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Die Worte steckten in meiner Kehle fest wie eine zu große Kartoffel, die man nicht mehr schlucken konnte.

"Ich äh... was?"

Ich war noch ganz verzaubert von der Intensität seines Blickes, dieser Spannung zwischen uns, diese Intimität... Peinlich berührt angelte ich nach meinem Handy und hielt es mit spitzen Fingern von mir weg.

Meine Schwester.

"Willst du nicht rangehen?", wiederholte Adam belustigt und musterte mich. Die Festigkeit seiner Stimme verunsicherte mich. Wie schaffte er es, bloß so selbstsicher und bodenständig zu bleiben? Nach dem, was er gerade mit mir veranstaltet hatte, konnte ich von Glück sprechen, noch irgendetwas tun zu können.

"Ja... ja sollte ich vielleicht tun, hm?"

Wütend kniff ich die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Sobald mein Blick abermals Michelles Namen streifte, durchflammte mich unbändiger, kalter Jähzorn.

Und da war er ja wieder, herzlich Willkommen zurück, Schwachkopf.

"Was ist?", versuchte ich so neutral wie möglich zu knurren. In meinem Kopf hörte es sich allerdings so an, als sei ich high. Oder so. Nervös lächelte ich Adam entschuldigend an. Oh Gott war das peinlich! Was musste er denn nun von mir denken?

"Rosa? Verdammt, wo bleibst du denn? Ich hab mir Sorgen gemacht!" Michelle schrie mich durch den Hörer hinweg an, ohne Punkt und Komma. Sie gab mir noch nicht einmal die Zeit, tatsächlich zu realisieren, wer da überhaupt am anderen Ende war. Als platzte eine Seifenblase war ich plötzlich hellwach.

"Bitte was?", blaffte ich fassungslos. "Ich bin alt genug um länger als zehn ohne Erlaubnis wegbleiben zu dürfen, Mutter!", fauchte ich gereizt. Was fiel ihr eigentlich ein? Wegen so eines Mists machte sie mir alles kaputt! "Ich bitte dich Michelle!"

Ich konnte förmlich sehen wie sie genervt mit den Augen rollte. Was wollte sie eigentlich? Ich meine, ihr war es doch sowieso lieber, wenn ich gar nicht zuhause war, oder? Was regte sie sich denn jetzt so auf?

"Rosa! Da draußen ist ein Mörder unterwegs. Du als Polizistin solltest das eigentlich wissen!" Augenblicklich beschlich mich das Gefühl, dass dies noch nicht das Ende vom Lied war. Dass sie noch mehr sagen wollte und sich bloß nicht traute. Sofort spürte ich, wie sich in meinem Hals ein dicker fetter Kloß niederließ und mir die Luft zum Atmen nahm. Hilfesuchend sah ich Adam an, der amüsiert an seinem Glas herum spielte.

Ganz super.

Hoffentlich dachte er nicht, dass die ganze Geschichte, die ich ihm erzählt hatte, nur aus Lügen und dem Drang nach Aufmerksamkeit bestand. Doch da warf er mir einen mitfühlenden Blick zu und drehte sich zur Küchenzeile um. Unter seinem engen Shirt zeichneten sich seine Muskeln ab, ließen mich einen Moment lang stocken.

Himmel.

"Ich will, dass du sofort nachhause kommst!", riss mich Michelles zum Zerreißen gespannte Stimme aus meinen wiederkehrenden Tagträumereien. Unwiderruflich begann das Blut in meinen Adern zu gefrieren, schockfrostete mich einmal von oben bis unten.

Das konnte nicht ihr Ernst sein. Warum kümmerte sie sich denn auf einmal so sehr darum, wo ich war und das ich nachhause kam?

"Bitte was?" quiekte ich entgeistert. "Das... das kann doch nicht dein Ernst sein!" Plötzlich hörte ich ein Rauschen in der Leitung, so als ob sie von draußen telefonierte und es sehr windig war. In meinem Herzen machte sich das Gefühl breit, dass Darvin ihr das Telefon aus der Hand gerissen hatte, nur um mir selbst seine Meinung zu sagen. Mit einem leichten Triumphgefühl umklammerte ich mein Handy fester. Meine Hände waren schweißnass.

Schattengier - Würdest du aus Liebe töten?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt