Durststrecke

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„Ich kann es immer noch nicht fassen!“
Hermine zuckte zusammen.
„Ginny, nicht hier!“, zischte sie.
„Entschuldige“, murmelte ihre Freundin. „Aber als du mich heute Morgen abgefangen hast, dachte ich echt, du machst einen schlechten Scherz.“
Sie saßen beim Frühstück in der Großen Halle.
Es war erst wenige Stunden her, dass Hermine ihr Date mit Draco gehabt hatte, und nur wenige Schüler saßen an den Tischen, da viele heute, an einem Sonntag, länger liegen blieben.
Draco. Ihre Gedanken kreisten permanent um ihn.
Immer noch war es, als sei sein Nachname aus ihrem Kopf verschwunden, als sei es zu unpersönlich, seinen Nachnamen zu verwenden, nach dem, was sie Intimes miteinander geteilt hatten.
Sie wusste mittlerweile, er hatte gehofft, sein Ziel am Abend des Dates zu erreichen. Eigentlich war ihr das schon vor den Treffen klar gewesen, aber sie hatte nicht bewusst daran denken wollen.
Sie war darauf vorbereitet gewesen, wie es danach weiter gehen würde. Worauf sie nicht vorbereitet gewesen war, war die Tatsache, dass es irgendwie weh tat.
Sie wusste, sie hatte begonnen, Gefühle für ihn zu entwickeln. Anders hätte sie sich gar nicht so fallen lassen können am Abend zuvor.
Und sie war froh, so rational sein zu können, dass sie trotzdem begreifen konnte, dass es bei ihm nicht so war.
„Weißt du, Hermine“, fuhr Ginny leise, fast im Flüsterton, fort. „wenn ich dich nicht so gut kennen würde, wenn ich nicht so gut mit dir befreundet wäre, würde ich dich für vollkommen bekloppt halten.“
„Ginny...“, murmelte Hermine verzweifelt.
„Ich sag ja nur“, murrte Ginny.
Kurz war es still.
„Hermine“, begann Ginny plötzlich in sehr sanftem Ton. „Wenn es mit Ron zu tun hat... Ich meine, ich weiß, wie sehr mein Bruder dir weh getan hat, ich weiß, wie sehr du dir wünschst, dass... Wie auch immer, aber bitte, hab nicht das Gefühl, irgendetwas beweisen zu müssen, es irgendwie kompensieren zu müssen... Mach solche Aktionen bitte nicht, nur weil Ron-“
„Ginny, damit hat das überhaupt nichts zu tun“, beteuerte Hermine. Sie verspürte einen leichten Stich bei der Erwähnung von Rons Namen. „Bitte, es war eine einmalige Sache. Ich habe es dir nur erzählt, weil-“
„Ich weiß“, unterbrach Ginny, der Ton fast zärtlich. „Du kannst immer mit mir reden, das weißt du hoffentlich.“
„Danke, Ginny“, sagte Hermine, merkwürdig erleichtert. „Ich bin froh, dass... Oh, Merlin, da kommt er.“
Ginny warf einen schnellen, unauffälligen Blick zur Tür, ehe sie ihr Müsli löffelte, als wäre nichts geschehen.
Auch Hermine bemühte sich, möglichst beiläufig Kürbissaft in ihr Glas zu kippen, wobei sie natürlich prompt ein wenig verschüttete, aber Ginny tat so, als fiele es ihr gar nicht auf.
Er ging zwischen Blaise und Theodore, und das erste, was sie dachte, war, dass er unglaublich gut aussah. Dann fiel ihr auf, dass sie sich nicht erinnern konnte, wann er das letzte Mal so entspannt und zufrieden ausgesehen hatte.
Die drei steuerten den Slytherin-Tisch an, und kurz glitt sein Blick zum Gryffindor-Tisch, und flüchtig blieb sein Blick an ihr hängen und er lächelte.
Es war nur ein Sekundenbruchteil, es ging so schnell, dass sie nicht reagieren konnte.
Sie starrte ihn an, wie er sich setzte und, die Ruhe in Person, ein Brötchen auf seinen Teller lud.
Kurz huschten seine Augen wieder zu ihr, und als er den Blick wieder auf sein Brötchen senkte, begann er breit zu grinsen, ehe er etwas zu Blaise und Theodore sagte, die rechts und links von ihm Platz genommen hatten. Die beiden sahen gleichzeitig zu Hermine herüber, und rasch senkte sie den Blick auf ihren Teller.
„Merlin! Ginny! Meinst du, er hat es ihnen erzählt?“
„Wasch?“, nuschelte ihre Freundin mit vollem Mund.
„Ob er es ihnen erzählt hat! Was gestern Abend passiert ist!“
Ginnys Blick huschte flüchtig zum Slytherin-Tisch.
„Ist das eine ernsthafte Frage, Hermine? Natürlich hat er es ihnen erzählt.“
„Was?“, fragte Hermine schrill.
„Na was denkst du denn? Du hast es mir doch auch erzählt.“
„Ja, aber... Das ist doch was vollkommen anderes!“
„Warum?“ Ginny runzelte die Stirn.
„Na, weil... Keine Ahnung! Gucken sie immer noch her?“
Erneut huschte Ginnys Blick zu den Slytherins.
„Nein, sie frühstücken. Und sie unterhalten sich.“
„Merlin... Ginny, du glaubst wirklich, er hat es erzählt?“
„Natürlich. Du kennst doch Malfoy. Wann hat er mal eine Chance verstreichen lassen, zu prahlen?“
„Zu prahlen?“, echote Hermine verständnislos.
„Klar. Er wird damit prahlen, dass er dich rumgekriegt hat.“
„Wie bitte? Meinst du, er hat alles erzählt?“
„Nein, das glaube ich nicht.“
„Woher bitteschön willst du das überhaupt so genau wissen?“
„Hermine, ernsthaft jetzt? Hast du schon vergessen, wieviele ältere Brüder ich habe?“
An dem Argument war leider was dran, befand Hermine.
„Und was denkst du, hat er gesagt?“
„Ich bin mir ziemlich sicher“, sagte Ginny gelassen. „dass er nur sehr knapp verlauten lassen hat, dass er so gut war, dass er Hermine Granger dazu gebracht hat, seinen Namen zu stöhnen.“
„Ginny!“, zischte Hermine. „Von Stöhnen war niemals die Rede, verdammt! Ich habe gesagt-“
„Ist ja gut“, lachte Ginny. „Jetzt reg dich mal nicht so auf. Trotzdem wird er sowas in die Richtung gesagt haben.“
„Oh, Merlin“, seufzte Hermine und unterdrückte das Bedürfnis, ihr Gesicht in ihren Händen zu vergraben.
Wie schnell würde die Runde machen, was Draco erzählt hatte?






What if... (Dramione) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt