5. Kapitel

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      Die Art, wie er meinen Namen aussprach, stellte verrückte Dinge mit mir an. Was es nicht sollte. Ich kannte diesen Mann kaum. Es lag vermutlich einfach nur daran, dass ich von Josh schon lange nicht mehr so angesehen oder angesprochen worden war.
     Kane ließ sich auf den Stuhl mir gegenüber sinken und sah mich an. Seine breiten Unterarme lagen auf dem Tisch, seine Haut war entblößt, da er sein Hemd dort hochgekrempelt hatte und feine Adern kamen zum Vorschein, die sich bis zu seinen Händen zogen.
     Meine Augen saugten sich daran fest, da ich dafür schon immer eine Schwäche gehabt hatte. Männer mit Adern an den Unterarmen und auf den Händen.

     »Auch du kannst mich duzen, wenn du möchtest. Das ist vollkommen in Ordnung.«

     Ich nickte, richtete nun den Blick wieder auf seine Augen.

     »Und zu meinem Angebot: Du kannst hier arbeiten. Es ist nicht so viel los und ich denke, dass du es hinbekommst jeden, der hier eincheckt, im System einzuspeichern. Das bekommt jeder hin. Ab und an kannst du auch Ava in der Küche helfen oder den Tisch decken. Leider gibt es hier nur für Ava und Josh einen Schlafplatz. Deswegen würde ich dir etwas anbieten: Ich habe ein großes Haus. Und es sind noch ein paar Zimmer frei. Wir würden uns fast nie begegnen und ich will dir auch nicht das Gefühl geben gedrängt zu werden. Ich habe auch ein Gästehaus, das etwas weiter weg von meinem Haus steht. Darin könntest du auch schlafen. Es würde dir gehören. Dort ist niemand. Und du könntest auch ein Auto haben, mit dem du hierherfährst.«

     Seine Worte klangen zu schön um wahr zu sein. Einfach so bot er mir an bei sich zu wohnen, wollte mir ein Auto geben, einen Job... Einfach so. Der Mann kannte mich nicht mal. Und ich kannte ihn nicht.

     »Das hört sich alles sehr schön aber... wie soll ich das denn zurückzahlen? Ein Auto? Ein Gästehaus? Wie soll ich das jemals zahlen?«

     »Du könntest ein paar Hausarbeiten erledigen und Abends etwas kochen. Für dich und mich. Du müsstest aber nicht mit mir essen, wenn es dir unangenehm ist.«

     »Das soll eine Bezahlung sein? Etwas putzen, waschen und kochen?«

     »July... ich will nicht arrogant klingen, aber durch die Firma meiner Eltern habe ich viel Geld vererbt bekommen. Was also bringt mir das ganze Geld, wenn du es viel nötiger brauchst als ich? Außerdem will ich dir kein Geld nehmen, sondern geben. Denn Geld bedeutet dann für dich Freiheit. Und dann kannst du... überall hingehen wo du willst, ohne an jemanden gekettet zu sein.«

     Die letzten Worte presste er eher so hervor. Warum, konnte ich nicht sagen. Seine Worte ergaben Sinn. Er hatte genug Geld. Doch ich wollte ihm nicht schuldig sein. Niemals wollte ich jemanden etwas schulden.
     »Ich will keine Schulden machen.«
     Kane legte den Kopf leicht schief und seine stahlgrauen Augen bohrten sich in meine. Sofort wusste ich, dass er tief in meine Seele blickte, dort alles sah, was ich zu verstecken versuchte. Er durchschaute mich. Mit nur einem Blick.
     »Du würdest keine Schulden machen, July. Ich betrachte es nicht als Schulden. Du wirst mir nie etwas schuldig sein, verstehst du? Niemals.«

     Seine Worte klangen zu schön um wahr zu sein. Im Leben bekam man nichts geschenkt. Man musste immer einen Preis zahlen. Immer. Selbst, wenn man es am Anfang noch nicht merkte. Irgendwann musste man immer einen Preis zahlen.
     Ich kannte Kane Bennett nicht. Er konnte mir jetzt schöne Märchen erzählen und später stellte sich heraus, dass er doch Geld von mir wollte. Die Vorstellung, dass ich in seinem Gästehaus leben und ein Auto von ihm bekommen sollte, ohne viel dafür tun zu müssen... nein. Das würde ich nicht hinnehmen.
     »Tut mir leid, aber dieses Angebot kann und werde ich nicht annehmen.« Meine Worte waren klar und deutlich und schnitten zwischen die eingetretene Stille zwischen uns. Kane runzelte die Stirn und musterte mich, schien aber nicht überrascht von meinen Worten zu sein. Fast so, als hätte er sie erwartet.

Her DestinyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt