Epilog

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Hermine hatte das Gefühl, dass eine Zugfahrt von Hogwarts noch nie so schnell vorbei gewesen war.
Urplötzlich kamen sie am Bahnhof Kings Cross an und sie mochte den Zug gar nicht verlassen.
Irgendwie schafften es alle Wiederholer, sich auf dem Bahnsteig zusammen zu rotten und noch einmal herzlich zu verabschieden, hier und da rollte sogar die ein oder andere Träne.
Hermine machte spontan den Vorschlag, dass sie gerne die Aufgabe übernehmen würde, mindestens einmal jährlich alle Wiederholer zu einem Treffen zusammen zu trommeln, damit sie sich nicht aus den Augen verloren. Der Vorschlag wurde begeistert angenommen.
Draco wartete geduldig neben ihr, als sie ein letztes Mal voller Wehmut den Hogwarts Express betrachtete, ehe sie sich gemeinsam durch die Menge einen Weg zur Barriere bahnen wollten.
Bevor sie losgehen konnten, wurden sie allerdings angesprochen.
„Hey Draco!“, krakelte es plötzlich neben ihnen, und Hermine lächelte, als sie Milo erkannte.
Er wandte sich nun an Hermine und grinste sie mit seinem typischen schiefen Grinsen an, welches sie definitiv vermissen würde.
„Hier“, sagte er und drückte ihr ein hübsches Päckchen in die Hand. „Das ist von mir und den anderen. Ein kleines Dankeschön.“
„Wow... Danke, Milo“, sagte sie gerührt. „Ich mache es nachher in Ruhe auf.“
Milo nickte, dann sagte er: „Und ich möchte dich noch kurz sprechen.“
Er warf einen bedeutsamen Blick auf Draco.
„Allein“, fügte er gewichtig hinzu.
Hermine musste schmunzeln und sie bemerkte sehr wohl, dass Draco sich so übertrieben räusperte, weil er ein Lachen unterdrückte.
„Klar“, sagte er. „Hermine, ich warte bei Blaise und Theo auf dich.“
Mit diesen Worten entfernte er sich ein paar Schritte und stellte sich neben seine Freunde.
„Ich soll dir etwas von Cassius ausrichten“, begann Milo.
„Ach?“
Etwas Schlaueres fiel Hermine nicht ein.
„Ja. Er sagt, er hat sich damit arrangiert.“
Sie sah ihn fragend an.
„Mit der Sache mit dir und Draco“, erklärte Milo. „Er meint, er findet, ihr passt eigentlich ganz gut zusammen. Und er sieht ein, dass er momentan einfach zu jung ist.“
„Oh“, machte Hermine. „Das ist... großartig.“
„Aber“, fuhr Milo fort. „Ich soll dir sagen... Wenn er volljährig ist, und du nicht mehr mit Draco zusammen sein solltest, dann sieht das ganze natürlich anders aus.“
Sie biss sich rasch auf die Unterlippe, um nicht loszulachen.
„Äh... prima. Dann weiß ich ja bescheid.“
Milo nickte zufrieden.
„Gut, dann... Machs gut, Hermine! Und danke noch mal!“
Er grinste, hob kurz die Hand zum Gruß und verschwand in der Menge.
Hermine schüttelte lächelnd den Kopf, ehe sie sich umwandte, um Draco zu folgen.
„Miss Granger?“
Sie erstarrte.
Sie fühlte ihr Herz stolpern und bekam sofort weiche Knie.
Langsam drehte sie sich um.
Vollkommen unauffällig war Mrs Malfoy aus der Menge auf sie zugetreten und stand nun direkt hinter ihr.
„Mrs Malfoy“, sagte Hermine nach einer Sekunde der vollkommenen Überforderung und nickte ihr möglichst höflich zu.
„Jahrgangsbeste, wie ich hörte?“, begann Mrs Malfoy zusammenhangslos ein Gespräch.
Hermine fiel auf, wie gerade sie stand, fast, als hätte man eine Schnur an ihren Kopf festgeklebt, die verhinderte, dass sie ihre Haltung aufgab.
„Ähm... ja.“
„Ich gratuliere. Fleiß und Können scheint sich in diesem Fall bezahlt zu machen.“
„Danke, Mrs Malfoy.“
Dracos Mutter ließ ihren Blick über Hermines Statur gleiten, ihre Nase rümpfte sich minimal, als hätte sie einen üblen Geruch eingeatmet, und Hermine wurde sich übermäßig der teuren, makelosen und schicken Kleidung ihres Gegenübers bewusst und ebenso der Tatsache, dass sie selbst schlichte Muggeljeans, ein einfaches T-Shirt und ausgetretene Sneaker anhatte.
Aber als Narzissa Malfoy ihren Blick wieder in Hermines Augen hob, war das Naserümpfen verschwunden und sie lächelte leicht, wenn auch etwas gezwungen.
„Nun denn, haben Sie schon Pläne, die Sie mit Ihrem hervorragenden Abschluss verfolgen wollen?“
„Ich... Ja, ich werde voraussichtlich im Herbst mit einem Studium beginnen. Es ist aber noch nicht ganz sicher. Draco-“ Sie stockte, als es merkwürdig in Mrs Malfoys Augen flackerte, als sie den Namen ihres Sohnes aus Hermines Mund hörte. „-hat mich gefragt, ob ich das Studium nicht ein Jahr nach hinten schieben möchte, er würde gerne mit mir reisen, sagte er. Ich weiß noch nicht, wie ich mich entscheide.“
Narzissa Malfoy nickte.
„Mein Sohn hat schon häufiger davon geredet, dass er jetzt, nach dem Krieg, gerne durch reisen den Kopf frei bekommen würde. Aber das werden Sie sicher mit ihm besprechen.“
Sie nickte ihr noch einmal zu und schien sich abwenden zu wollen.

„Mrs Malfoy?“
Die Angesprochene wandte sich ihr noch einmal zu.
„Ihr Sohn ist etwas ganz Besonderes“, rutschte es Hermine raus.
Mrs Malfoys Blick war nicht zu deuten.
„Natürlich ist er das“, sagte sie nur, ehe sie noch einmal an Hermine herab sah.
Kurz war sie sich sicher, dass das Gespräch beendet war, aber dann begann Dracos Mutter noch einmal zu sprechen.
„Miss Granger, Sie haben meinem Sohn Freude am Leben zurück gegeben, das weiß ich sehr zu schätzen, das sollten Sie wissen.“
Hermine konnte nur perplex starren.
„Ich schätze Ihren klugen Kopf sehr, auch das sollten Sie wissen, und ich denke, an allem anderen lässt sich sicher noch arbeiten.“
Wieder sah sie an Hermine herab und sie merkte, wie ihre Wangen warm wurden.
„Bei allem Respekt, Mrs Malfoy-“, begann sie, und Narzissa Malfoys Augen bohrten sich in ihre, überraschend abwartend.
Aber Hermine kam nicht dazu, auszusprechen.
„Ich wüsste nicht, an was gearbeitet werden müsste“, hörte sie plötzlich eine Stimme neben sich, und im nächsten Moment spürte sie eine Hand an ihrem unteren Rücken.
Draco war nah an sie heran getreten.
„Mutter, wie kommt es, dass du hier bist?“
Mrs Malfoys Mundwinkel hoben sich leicht.
„Draco! Ich bin wegen dir hier, warum sonst? Da ich davon ausging, dass du dich in nächster Zeit nicht bei uns blicken lassen wirst und du mir auch nicht mitgeteilt hast, wo du vorerst wohnen wirst, sah ich hier meine Chance, das Gesicht meines Sohnes kurz zu sehen.“ Sie machte eine Pause. „Du siehst gut aus“, ergänzte sie, und ihr Blick huschte kurz wieder zu Hermine.
„Mir geht es auch gut, Mutter“, sagte Draco knapp.
Und plötzlich lächelte Narzissa Malfoy, nur kurz, aber tatsächlich vollkommen ehrlich.
„Gut“, sagte sie nur leise. „Das ist gut.“
„Komm, wir gehen“, sagte Draco leise zu Hermine.
„Draco“, kam es noch einmal von seiner Mutter. „Melde dich bitte, ja?“
Er nickte, und Narzissa Malfoy verschwand in der Menge.
„Was zur Hölle ist hier los?“, hörte Hermine eine fassungslose Stimme, und als sie zur Seite blickte, sah sie mit wenigen Schritten Abstand Harry, der Ginnys Hand hielt, und Ron, der die Worte gesprochen hatte.
Und kurz fragte Hermine sich, ob das Universum ihr nicht gerade ein bisschen viel auf einmal zumutete.
Sie spürte, wie Dracos Hand an ihrem Rücken zuckte, so, als wollte er seine Hand wegziehen, aber dann ließ er sie doch bestimmend dort liegen, wo sie war.
Ron starrte sie fassungslos an, ehe sein Blick in die Richtung ging, in die Mrs Malfoy verschwunden war, nur, um danach wieder Hermine und Draco zu fixieren.
Hermine fiel durchaus auf, dass Theodore und Blaise sich etwas näherten und die Situation im Auge behielten.
Dann fiel ihr Blick auf Harry, und sie sah sofort: Er wusste bescheid.
Sie sah Ginny neben ihm an, und diese guckte etwas verlegen, so dass Hermine klar wurde, dass ihre Freundin dem Retter der Zaubererwelt bereits in Briefen von Hermine und Draco berichtet haben musste.
Harrys Blick glitt aufmerksam über ihre und Dracos Gestalt, sah besonders aufmerksam auf Dracos Arm, der hinter Hermine verschwand, da er immer noch seine Hand an ihrem Rücken liegen hatte, ehe er Hermine direkt in die Augen sah.
Ich finde es absolut befremdlich, las sie darin, aber ich bin bereit, dem ganzen eine Chance zu geben.
„Hermine? Bekomme ich eine Antwort?“
Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ron, und plötzlich tat er ihr leid, war er doch gerade der einzige Unwissende in der Runde und sah regelrecht fassungslos aus.
„Ich denke, ich muss eine Menge erzählen“, sagte sie schließlich.
Sie sah zu Draco auf, der ihren Blick erwiderte, und in diesem Moment wusste sie: Sie würden es alles meistern, irgendwie.
„Das glaube ich aber auch“, kam es von Ron, und als sie ihn dastehen sah, mit vor Unglauben aufgerissenen Augen, fast ein wenig hilflos, war sie einen Moment lang überwältigt vor freundschaftlicher Zuneigung zu ihm.
Mit ein paar raschen Schritten war sie bei ihm und nahm ihn fest in den Arm.
„Ron, ich freue mich so dich zu sehen“, sagte sie, und sie meinte es vollkommen ernst. „Hast du später Zeit für eine lange, vollkommen verrückte Geschichte?“
Einen Moment lang erwiderte er ihre Umarmung vollkommen perplex, dann drückte er sie ein Stück von sich weg, sah kurz über ihre Schulter zu Draco und ihr danach wieder direkt in die Augen.
„Bei Merlin...“, murmelte er.
Sein Blick glitt forschend über ihr Gesicht, ehe er ihr erneut fest in die Augen sah.
Dann holte er tief Luft.
„Natürlich, Hermine“, sagte er dann. „Erzähl mir alles. Verrückte Geschichten sind, seit ich dich und Harry kenne, wohl mein Spezialgebiet.“

What if... (Dramione) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt