35 - Wenn Liebe dich quält

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Es waren 72 Stunden seit Darvins Tod vergangen.

72 Stunden in denen ich mich fragte, ob ich selbst noch am Leben war. Sobald ich auch nur länger als ein Klo-Besuch von meinem Bett entfernt war, schien mein Körper den Geist auf zu geben, indem ich einfach zusammen klappte wie ein Klappstuhl. Die meiste Zeit verbrachte ich in einer Art Dämmerzustand. Als wäre ich auf Droge, wälzte ich mich in meinem Bett hin und her, verkroch mich unter der schützenden Decke, um vor der Sonne zu fliehen und hoffte, hotte so sehr, dass meine Gedanken endlich aufhörten, mich zu erschlagen. Ab und zu schaffte Michelle es, sich zu mir die Treppe rauf zu quälen und sich neben mich ins Bett zu legen. Dann verschränkten wir unsere Hände miteinander, lächelten uns gegenseitig an und wischten uns die Tränen aus den Augen.

Bis jetzt hatte ich ihr noch nichts von dem schmetterlingsförmigen Blutfleck auf Darvins Brust erzählt. Diese Erinnerung blieb meine eigene. Ich wollte sie nicht mit diesen schrecklichen Bildern belasten, die sich in ihren Kopf brennen und für immer foltern würden. Ich versuchte ihr so viel von dem Schmerz zu nehmen, wie es ging.

Doch leider konnte ich sie nicht vor ihren eigenen Gedanken beschützen.

96 Stunden.

In denen ich mich fragte, wieso so viele hatten sterben müssen. Und wie man überhaupt starb. Ich meine, wie konnte ein Mensch einfach aufhören zu sein? Wie fühlt es sich an? So, als wäre man auf Droge? In einem nicht enden wollenden, traumatisierenden Rausch?

Oder war es eher eine Art Depression, bis man die Augen aufschlug und wieder als Baby ganz von vorn anfing?

120 Stunden.

Wann hört es endlich auf?

Wann kommen Maya, Mama und Papa, Maggie, Liz, Darvin und ich selbst wieder zu mir zurück?

Wann höre ich endlich auf, mich zu fragen, ob ich noch lebe oder nicht?

Wann werde ich aufhören zu sein?


Schattengier - Würdest du aus Liebe töten?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt