Unheilvolle Verkündung

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Haruka brach in schallendes Gelächter aus, während ihr die Tränen in die Augen schossen. „Verdammt! D... das kitzelt!" Sie konnte ihre Füße kaum still halten, während unzählige kleiner Fische an ihr herum knabberten. Qin Shi Huang saß neben ihr und hatte da deutlich mehr Selbstbeherrschung. „Haruka! Ich wusste gar nicht, dass du an den Füßen so kitzlig bist." Die Kaiserin biss sich auf die Unterlippe und versuchte so einen weiteren Lachanfall zu unterdrücken. Vergebens. Sie zog ihre nackten Füße aus dem Wasser und lachte sich halb tot. „Ich kann das nicht, Shin. Das gibt Rache, ich hoffe, dir ist das bewusst." Der Kaiser schüttelte einfach nur schmunzelnd den Kopf. Trotzdem war er seiner Ehefrau nicht böse. Es war äußerst selten, dass er sie so unbeschwert und herzlich lachen sah. Haruka gab ihre Füße wieder ins Wasser zurück. Im zweiten Anlauf klappte es etwas besser, musste aber immer wieder leise kichern. „Soso... und du willst dich also deswegen an mir rächen, ja? Wie wird deine Rache denn aussehen, meine Liebe?"
„Das wirst du dann schon sehen. So leicht wirst du mir jedenfalls nicht davon kommen."

Qin Shi Huang zuckte immer wieder mal zusammen. „Verdammt, das ist echt unangenehm..." Die Braunhaarige grinste einmal triumphal. Sich die Augenbrauen zupfen zu lassen, war nicht unbedingt die schönste Anwendung gewesen. „Das gibt ebenfalls Rache, meine Liebe", murrte er. „Wenn du dich an mir rächst, räche ich mich wiederum bei dir. So würde ein Teufelskreis entstehen. Wir sind also quitt. Hör auf zu meckern und nimm es wie ein Mann hin." Ihr Ehemann grinste. „Ganz schön frech von dir..." Haruka setzte sich auf und sah ihn an. Eine peinliche Stille entstand. „Was ist? So schlimm geworden?" Sie fing an zu lachen. „Ab sofort nenne ich dich nur noch Mr. Augenbraue", lachte sie. „Harukaaaaa!"

Am Abend des zweiten Tages, landete sie schon ziemlich bald wieder mit dem Kopf in seinem Schoß. Qin brachte sie ins Bett und befahl zwei seiner Wachen auf sie aufzupassen. Er selbst kehrte nochmal ins Lokal zurück, um sich dort noch etwas Sake zu genehmigen. Eine knappe Stunde später, kam eine der Wachen zu ihm. „Eure Hoheit, der Kaiserin geht es nicht gut." Qin Shi Huang ließ alles stehen und liegen, um zu seiner Frau zu eilen. Haruka hing über der Toilettenschüssel und kotzte sich die Seele aus dem Leib, während die zweite Wache ihr langes Haar zurückhielt. Qin kniete sich neben sie. „Was ist los, meine Liebe, was hast du?" Haruka stöhnte erschöpft und erbrach einen weiteren Schwall an Galle. „Ich weiß nicht... mir ist urplötzlich schlecht geworden..."
„Wahrscheinlich hast du etwas gegessen, was deinem Magen nicht sonderlich gefallen hat. Ich lasse dir einen Kräutertee bringen, dann beruhigt er sich wieder." Der Kaiser scheuchte eine Wache davon, damit diese einen Tee und einen Eimer brachte.

Endlich schien sich ihr Magen für den ersten Moment beruhigt zu haben. Haruka betätigte die Toilettenspülung und ging sich rasch die Zähne putzen. „Mir ist kalt...", klagte sie dann auch schon. Qin Shi Huang schnappte sich sämtliche Kissen, um diese zu einer kleinen Burg aufzubauen. Dort setzte er sich hinein. „Komm her, Liebes." Haruka hatte nicht die Kraft, um ihm zu widersprechen, also machte sie einfach, was er sagte. Ihr Ehemann legte dann noch eine Decke über sie, als dann auch schon der Kräutertee und der Eimer für den Fall der Fälle gebracht wurden. Die Braunhaarige nahm die Tasse an sich und nahm sofort einen Schluck davon. „Bäh... Kamillentee..."
„Ich weiß, dass er dir nicht schmeckt, aber er ist gut für deinen Bauch." Sie nahm noch einen Schluck und stellte die Tasse erst einmal weg. „Kannst du eine Geräuschkulisse anmachen?" Qin griff zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Kurz darauf, fielen der Kaiserin die Augen zu. Sie hasste diese schwachen Momente, denn dann war sie ihrem ungeliebten Ehemann hilflos ausgeliefert.

Blind griff Haruka noch einmal zur Tasse, um sich zwei weitere Schlucke von dem ekelhaften Gebräu einzuverleiben. „Geht es dir etwas besser, meine Liebe?" Sie antwortete ihm nicht, sondern nickte nur leicht. „Versuch ein bisschen zu schlafen, dann ist morgen alles wieder gut." Haruka wünschte, sie könnte ebenfalls daran glauben. Trotzdem machte sich erneut eine enorme Müdigkeit in ihr breit. Daher hatte sie nicht einmal etwas dagegen. Nur dieses eine mal ließ sie es zu, dass sie vollkommen hilflos und ohne Gegenwehr entspannt in seinen Armen einschlafen konnte. Zu ihrem Bedauern hatte Qin nicht recht behalten, denn ihr war am nächsten Tag noch immer ziemlich übel gewesen. Die Heimreise gestaltete sich als eine kleine Odyssee. Anders als bei der Anreise, fühlte sich Haruka durch das ungleichmäßige Schaukeln der Kutsche massiv gestört, weshalb ihr immer öfters schlecht wurde und daher auch länger brauchte, um den Palast zu erreichen. Dort angekommen, verkroch sich die Kaiserin sofort ins Bett und verlangte auf der Stelle Jiang Li zu sehen.

Der kaiserliche Arzt untersuchte sie gründlich. „Es tut mir Leid, Eure Hoheit, ich kann nichts ungewöhnliches feststellen. Ihr seid kerngesund." Da wurde Haruka wütend. „Komm mir bloß nicht mehr mit der Ausrede, dass es der Stress wäre. Ich bin nämlich nicht gestresst", brummte sie. „Euer ansteigender Blutdruck sagt etwas anderes, Majestät."
„Raus!", fauchte sie und schickte Jiang Li weg. Qin Shi Huang setzte sich zu ihr und sah sie besorgt an. „Kann ich dir etwas Gutes tun, meine Liebe?" Er wollte ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr streichen, bekam aber sogleich eine auf die Finger gedonnert. „Fass mich nicht an! Vielleicht hat Jiang Li ja doch recht. Der einzige Stressfaktor den ich habe, bist du. Alleine schon wenn ich jeden Morgen die Augen aufmache und dein dummes Rattengesicht sehe, möchte ich am liebsten zum Fenster raus springen." Der Kaiser zog unter seiner Augenbinde die Augenbrauen argwöhnisch nach oben. „Meine Güte, bist du momentan wieder launisch. Vielleicht sollte ich dich mal anständig bumsen, dann geht es dir wieder besser."

Haruka schleuderte ihm ein Kissen ins Gesicht. „Du kannst mir mal ordentlich den Buckel herunterrutschen und an der Biegung mit der Zunge bremsen." Danach drehte sie ihm bockig den Rücken zu. „Und jetzt hau ab, ich will schlafen", brummte sie. Qin Shi Huang schüttelte nur verständnislos den Kopf. „Weiber...", sagte er nur und drehte ihr ebenfalls den Rücken zu. Am liebsten würde der Kaiser mit seiner Frau kuscheln. Doch er wusste, wenn er ihr jetzt zu nahe kam, würde alles nur grundlos eskalieren. Daher ließ er ihr einfach den Freiraum, den sie im Moment brauchte. Als Haruka am nächsten Morgen erwachte, war ihr Ehemann nicht da gewesen. „Shin...?" Nichts, das Bett war leer. Die Kaiserin zog sich etwas frisches an und öffnete die Tür. „Guten Morgen, Eure Hoheit", grüßten die Wachen sie sogleich. „Euer Gemahl wollte Euch nicht wecken, also hat er uns die Anweisung gegeben, Euch nach dem Erwachen zu ihm zu bringen. Bitte folgt uns." Die Braunhaarige war verwirrt gewesen. Wieso hatte dieser Knallkopf sie nicht geweckt? Haruka wurde skeptisch, da man sie in den ersten Stock brachte. Wenige Sekunden später bekam sie Panik, denn die Wachen steuerten genau auf das kaiserliche Spielzimmer zu. „Nein....!"
„Ich bitte um Vergebung, Hoheit", sagte ihr Begleiter, denn er packte sie nun unsanft am Handgelenk und zerrte sie hinter sich her. Haruka wurde ins Spielzimmer gebracht.

„Guten Morgen, meine Liebe. Hast du ausgeschlafen?" Qin Shi Huang trug keine Augenbinde und lächelte sie freundlich an. „Das weckt Erinnerungen, nicht wahr?" Haruka starrte ihren verhassten Ehemann an. Es waren nicht seine rubinroten Augen, die sie so dermaßen erstarren ließ, sondern weil er ein weißes Fellbündel mit zwei verschiedenfarbigen Augen auf dem Arm hatte und streichelte. Shixin schnurrte und leckte ihm zärtlich die Fingerkuppen ab. „Ich gebe zu, dass du ein ziemlich gutes Versteck für dein Hauskätzchen gewählt hast. Es war echt clever von dir, sie in mein Spielzimmer zu bringen. Immerhin hast du gewusst, dass ich es in der Regel nur betrete, wenn ich jemanden ziemlich hart bestrafen muss." Haruka konnte gar nichts sagen, sondern starrte ihn einfach nur weiter an. „Mir nachts einfach den Schlüssel zu stehlen und die Wache abzulenken, war ziemlich dreist von dir gewesen. Natürlich konntest du ihr auch genug Futter und Wasser bereit stellen und durch die ganzen Spielsachen hatte sie auch genug Beschäftigung." Qin streichelte Shixin kräftig weiter. „Es hat wirklich eine ganze Weile gedauert, bis ich hinter deinen Trick gekommen bin. Nur eine Sache hast du nicht bedacht, meine Liebe."

Nun ließ er die weiße Kätzin zu ihrem Glück herunter. „Die vielen Zeitungen wo du ausgelegt hast, haben das Kätzchen als Toilettenersatz nicht sonderlich beeindruckt. Du wirst diese Sauerei also beseitigen, haben wir uns verstanden, Haruka?" Erst als Shixin ihr schnurrend um die Beine strich, reagierte sie wieder. „Äh... okay...", sagte sie mehr als nur verwirrt. „Gut! Ich erwarte, dass das Zimmer am Ende des Tages picobello sauber ist. Geh erstmal etwas essen und dann wird geputzt." Qin Shi Huang ging an ihr vorbei. „Wie hast du es herausgefunden?"
„Ein kleines Engelchen hat es mir zugeflüstert", sagte er geheimnisvoll und ging. Haruka drehte sich um und sah ihm nach. „Hat er dich doch noch erwischt, meine Süße." Sie nahm Shixin auf den Arm und streichelte sie liebevoll. „Verzeih mir, ich habe dich ganz schön lange alleine gelassen. Naja gut, dann gehe ich erstmal etwas essen und dann mache ich hier sauber. Sonst kommt dieser Idiot doch noch auf die Idee, aus dir Suppe zu kochen."

Qin Shi Huang kontrollierte am späten Abend, was sie die ganze Zeit so getrieben hatte. Die Braunhaarige war mit ihrer Aufgabe unglaublich lange beschäftigt, da ihr immer wieder mal schlecht wurde oder ein Nickerchen gebraucht hat. Sie hatte geputzt und aufgeräumt. Nun lag sie völlig erschöpft in einer Kissenburg und schlief. Der Kaiser war jedenfalls zufrieden gewesen. Er brachte seine Ehefrau ins Schlafzimmer, wo Shixin ebenfalls einen Schlafplatz, sowie eine Toilette und Futter mit Wasser bekam. Haruka musste ihr geliebtes Kätzchen nicht länger vor ihm verstecken. Man würde im ganzen Palast überall Katzentoiletten und Wasserstellen aufstellen, sodass sich das Tier in dem großen Gebäude frei bewegen konnte. Nur fressen durfte sie bloß im kaiserlichen Schlafzimmer. Drei Tage später, suchte die Braunhaarige Jiang Li auf. Sie sah besorgt aus. „Eure Hoheit, bedrückt Euch etwas?"
„Ja, so könnte man es sagen. Jiang Li, warum bekomme ich meine Periode nicht?" Der kaiserliche Arzt zog fragend die Brauen nach oben. „Ihr hattet eine Fehlgeburt, Majestät. Das ist ganz normal und braucht etwas Zeit, bis sich das alles wieder normalisiert hat. Macht Euch keine Sorgen."
„Hmm... na wenn du das sagst..." In dem Fall vertraute sie ihm und ging wieder. Jiang Li schluckte. „Ich habe gewusst, dass sie anfangen würde Fragen zu stellen. Ich muss dem Kaiser bescheid geben."

...So ist einige Zeit vergangen...

Langsam wurde der Winter vom einkehrenden Frühling vertrieben. Der Schnee war am schmelzen und die jungen Baumknospen konnten es kaum erwarten, aufplatzen zu können. Haruka's ständige Müdigkeit hatte nachgelassen, nur die gelegentliche Übelkeit war geblieben. Die Kaiserin stellte sich auf die Waage und sah sich das Ergebnis an. Sie hatte an Gewicht zugenommen. Ihr Körper veränderte sich. „Was passiert mit mir...?" Haruka wollte wissen, was mit ihr los war, also stürmte sie ohne anzuklopfen in den Thronsaal, wo sich ihr Ehemann gerade mit Jiang Li, Hauptmann Quan und seinem Berater über gewisse Dinge unterhielt. „Shin, wir müssen reden", sagte sie ziemlich unverblümt. „Haruka, nicht jetzt. Siehst du nicht, dass ich in einer Besprechung bin? Das muss bis später warten." Die Kaiserin ließ sich das nicht gefallen. „Das ist mir echt egal, Shin. Es interessiert mich nicht die Bohne, dass du etwas zu besprechen hast. Bin ich eigentlich die Einzige der auffällt, dass ich immer dicker werde? Hast du mir nicht versprochen, dich immer gut um mich zu kümmern? Shin, was passiert mit mir? Was ist mit meinem Körper los? Du verschweigst mir doch etwas, also raus damit."

Qin Shi Huang seufzte einmal schwer. Er tauschte mit Jiang Li einen vielsagenden Blick aus. „Eure Hoheit, Ihr habt in letzter Zeit so viel gegessen, da ist es gut möglich, dass...-" Der Kaiser hob die Hand und schüttelte den Kopf. „Lass gut sein, Jiang Li. Sag ihr die Wahrheit..."
„Majestät, seid Ihr sicher?"
„Ja, bin ich. Es ist ihr Körper und sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren."
„Wusste ich es doch!" Haruka verschränkte stur die Arme. „Was ist hier eigentlich los?" Der kaiserliche Arzt stöhnte einmal leise. „Majestät, das mag jetzt vielleicht ein Schock für Euch sein, aber Ihr seid schwanger", sagte er. Haruka's Miene versteinerte, während sie die Männer alle einzeln ansah. „Was? Das ist ein Scherz, oder?" Ihr Blick wurde im nächsten Moment eisig. „Das kann überhaupt nicht sein, Jiang Li. Du hast den Embryo doch selbst gesehen. Außerdem hat Shin mich nicht..." Plötzlich war die Kaiserin extrem verunsichert.

„Ich weiß auch nicht genau wie das möglich ist, Hoheit. Aber so wie es scheint, hattet Ihr Zwillinge erwartet. Während das eine Eurem egoistischen Verhalten zum Opfer gefallen ist, hatte sich das andere mit voller Kraft ans Leben geklammert." Haruka fiel extrem langsam die Kinnlade herunter. Diese unheilvolle Verkündung war für sie wie ein direkter Schlag ins Gesicht gewesen. Sie starrte Qin mit einem vernichtenden Blick an. „Du hast es die ganze Zeit gewusst, nicht wahr? Deshalb warst du auch so nett zu mir und deshalb ging es mir auch all die Wochen so schlecht. Deshalb habe ich meine Periode nicht bekommen, so ist es doch, oder?" Jiang Li konnte der Kaiserin nicht ins Gesicht schauen. Auch der Hauptmann wandte seinen Blick beschämt ab. Nur ihr Ehemann brachte den Mut auf, es ihr ins Gesicht zu sagen. „Ja, du hast recht. Ich habe die ganze Zeit gewusst, dass du ein Kind von mir erwartest und das es der Grund für deine körperliche Erschöpfung war." So schnell konnte Qin Shi Huang gar nicht schauen, da hatte er sich eine saftige Maulschelle von ihr eingefallen. „Ich hasse dich, Ying Zheng. Ich hasse dich aus tiefster Seele! Ich wünschte, du würdest endlich tot umfallen." Ihr stiegen die Tränen in die Augen. „Und jetzt entschuldige mich, ich muss den zweiten Parasiten in mir loswerden."

Haruka drehte sich um und wollte davonrennen, doch Jiang Li stellte sich ihr in den Weg. „Bitte tut das nicht, Majestät! Ihr seid schon über den dritten Monat. Es ist kein Embryo mehr, sondern ein Fötus. Wenn Ihr jetzt eine Abtreibung erzwingt, seid Ihr wirklich eine Mörderin. Wollt Ihr das wirklich? Mit dem Gewissen leben, Euer eigenes Kind umgebracht zu haben?" Die Kaiserin starrte den kaiserlichen Arzt äußerst boshaft an. „Geh mir aus dem Weg, du verlogene Kanalratte. Es ist mein verdammter Körper und du hast mir dreckig ins Gesicht gelogen." Haruka scheuerte Jiang Li ebenfalls eine, bevor sie sich an ihm vorbei drängte und ging.


Die Tränen der KaiserinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt