Die Verabredung

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Es war eine komplett verrückte Woche gewesen.
Begonnen hatte es damit, dass Zabini ihr am Morgen aus heiterem Himmel anbot, dass sie sich ja auch beim Vornamen nennen konnten, ehe er ihr höflich den Vortritt am Porträt gelassen hatte.
Aber noch verrückter war der Schulvormittag gewesen.
Sie hatten als Erstes Verwandlung mit den Slytherins, und als Minerva ihre erste Frage stellte, hob Hermine wie immer die Hand.
Weder vor ihr noch neben ihr schien jemand die Lösung zu wissen, und als die Schulleiterin in ihre Richtung sah, war Hermine sich sicher, dass sie sie dran nehmen würde, aber dann löste sich Minervas Blick von ihr, sie sah weiter hinten in den Raum, und begann mit einem: „Ja, Mr...“ und Hermine war sich sicher, dass es Theodore war, der sich gemeldet hatte, war er doch der einzige, der auch immer wieder eher kniffligere Fragen beantworten konnte.
Hermine drehte sich um, um Theodore's Antwort zu lauschen, und fast erinnerte er sie ein wenig an sie selbst, als er zufrieden den Arm herunter nahm und bereits Luft holte, um die Antwort zu sagen, als die Professorin, ein wenig stutzig, den Satz beendete: „...Malfoy?“
Erst jetzt bemerkte Hermine, dass auch Malfoy aufgezeigt hatte, nicht so deutlich wie Theodore, sondern mit aufgestütztem Ellenbogen.
Er nannte die korrekte Antwort, klar und deutlich, und Hermine entging es nicht, dass Theodore neben ihm perplex blinzelte, ehe er langsam den Kopf drehte und seinen Freund ansah, als hätte man ihn heimlich gegen eine fremde Person ausgetauscht.
Und so ging es die ganze Stunde.
Es war das erste Mal, dass Malfoy sich von alleine am Unterricht beteiligte, ohne, dass die Lehrkräfte ihn dran nahmen, obwohl er sich nicht gemeldet hatte.
Immer wieder drehte Hermine sich verblüfft um, als es schon wieder Malfoy war, der dran genommen wurde und die Antworten regelrecht aus ihm heraus geschossen kamen.
Irgendwann bemerkte sie, dass sogar seine beiden Freunde sich irritierte Blicke zuwarfen, bis Blaise' Blick zu Hermine huschte und sie einen Moment nachdenklich musterte, ehe er merkwürdig wissend zu grinsen begann. Theodore folgte seinem Blick, einen Moment lang sah er sie ernst an, dann zuckten auch seine Mundwinkel.
Scheinbar schienen die beiden irgendetwas zu begreifen, was Hermine selbst komplett schleierhaft war.
Der einzige, der sie keines Blickes würdigte, war Malfoy, sein Blick war unverwandt nach vorne auf Minerva gerichtet, aber sie sah deutlich, dass er sich ein Grinsen verkniff. Er bemerkte nur allzu deutlich, dass sie ihn vollkommen fassungslos ansah.
„Prima!“, beendete Minerva schließlich die Stunde. „Miss Granger, Mr Nott, wieder sehr gute Leistungen, ich bin wie immer begeistert. Ich würde auch Sie loben, Mr Malfoy, aber so ganz traue ich der Sache nicht“, ergänzte die Schulleiterin spitz. „Sind Sie aus einem monatelangen Schönheitsschlaf erwacht? Dürfen wir jetzt immer mit Ihrer geistigen Präsenz rechnen oder war es ein einmaliger Ausrutscher?“
Leises, unterdrücktes Gelächter folgte der Aussage.
„Also, wenn das ein Schönheitsschlaf war, hat er aber nicht viel genutzt“, kam es stichelnd von Blaise, und als Hermine sich umdrehte, sah sie, wie Malfoy seinem Freund den Ellenbogen in die Rippen stieß.
„Keine einmalige Sache, Professor“, sagte Malfoy. „Ich hatte zu Beginn des Schuljahres nur... ein wenig Anlaufschwierigkeiten.“
„Das wären ja erfreuliche Nachrichten“, befand Minerva.
Danach hatten sie Pflege magischer Geschöpfe mit den Hufflepuffs, und später eine Doppelstunde Zaubertränke, wieder mit den Slytherins.
Auch hier überschlug sich Professor Slughorn vor Beigeisterung.
„Mr Malfoy, ich bin begeistert! Ich wusste nicht, dass so unglaubliches Wissen und ein solches Können in Ihnen schlummert! Sie haben geglänzt in dieser Stunde! Meine Herren Malfoy und Nott, sie machen dem Haus Slytherin alle Ehre. Zehn Punkte für jeden von Ihnen!“
Erfreutes Gemurmel von den Slytherins.
„Das ist unfair“, flüsterte Ginny neben ihr. „Du hast mindestens genauso viel gesagt!“
Das stimmte nicht ganz, Hermine war irgendwann so perplex gewesen, dass sie viel mehr geschwiegen hatte als sonst und Theodore und Malfoy den Unterricht fast alleine geschmissen hatten.
„Vielen Dank, Professor“, kam es von Malfoy. „Könnten Sie noch einmal wiederholen, welches Buch Sie vorhin zum Thema empfohlen haben? Ich würde es mir gerne gleich in der Bibliothek ausleihen.“
„Oh, aber natürlich, mein Junge...“
Als sie den Raum verließen, hörte Hermine Blaise mit nasaler, karikierender Stimme sagen: „Ich hatte zu Beginn des Schuljahres nur Anlaufschwierigkeiten... Könnten Sie noch einmal wiederholen, welches Buch Sie vorhin zum Thema empfohlen haben... Ich würde es gerne in der Bibliothek ausleihen...“ Er wechselte wieder zu seiner normalen Stimme: „Verdammt, Draco, weißt du, was das bedeutet, wenn du jetzt auch zu so einem Streber wirst wie unser guter Theodore hier? Es bedeutet, dass ich jetzt auch lernen muss, damit ich nicht wie ein kompletter Vollidiot neben euch aussehe...“
Theodore und Malfoy lachten laut, und Hermine konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
Wobei sie nach wie vor nicht verstand, was plötzlich in Malfoy gefahren war...
Es waren jedenfalls keine leeren Worte von ihm gewesen, denn auch den Rest der Woche glänzte er mit richtigen Antworten.
Und er war auffallend viel in der Bibliothek, und jedes Mal, wenn sich dort ihre Blicke kreuzten, lächelte er sie an.
Fast drängte sich ihr der Verdacht auf, er würde versuchen, sie zu beeindrucken und mit ihr zu flirten!
Viel zu schnell war die Woche rum.
In der Nacht von Freitag auf Samstag bekam sie kein Auge zu, denn als sie abends im Bett lag, fiel ihr plötzlich siedend heiß ein, dass sie keine Ahnung hatte, was sie zu ihrem Date mit Malfoy anziehen sollte.
Niemals, wirklich niemals hatte sie sich einen Abend vorher über so etwas Gedanken gemacht! Die beiden einzigen Abende, wo sie mal gefühlt mehr als fünf Minuten über ihr Outfit nachgedacht hatte, waren der Ball vom Trimagischen Turnier und Bills und Fleurs Hochzeit gewesen.
Ansonsten war sie eher der Typ, dem es egal war, was er anhatte. Sie musste und wollte niemanden beeindrucken, und in irgendwelchen aufreizenden Outfits würde sie sich auch gar nicht wohl fühlen.
Aber sie war von Draco Malfoy zu einem Date eingeladen worden!
Mitten in der Nacht sprang sie auf, weil sie es nicht mehr aushielt.
Sie sichtete ihren Kleiderschrank und stellte fest, dass nichts, aber auch absolut gar nichts ihr passend erschien.
Aufgrund der Wetterlage – es lag immer noch Schnee – würde sie kein schickes Kleid tragen können.
Aber verdammt, musste sie nicht schick sein? Es war Draco Malfoy! Er war reich, er war reinblütig, er bewegte sich privat nur in gehobenen Kreisen – erwartete er, dass sie sich schick machte? Wie schick würde er sich machen? Und wohin würden sie gehen? Suchte er womöglich irgendeine gehobene Lokalität aus? Würde sie sich dort mit ihren vergleichsweise günstigen Klamotten lächerlich machen?
„Oh Merlin“, stöhnte sie beunruhigt, nachdem sie ihren Kleiderschrank dreimal gesichtet hatte.
Noch niemals hatte sie sich vor einem Abend so verrückt gemacht!
„Du machst dich lächerlich, Hermine“, murmelte sie zu sich selbst, ehe sie sich zwang, wieder zu Bett zu gehen.
Sie würde morgen ganz spontan entscheiden, was sie anzog.
Und erst, als sie endlich begann, langsam wegzudösen, schreckte sie plötzlich durch einen anderen Gedanken auf: Was erwartete er von dem Abend? Was erwartete er von ihr?
Ein Date, hatte er gesagt, mit allem was dazu gehört.
Was gehörte denn seiner Meinung nach alles dazu?






What if... (Dramione) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt