Träume und Alpträume

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Haruka schoss mit einem lauten Schrei nach oben, nachdem Qin Shi Huang sie geweckt hatte. „Was...? Wo....?" Sie hielt die Decke fest umklammert, während sie verwirrt in die Luft starrte. „Haruka, meine Liebe. Das Essen ist fertig." Das eingenommene Schmerzmittel hatte sie so ausgeknockt, dass die Braunhaarige in einen tiefen Schlaf versunken war. Qin nahm sie auf den Arm und setzte sie zusammen mit einer Decke vor dem Lagerfeuer ab. Noch leicht schlaftrunken, sah Haruka die Schale in ihrer Hand an. Sie war mit gewöhnlichen Reis und gedämpften Gemüse gefüllt. „Du hast ganz schön lange geschlafen, meine Liebe. Ich mache mir Sorgen, dass du heute Nacht nicht schlafen kannst." Haruka seufzte. „Und weiter? Das ist nicht dein Problem, sondern meines."
„Entschuldige bitte, ich habe dich wieder einmal nicht verstanden." Da rollte die junge Frau bloß mit den Augen. „Seine kaiserliche Hoheit, kann mir mal meinen nicht kaiserlichen Hintern knuddeln."

Da lachte er einmal. „Nicht kaiserlicher Hintern? Das kann ich leicht ändern. Alles was du tun musst ist endlich nachzugeben und mich heiraten."
„Träumt mal schön weiter, Eure kaiserliche Wahnwitzigkeit." Qin Shi Huang grinste. „Du bist echt noch sturer als ich dachte. Aber irgendwann kriege ich dich schon noch klein. Immerhin bekomme ich am Ende immer was ich will." Nun war es Haruka, die laut auflachte. „Und Ihr seid noch dümmer als ich dachte! Ich habe Euch schon einmal gesagt, dass bevor ich Euch heiraten werde, noch eine verdammt lange Zeit in der Hölle vergehen muss." Danach schlang die Braunhaarige ihr Essen in sich hinein und schlug einem Soldaten auf die Finger, als dieser die letzte Aubergine nehmen wollte. „Meins", fauchte sie. Nachdem Haruka mit dem Essen fertig war, legte sie dem Kaiser ihren Kopf in den Schoß, während sie sich wieder zusammenrollte. Trotz ihres krassen Korbes, konnte er nicht einmal böse auf sie sein. Qin strich ihr liebevoll durch ihr haselnussbraunes Haar. Es fühlte sich gut an, den Kopf gekrault zu bekommen. Das war auch schon der einzige Grund, warum sie seine Nähe aktuell tolerierte.

Später in der Nacht, passierte was passieren musste. Haruka konnte nicht schlafen. Sie wurde von Alpträumen und Unterleibskrämpfen geplagt. Gepeinigt sah sie Qin Shi Huang an, der neben ihr auf der Seite lag und schlief wie ein Stein. Wie schon sooft, starrte Haruka seine Augenbinde an. Was versteckte er darunter? Was war das Geheimnis seiner Augen? Diese ungelöste Frage machte sie fast wahnsinnig. Sie musste es einfach wissen. Sie musste wissen, was unter der Augenbinde war. Beim letzten mal, hatte sie versucht das weiche Tuch einfach nach oben zu schieben. Dadurch wurde er wach und hatte sie daran gehindert. Also würde Haruka diesmal den seitlichen Knoten lösen, damit die Augenbinde einfach von seinem Gesicht fallen würde. Vorsichtig griff sie danach und begann den ersten Knoten zu lösen. Dabei sah Haruka ihm immer wieder ins Gesicht, ob sie ihn nicht wieder geweckt hatte.

Nichts. Er rührte sich nicht. Dann wollte sie noch den zweiten Knoten lösen, als plötzlich eine Hand nach ihr griff. Die junge Frau erschrak furchtbar und konnte beinahe einen Laut nicht unterdrücken. Zuerst dachte sie, dass der Kaiser doch aufgewacht und es mitbekommen hatte. Doch beim zweiten Blick erkannte sie, dass es die Nachtwache war, die sie daran hinderte. „Nein", sagte er nur streng und wedelte dabei mahnend mit dem Zeigefinger. Der Soldat fügte wieder einen Knoten hinzu und deutete dann auf den Futon. „Leg dich hin und schlaf." Auch wenn Haruka noch immer kein chinesisch konnte, war seine Geste durchaus verständlich gewesen. Also legte sie sich wieder hin und versuchte erneut einzuschlafen. Das Unterbewusstsein versuchte in der Form von Träumen und Alpträumen gewisse Dinge zu verarbeiten. Es filterte während der REM-Phase unnötige Informationen heraus, die für das Gehirn nicht vonnöten sind. Leider scheint das für Haruka alles andere als leicht zu sein, denn ihre lang erarbeitete Tiefschlafphase war mit schlimmen Alpträumen gefüllt.

„Willst du wissen, was hinter der Augenbinde ist? Dann komm doch her und finde es heraus." Sofort breitete sich in ihr ein Gefühl aus Angst und Neugier aus. Sie wollte es unbedingt wissen, also öffnete Haruka den seitlichen Knoten seiner Augenbinde und ließ diese herunter fallen. In der nächsten Sekunde wünschte sie sich, sie hätte es nicht getan. Denn an der Stelle, wo bei einem Menschen normalerweise zwei Augen sitzen sollten, klaffte bei Qin Shi Huang ein riesiges, mit spitzen Zähnen besetztes Maul auf. Aus diesem kam eine lange, schleimige Zunge heraus, an deren Spitze ein einzelnes Auge mit schwarzer Iris hing und sie lüstern betrachtete. „Was hast du denn, meine Liebe? Bin ich dir nicht hübsch genug?" Scharfkantig lachend, kam er auf sie zu und wollte sie küssen. Da rannte Haruka schließlich schreiend davon. „Ein Monster! Du bist ein verdammtes Monster!" In einer anderen Version dieses Traumes, hatte Qin nur ein großes, einzelnes Auge, welches aussah wie das eines Chamäleons. Wieder ein anderes mal, hatte er zwei farblose Augen in seinen Handflächen sitzen, während in seinem Gesicht buchstäblich nichts war. Und wieder ein anderes mal, war sein kompletter Körper mit riesigen Augen und klaffenden, grinsenden Mäulern übersät.

Die Tränen der KaiserinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt