#19 - Not as Planned

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„Ah, Miss Valentine", entgegnete mir meine Verabredung.

Ich lächelte charmant und höfflich. Er hielt mir, wie es sich für einen Gentleman gehörte, den Arm hin. Ich trat an seine Seite und hakte mich bei ihm ein.

„Sie sehen umwerfend aus", schmeichelte er mir.

„Sie ebenfalls, Mister Lawrence", erwiderte ich die gepflogene Floskel der Heuchelei, die in diesen edlen und teuren Kreisen nun mal oft ausschließlich aus reiner Höflichkeit ausgesprochen wurden.

Alister Lawrence belächelte meine Worte, fast so, als habe er mich durchschaut. Er beugte sich daher verschwörerisch zu mir und flüsterte mir zu: „Sie müssen mir nicht schmeicheln. Nichtsdestotrotz habe ich natürlich nichts dagegen und werde sie künftig an diesem Abend auch nicht davon abhalten. Ich weiß, dass eine renommierte Spionin wie Sie, sich nicht gern mit den Gepflogenheiten der Obrigkeiten aufhält. Ist es nicht so, Miss Valentine? Ich sehe es Ihnen an, dass Sie sich in diesem Kleid nicht wohl fühlen, wenngleich es Ihnen wahrlich ausgezeichnet steht."

Ich wusste, dass Alister Lawrence ein Charmeur war. Er wusste definitiv mit Frauen umzugehen, und er war nicht einer dieser typischen Bösewichte. Nein, er hatte Klasse und Anstand, und das sah man in all seinen Zügen, aber eben drum machte es ihn umso gefährlich. Gerade die, die besonnener waren und weniger einen Drang zu Dramatik und Jähzorn hegten, neigten bekanntlich auch weniger zu Übermut. Solche Leute waren gut mit Worten und eher die Taktiker anstelle, dass sie große Töne spuckten und viel Tamtam machten.

Ich lächelte aufgelegt und sah ihn unverfroren an. Man musste gestehen, dass Lawrence durchaus ein gutaussehender Mann mit Ausstrahlung war. Er hatte eisblaue Augen und weißes, kurzes Haar, was ihm dieses reife, aristokratische Aussehen verlieh. Er trug einen weißen Anzug mit schwarzen Nadelstreifen und einer schwarzen Krawatte. Ein leichter Dreitaggebart umspielte sein scharfes Kinn. Er hatte hohe Wangenknochen, eine sanfte Bräune und seine rechte Gesichtshälfte war leicht zerfurcht von einigen Narben. Seine aufrechte und akkurate Haltung zeugte von seinen guten Manieren.

„Da haben Sie mich wohl auf frischer Tat ertappt, Mister Lawrence. Sie haben recht. In der Tat fühle ich mich in gehobeneren Kreisen eher unwohl und Fehl am Platz. Ebenso bevorzuge ich es nicht in solch einem Fummel durch die Gegend zu laufen", gestand ich nun in aller Ehrlichkeit.

Er schien meine Aufrichtigkeit anzuerkennen, weswegen er ebenfalls gestand: „Nur unter uns: Um ehrlich zu sein, ich bin auch nicht gern unter diesen Snobs. Am wohlsten fühle ich mich alleine daheim auf meinem Sessel mit einem Glas Scotch. Diese ewige Heuchelei und diese Wichtigtuerei, das ständige, falsche Lächeln, sodass einem die Wangen schon schmerzen und dann das elende Gequake - all das ist schrecklich ermüdend und mir zuwider. "

Ich war überrascht über seine Antwort, denn um ehrlich zu sein, hätte ich ihn eher wie ein Mann eingeschätzt, der es genoss in solchen Kreisen unterwegs zu sein – der es genoss in den Nobelhotels zu hausieren, auf exklusive Veranstaltungen eingeladen zu werden und in den teuersten Restaurants der Stadt zu speisen.

„Aber Sie sind Geschäftsmann", argumentierte ich daher, denn diese Sorte fühlte sich für gewöhnlich pudelwohl im gehobenen Umfeld.

Alister zuckte unbekümmert mit den Achseln. „Nun, nicht alle sind gleich, und manchmal müssen wir einfach darüber erstaunt sein, dass nicht alles mit unseren klischeebehafteten Vorurteilen übereinstimmt, nicht wahr?" rügte er meine Aussage mit einer klugen, philosophierenden Wortwahl. Daran sah man erneut, wie gut er mit Worte jonglieren konnte. „Als Geschäftsmann muss ich mich natürlich den Gepflogenheiten beugen, weil man es so von mir erwartet."

„Stimmt wohl", gestand ich nun. „Verzeihen Sie mir mein Ungeschick, falls ich Sie damit gekränkt habe."

„Mit Nichten! Ich beginne bereits diesen Abend sehr zu genießen, und ich glaube, dass er noch sehr vielversprechend wird. Wir scheinen auf einer Wellenlänge zu liegen", schmunzelte er und machte eine ausschweifende Armbewegung.

[Mission: Impossible] Ethan Hunt x Reader One Shots/ImaginesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt