ihn an und spürte dennoch, dass sich meine Wangen leicht rötlich färbten. Hrmpf. "Ja?" Seine Mundwinkel hoben sich zu einem unsicheren Lächeln, genauso wie seine Augen abweisend strahlten.

Er glaubte mir nicht.

Natürlich nicht, ich glaubte mir ja noch nicht mal selbst! "Du bist ganz blass", meinte Adam daraufhin und musterte mich besorgt. Oha.

"Natürlich ist sie blass!"

Ich erschrak so heftig, dass ich zusammen zuckte. Mein Atem beschleunigte sich und mein Herz schlug unglaublich schnell gegen meinen Brustkorb. "Ihre Eltern werden heute beigesetzt!" Sam stellte sich neben mich und legte mir schützend einen Arm um die Schultern. Na super. Auch das noch.

Erbsengrün traf auf Bleistiftgrau.

Farbsplitter schienen in der Luft zu explodieren, als die Jungs anfingen, sich mit Blicken zu duellieren.

In mir drin krümmte sich alles und irgendetwas zerbrach und das mit so einem heftigen Ruck, dass ich willkürlich zusammen zuckte. Jedenfalls zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen und jagte mir einen Splitter meines zersprungenen Herzens nach dem anderen in die Haut. Da war nichts als dieser ziehende Schmerz und den Ketten, die sich immer weiter um meine Brust schnürten und mir die Tränen in die Augen trieben.

Ich japste kurz auf, um Luft zu holen. Sofort trat Adam einen weiteren Schritt auf mich zu. "Rosa! Was ist denn?"

Panisch versuchte er, Sam wegzuschieben, doch der hielt mich fest an seiner Seite und jagte mir seine Fingernägel in die Haut.

„Vielleicht... Vielleicht ist ihr einfach nicht gut?"

Auch in seiner Stimme schwang die Panik mit. Vor meinen Augen flimmerte es. "Bitte...", murmelte ich leise. „Hört auf euch Sorgen um mich zu machen, klar?" Der Satz klang nur halb so sauer wie er sollte, weil mir plötzlich eine Träne die Wange runter rollte.

Die Ketten zerdrückten mich und das mit so einer Kraft, dass mir schwindelig wurde. "Und hört auf euch zu streiten. Nur heute. Bitte!" In meinem Kopf drehte sich alles.

Sam und Adam blickten sich feindselig an, erstachen sich noch immer mit Blicken, nickten sich allerdings versöhnend zu.

Versteh doch einer die Männer.

Schattengier - Würdest du aus Liebe töten?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt