Geraubte Unschuld

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Haruka lag auf Qin Shi Huang's muskulöser Brust und starrte mit leerem Blick vor sich her. Überaus sanft und äußerst zärtlich, strich er ihr immer wieder über ihren Kopf. „Ich habe dir gesagt, dass du dich entspannen sollst", tadelte er sie liebevoll. Sie antwortete ihm nicht. „Außerdem hättest du Nein sagen können." Der Kaiser drückte sie glücklich seufzend an sich und hauchte ihr ein paar Küsse auf die Schläfe. Haruka reagierte noch immer nicht darauf. Sie konnte noch das schmerzhafte Pochen zwischen ihren Schenkeln fühlen. Zwei Stunden lang, hatte sie sich geweigert und dann plötzlich nachgegeben. Doch das allerschlimmste daran war, dass sie alle zugeschaut haben, während ihr Ehemann sie entjungfert hatte. Auf dem weißen Tuch, hatten sich rote Blutflecken und eine trübe, weißliche Flüssigkeit miteinander vermischt. Haruka hatte Schmerzen, der Kaiser spürte das. „Ming Ming, geh uns ein Bad einlassen. Danach kannst du das Bett neu beziehen. Und dann raus. Alle!"

Sie haben gesehen, was sie sehen wollten. Qin Shi Huang nahm Haruka auf den Arm und brachte sie in sein privates Badezimmer, nachdem die Badewanne vollgelaufen war. Dort stieg er sogleich in das wohltuende Wasser und legte ihren Kopf auf seiner Schulter ab. „Entspann dich ein bisschen, dann wird es dir bald besser gehen." Die Kaiserin hatte seitdem kein einziges Wort mehr mit ihm gewechselt. Anders als wie bei Mei Ying, hatte der Kaiser diesmal tiefe Gefühle beim Liebesakt verspürt. Er liebte Haruka aus tiefster Seele, doch sie erwiderte seine Gefühle nicht im geringsten. „Ich bin wirklich sehr stolz auf dich, Haruka", lobte er. Sie bestrafte ihn immer noch mit einer ausbleibenden Reaktion. Normalerweise wäre Qin an dieser Stelle wütend geworden, doch die Glückshormone, die sein Gehirn ausschüttete, hatten ihn ruhig gestellt. „Na schön, ich werde dir dann mal ein bisschen helfen." Er wusch ihren Körper mit einem weichen Tuch sauber. Wenn er sie an bestimmten Stellen berührte, zuckte sie ängstlich zusammen.

„Schon gut, dir passiert nichts. Ab morgen werde ich wieder meine Augenbinde tragen. Dann fühlst du dich bestimmt wieder besser." Qin brachte seine Ehefrau ins frisch bezogene Bett zurück, wo sie sich einrollen konnte und etwas Abstand von ihm bekam. Sie zog ihre Beine eng an den Körper und versteckte selbst ihren Kopf unter der Decke. Haruka fühlte sich beschmutzt. Der Kaiser von China hatte ihr alles genommen. Ihr Leben, ihre Träume, ihre Würde. Alles. Und das würde sie ihm in einer Milliarde Jahre nicht verzeihen. Qin Shi Huang wusste, dass ihr aktuell alles zu viel war, daher würde er sie erst einmal in Ruhe lassen. Auch wenn ihm das leise Wimmern unter der Decke nicht entgangen war, hielt er es trotzdem für besser nicht einzugreifen. „Schlaf gut, meine Liebe", sagte er noch und rollte sich dann selbst zusammen. Qin Shi Huang hatte es schon wieder getan. Er hatte ihr schon wieder wehgetan.

Am nächsten Morgen, wurde der Kaiser durch das Geräusch von rauschendem Wasser geweckt. Haruka stand unter der Dusche und wusch sich all seine Berührungen von der letzten Nacht weg. „Guten Morgen, dir scheint es heute besser zu gehen." Sie hatte ihm den Rücken zugedreht. Als sich die Kaiserin ihm zuwandte, verdeckte sie ihre nackten Brüste mit einem Arm und schob ihr langes Haar vor ihre Mitte. In ihrem Blick, lag etwas äußerst bösartiges. „Du hast genau zwei Möglichkeiten: Entweder du drehst auf der Stelle um und machst eine Kehrtwende, oder du kommst nur einen Schritt näher und ich hau dir mit voller Wucht die Zähne aus dem Gesicht."
„Oha? Oha? Du drohst mir? Verstehe ich das richtig?"
„Ja, verdammt, ich drohe dir", knurrte sie. Es waren die ersten Worte, die Haruka mit ihm seit der Hochzeitsnacht gesprochen hatte. Qin Shi Huang schnaufte belustigt. „Darauf lasse ich es ankommen", sagte er und kam näher.

Haruka machte ihre Drohung auf der Stelle wahr. Sie ließ ihr Haar los, um ihren Ehemann zuerst eine Seife an den Kopf zu werfen, und hinterher sofort mit einem solch heftigen Kinnhaken nachzusetzen, dass es ihn von den Beinen riss. „Das hast du jetzt davon! Hoffentlich hast du dir den Arsch gebrochen", fauchte sie. Die Braunhaarige wickelte sich in ein Handtuch, um fluchtartig das Badezimmer zu verlassen. Qin wollte sie eigentlich aufhalten, war aber zu benommen, um handeln zu können. Nachdem er wieder einigermaßen klar denken konnte, bestand seine erste Handlung darin, sich etwas anzuziehen, und seine zweite den kaiserlichen Arzt aufzusuchen. „Bei der Seele Eurer verstorbenen Frau Mutter!" Jiang Li schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Majestät, wie um Himmels Willen habt Ihr das geschafft?" Seine erboste Ehefrau hatte ihm tatsächlich den Kiefer ausgerenkt. „Nur zur Vorwarnung, aber das wird wehtun, Eure Hoheit." Jiang Li umfasste den Unterkiefer des Kaisers, zählte bis drei und schob den Kiefergelenkkopf mit einem Ruck in die Knochenpfanne zurück.

„Autsch...", sagte der Kaiser. Er öffnete und schloss seinen Kiefer ein paar mal. „Und jetzt würde ich gerne wissen, wie das passiert ist, Majestät."
„Aus purer Dummheit. Ich bin im Badezimmer auf der Seife ausgerutscht und mit dem Unterkiefer gegen das Waschbecken geknallt", log er. „Bei allem Respekt, Majestät, aber Tollpatschigkeit ist wahrlich keine Eurer negativen Eigenschaften. Diese Ausrede kaufe ich Euch nicht ab." Darauf stöhnte der Kaiser nur einmal. Manchmal hasste er es, dass man Jiang Li so leicht nicht hinter das Licht führen konnte. „Na schön! Ich habe Haruka's Privatsphäre missachtet und sie hat mir zur Strafe eine geballert." Jiang Li stöhnte einmal laut. „Alles könnt Ihr Euch auch nicht erlauben, Hoheit." Das musste der Kaiser auf eine schmerzliche Art und Weise lernen.

Haruka hörte, wie leise die Tür zu ihrem Rückzugsort geöffnet wurde. „Ich wusste, dass ich dich hier finden würde." Sie lag auf der Seite im Bett und hatte die Beine an den Körper angezogen. Shixin hatte sich in ihre Halsbeuge gekuschelt. Wenn man ganz genau hinhörte, konnte man ein leises Schnurren hören. Qin kam zu ihr. „Du hast etwas vergessen." Widerstandslos hielt sie ihm die Hand hin. Haruka hasste diesen Ring, ließ sich ihn aber wieder anstecken. Immerhin wollte sie seinen Zorn nicht noch mehr auf sich ziehen. Er legte sich neben sie hin. Durch ihren abgeebbten Wutanfall, war auch ihr Mut wieder stark gesunken. Haruka bekam eine Gänsehaut, als Qin Shi Huang ihr über den Oberarm strich. „Ich denke mal du weißt, dass ich dir deinen Angriff auf mich nicht ungestraft durchgehen lassen kann, oder? Anscheinend hast du die Lektion, nie wieder die Hand gegen mich zu erheben bereits vergessen." Der Kaiser umfasste ihre Wangen und drückte ihren Mund zu einer Kussschnute zusammen. „Wenn du allerdings später freiwillig mit auf das Fest kommst und mit mir tanzt, verspreche ich dir, darüber hinwegzusehen." Haruka musste nicht lange überlegen und nickte. „Gut!" Ihr Ehemann drehte ihren Kopf zu sich, um ihr einen Kuss zu rauben. „Und jetzt gehen wir frühstücken. Ohne wenn und aber."

Der Kaiserin fiel es unheimlich schwer, überhaupt etwas von dem Essen hineinzubekommen. Es war ihr mehr als nur peinlich, dass die komplette Belegschaft des Palastes ihr beim Liebesakt zugeschaut hatte. Ganz zu schweigen von den befremdlichen Geräuschen, die sie von sich gegeben hatte und wie sie ihre Fingernägel aus Verzweiflung in den kaiserlichen Rücken gekrallt hatte. Haruka durfte nicht daran denken. Ihr stieg das Blut in den Kopf und färbte ihre Wangen schamesrot. Anders konnte sie es nicht beschreiben, denn so fühlte sie sich. Die Kaiserin schämte sich in Grund und Boden. Ihr stiegen die Tränen in die Augen. „Ehefrau, stimmt etwas nicht?" Schnell und tapfer, wischte sie sich die kleinen Wasserkügelchen weg. „Nein, ich bin einfach nur müde", log sie. Er sah sie durchdringend an und entschied sich, dass er nicht weiter nachfragen würde. „Ming Ming, meine Augenbinde." Die Zofe kam sofort herbei, um ihrem Kaiser das weiche Stück Stoff auszuhändigen. Er verband sich seine rubinroten Augen wieder. „Besser?", fragte er. Sie reagierte nicht. „Haruka, ich habe dich etwas gefragt!" Sie zuckte zusammen und nickte dann scheu.

Nach dem Frühstück, begleitete Haruka ihren Ehemann in den Festsaal, wo der zweite Tag der Feierlichkeiten begann. Noch immer warteten unzählige, ungeöffnete Hochzeitsgeschenke darauf, von dem Kaiserpaar endlich ausgepackt zu werden. Doch zunächst hielt sie ihr Versprechen ein, um mit Qin Shi Huang auf dem Fest zu tanzen. Während sie seinen Schritten ein bisschen ungeschickt folgte, gingen ihr ganz andere Gedanken durch den Kopf. Wie würde es nun weitergehen, jetzt wo der Kaiser bekommen hatte, was er wollte. Es musste doch einen Grund geben, warum er ausgerechnet bei ihr so hartnäckig war. „Haruka, du bist auf dem falschen Bein." Die Kaiserin war so tief in Gedanken versunken, dass sie vollkommen aus dem Rhythmus gekommen war. „Entschuldigung...", flüsterte sie leise und zuckte eingeschüchtert zusammen. „Wo hast du nur wieder deinen Kopf, meine Liebe? Du bist doch sonst nicht so unkonzentriert." Haruka seufzte. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich müde bin..."

„Oha? Oha? Ich habe dir diese Ausrede vorhin nicht abgekauft und jetzt tue ich es auch nicht. Sag schon, was war der wahre Grund deiner Tränen?" Qin Shi Huang konnte man eben nicht so leicht täuschen. „Ich bin müde und erschöpft...", sagte sie erneut. „Haruka!" Seine Stimme klang scharf und schneidend. Sie seufzte erneut. „...Es war mir peinlich, dass die... naja...", druckste sie herum. „Was war dir peinlich?" Die Braunhaarige biss sich auf die Unterlippe. „...Das die alle zugeschaut haben...", gab sie leise zu. „Es war schon schlimm genug, dass du mich dazu gezwungen hast."
„Ich habe dich nicht gezwungen, das hast du freiwillig gemacht." Haruka sah das anders. Allerdings hatte sie keine Lust, um jetzt mit ihm darüber zu diskutieren. „Es ist mir egal, ob freiwillig oder nicht. Musste das unbedingt sein? Du bist sowas vielleicht gewöhnt, Shin, ich aber nicht."
„Hör auf, mich Shin zu nennen. Ying Zheng oder Qin Shi Huang", murrte er. „Dann hör du auf so ne Scheiße zu machen!"
„Haruka! Eine Dame nimmt solche Wörter nicht in den Mund."
„Als ob es dich wirklich interessieren würde."
„Ach, Haruka..."

Er nahm sie in den Arm und drückte sie sanft an sich. „Du solltest wissen, dass ich dich über alles liebe. Wieso kannst du keine so starken Emotionen für mich empfinden?" Aufgebracht drückte sie ihn von sich weg. „Ich habe Angst vor dir, das sind sehr wohl starke Emotionen", sagte sie und ging. Qin Shi Huang klappte der Kiefer nach unten. „Das hat sie jetzt nicht wirklich gesagt, oder...?" Er sah ihr völlig perplex hinterher. „Majestät, stimmt etwas nicht?" Der Kaiser starrte seine Frau – die sich gesetzt hatte – noch immer an. „Nein, es ist nichts...", sagte er geistig abwesend. Haruka hatte Angst vor ihm. Das hatte Qin doch einen Stich ins Herz versetzt. Eine halbe Stunde später, setzte er sich zu ihr. Schweigend schob er ihr einen gemischten Salatteller hin. „Nimm das weg, ich will es nicht."
„Haruka, du musst etwas essen. Du isst schon seit Tagen so schlecht."
„Na und? Früher hat dich das auch nicht gejuckt." Er hatte sie immer mit Nahrungsentzug bestraft und nun hungerte sie freiwillig. „Gut, wenn du nicht willst... dann lasse ich dir von Jiang Li eine Magensonde legen und werde dich zwangsernähren."

„Mach ruhig so weiter, dann wirst du deine Minuspunkte nie bei mir los." Dann schnappte sie sich eine Gabel und schlang sich widerwillig den Salat hinein. „Bist du jetzt zufrieden? Dann hau endlich ab und lass mich in Ruhe." Ihr Stresspegel war gewaltig angestiegen. Qin Shi Huang atmete einmal tief durch. Dann winkte er eine Zofe zu sich. „Ihr habt gerufen, Hoheit?"
„Habe ich. Meiner Frau geht es nicht sonderlich gut. Bring sie in den Spa und sorge dafür, dass man sie gut umhegt", befahl er. „Natürlich, ich kümmere mich darum, Hoheit." Die Zofe hielt Haruka die Hand hin. „Bitte folgt mir, Majestät. Ich werde Euch in den Spa bringen." Die Kaiserin warf ihrem ungeliebten Ehemann einen bösartigen Blick zu. Dann umfasste sie die Hand der Zofe und ging. Im großen und ganzen war Haruka einfach nur froh, um endlich von dieser scheußlichen Feier wegzukommen. Partys und Feste waren nie ihr Ding gewesen. Sie mochte die vielen Menschen und die laute Musik nicht. „Hier entlang, Hoheit." Die Zofe brachte sie in den Spa, wo sie die Anweisung des Kaisers sofort weitergab. „Kannst du mir noch einen Gefallen tun?", fragte sie, bevor die Zofe ging. „Selbstverständlich. Was kann ich für Euch tun, Hoheit?" Haruka errötete. „...Bitte... hol mir etwas zu essen..."


Die Tränen der KaiserinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt