Ein Flug ins Unbekannte

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Schon zum zweiten mal, wurde der Flug nach New York über den Lautsprecher am Flughafen verschoben. Haruka sah auf die Uhr und stöhnte einmal genervt. Sie war müde und wollte schlafen. Mitten in der Nacht abzureisen, war nicht ihre beste Idee gewesen. Verdammt – wenn sie das gewusst hätte, wäre sie in ihrem warmen Bett geblieben. Da schaltete die Anzeigetafel um und berichtete, was die Stimme aus dem Hintergrund bereits mitgeteilt hatte. Der Flug wurde erneut um eine Stunde verschoben. „Meine Güte, können die nicht einmal etwas richtig machen?" Haruka war nicht die Einzige, die sich darüber ärgerte. Auch andere Fluggäste konnte sie fluchen hören. Wenn das noch ein drittes mal passieren wird, wird Haruka wutentbrannt zum Schalter gehen und den Flug stornieren. Um sich abzureagieren, ging sie sich erst einmal einen Kaffee holen. Sonst würde sie noch im Flughafen irgendwo umfallen und einschlafen.

Eine halbe Stunde später, war es dann endlich soweit. Der zweimal verschobene Flug nach New York konnte stattfinden. Das kam Haruka ohnehin schon merkwürdig vor. Aber solche Dinge passierten immer wieder mal. Eilig warf sie ihren Becher in einen Papierkorb und ging zum Schalter, um endlich in die Maschine zu kommen. Es war wirklich viel los gewesen. Haruka hätte nicht gedacht, dass selbst in der Nacht so viel am Flughafen los sein würde. Als sie endlich durch sämtliche Kontrollen war, machte sie sich auf dem Weg, um ins richtige Flugzeug zu kommen. „Verzeihung, Miss? Sie müssen dort entlang", sagte eine Mitarbeiterin freundlich. „Wie? Aber auf der Anzeigetafel stand etwas anderes."
„Ja, es gab eine Änderung, Miss. Sie müssen dort entlang." Haruka hob eine Augenbraue, sagte aber nichts dazu. „In Ordnung, danke." Die Braunhaarige schlenderte also den ganzen Weg zurück, um in ein anderes Flugzeug zu steigen. Endlich! Nur einige Minuten später, hatte Haruka ihr Gepäck verstaut und saß endlich auf ihrem gebuchten Platz. Sie stöhnte einmal erschöpft. Irgendwie machten die Mitarbeiter des Flughafens einen komplett überforderten Eindruck auf sie.

Solange sie gut in New York ankommt, sollte es ihr egal sein. Ihre Großeltern warten sicher schon voller Sehnsucht auf sie. Haruka hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Das letzte mal vor vier oder fünf Jahren. Nun heißt es nur noch schlafen und warten. Alles andere war im Moment wirklich nebensächlich gewesen. Eine halbe Stunde verging, bevor der riesige Eisenvogel abgehoben und den Himmel erobert hatte. Haruka döste leicht und lauschte mit einem Ohr der Durchsage des Piloten. „Sehr geehrte Fluggäste! Herzlich willkommen und wir bedanken uns, dass Sie sich entschieden haben mit uns zu fliegen. Planmäßig werden wir China in zehn Stunden erreichen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt." Haruka schmunzelte leicht und war gerade dabei wieder einzuschlafen. Doch im nächsten Moment, schoss sie auf, wie von einer Tarantel gestochen. „Was? Nach China?"

„Miss? Stimmt etwas nicht?", fragte die Stewardess. „Allerdings! Hat der Pilot gerade wirklich gesagt, dass wir nach China fliegen?"
„Das ist richtig. Darf ich fragen, was das Problem ist?"
Haruka fischt ihren Flugschein aus ihrer Handtasche. „Ich wollte nach New York und nicht nach China. Können Sie mir das bitte mal erklären, was hier eigentlich los ist?" Die Stewardess nimmt den Flugschein und schaut ihn sich an. „Verzeihung, Miss. Ich werde das sofort klären. Bitte setzen Sie sich einen Moment und beruhigen sich wieder." Dann war die Stewardess schon im Cockpit verschwunden. Es dauerte fast zwanzig Minuten, bis sie wieder kam. Ihr beschämter Blick sagte alles. „Es tut mir furchtbar Leid, Miss. Das war ein Fehler des Flughafenpersonals gewesen. Leider können wir nicht mehr umkehren. Der nächste Flug von China nach New York wird zwölf Stunden nach der Landung sein. Als Entschädigung für diese äußerst unangenehme Situation, fliegen Sie nach New York in der ersten Klasse. Umsonst natürlich. Kann ich Ihnen noch etwas bringen?" Haruka seufzte einmal schwer. „Nein, ich brauche nichts. Danke."

Zumindest wurde das Missverständnis aufgeklärt und ihr sogleich eine Entschädigung angeboten. Na großartig. Besser sie sagt ihrer Mutter bescheid. Haruka nahm ihr Handy, schaltete es in den Flugmodus und berichtet sogleich, was für eine dumme Sache doch passiert ist. Besonders glücklich war Haruka's Mutter auch nicht darüber. Doch auch sie konnte es nicht mehr ändern. Unglaublich – das würde ein sehr langer Rückflug werden. Immerhin liegt China entgegengesetzt zu New York und somit am anderen Ende der Welt. Mit einem mulmigen Gefühl in der Bauchgegend schloss Haruka die Augen und hoffte, dass wenn sie später aufwachte alles nur ein schlechter Traum war, und sich am Ende in den Armen ihrer Großeltern finden wird.

Doch leider wurde ihre Hoffnung zunichte gemacht, als der riesige Eisenvogel tatsächlich in China gelandet war. Von der Stewardess, bekam sie sogleich neue Anweisungen und ein Dokument ausgehändigt, mit dem sie an den nächsten Schalter gehen sollte. „Das kann ja lustig werden...", stöhnte sie. Nicht nur, dass der Jetlag sie ganz schön schlauchte, sondern auch, weil Haruka kein Wort chinesisch spricht. Plötzlich zuckte sie stark zusammen, da ihr Telefon einmal klingelte. Es war ihre Mutter, die gerade anruft. „Es geht mir gut, Mama."
„Was ist denn das für eine Begrüßung, Haruka? Wo bist du denn gerade?"
„Keine Ahnung, irgendwo an einem chinesischen Flughafen. Es wurde aber schon alles geklärt. Ich bekomme einen kostenlosen Rückflug nach New York." Ihre Mutter übertrieb gerne mal in der Fürsorge, was Haruka furchtbar nervte. Sie war doch kein kleines Mädchen mehr. Sie war schon groß und konnte selbst auf sich aufpassen. „Mensch, du hast aber auch ein Pech. Bist du sicher, dass du Gregory nicht heiraten willst?"


„Nicht mal wenn er der Kaiser von China wäre. Hör auf mich damit zu nerven, Mama. Du weißt genau, wie ich über das heiraten denke."
„Aber, Haruka...-"
„Nichts, aber Haruka. Ich bin kein Kind mehr, Mama." Sie stöhnte einmal genervt. „Ich leg jetzt wieder auf. Wenn ich schon einmal hier bin, dann kann ich mir auch gleich die Stadt etwas ansehen." Sie wartete gar nicht ab, was ihre Mutter noch sagen wollte, sondern beendete den Anruf sogleich und steckte das Handy weg. Zwölf Stunden hatte die Braunhaarige nun Zeit. Wenn sie schon hier war, würde sie ihren Großeltern auch ein schönes Souvenir mitbringen. Da fällt Haruka ein, dass ihre Geldwährung in China vollkommen nutzlos war. Entweder sie würde einen Geldwechsler finden, oder konnte sich von dem Mitbringsel verabschieden. „Ach, egal... gehe ich halt ein paar Fotos machen." Zu weit sollte sie sich nicht vom Flughafen entfernen. Immerhin kannte sie sich hier kein bisschen aus. Wie auch immer. Was sollte bei ein bisschen herumlaufen schon schief gehen?

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„H...Ha...Hatschi!"
„Gesundheit, Eure Majestät. Seid Ihr sicher, dass es Euch gut geht?"
„Ja, mir geht es gut. Keine Sorge." Dem Kaiser wurde ein Taschentuch angeboten, welches er dankend annahm. „Heißt es nicht immer, wenn man niesen muss, dann redet jemand über einen?"
„Nun, Ihr seid der Kaiser, Majestät. Das ganze Land redet über Euch." Da lachte er einmal. „Wie recht du doch hast, Hauptmann." Er lächelte einmal verschmitzt. „Gut, wie auch immer. Geh und mache meine Sänfte fertig. Ich wünsche unverzüglich auszugehen."
„M-Mein Herr? Aber Ihr wisst doch, dass Ihr den Palast nicht verlassen sollt."
„Mhm? Hast du eben was gesagt, Hauptmann? Mir klingeln gerade die Ohren. Ich habe den Anschein, dass man gerade einen Befehl verweigert hat."

Sofort schluckte der Hauptmann einmal. Er wusste genau was passierte, wenn man einen Befehl des Kaisers nicht ausführt. „S-Sofort, Eure Majestät! Aber bitte kleidet Euch angemessen, wenn Ihr euch in der Öffentlichkeit zeigt." Immerhin sollte ein Kaiser immer vorbildlich vor sein Volk treten. „Lass das mal meine Sorge sein, Hauptmann. Abmarsch", sagte er und klatschte. „Ich habe so das Gefühl, dass heute etwas sehr interessantes passieren wird."


Die Tränen der KaiserinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt