16. Kapitel

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"Al, steh auf, du verpasst noch den Unterricht", rief Lea und riss die Vorhänge von Alektos Bett auseinander. Diese stöhnte auf, sie fühlte sich, als hätte ein Erumpent sie niedergetrampelt, gefolgt von einer Herde Graphorns.

"Es ist Freitag, nicht?" Sie fühlte sich, als hätte sie bis Julie 1982 durchgeschlafen. "Ich habe am Morgen zwei Freistunden und dann Zauberkunst", krächzte sie, bevor sie wieder wie mit einem Schlag ausgeknockt weg schlummerte.

Sie wurde erst wieder wach, als Helen von ihrer Morgenstunde Geschichte zurückkam und sich mit der neu erhaltenen Ausgabe der Hexenwoche auf ihr Bett legte.

"Du brauchst eine kalte Dusche", kommentierte die blonde Slytherin, während Alekto sich aus ihrem Bett befreite, was sich anfühlte, als würde sie aus geschmolzenem Käse bestehen.

Wackelig kam sie auf die Beine, ihr ganzer Körper tat ihr weh. "Ich brauche vor allem mal Zahnpasta", antwortete sie und stakste ins Bad, wo sie feststellen musste, dass ihr sonst seidiges Haar in alle Richtungen stand.


"Hast du Lust für mich in Zauberkunst zu gehen?", fragte Alekto, während sie ihr Hemd in die Hose stopfte und nach ihrem Pullover griff. Helen sah sie über den Rand des Heftes an. "Ich würde ja wirklich unglaublich gerne, glaub mir, aber mir fällt gerade ein, dass ich eine Niete darin bin und ich es hasse." Alekto und Helen hatten beide ein Annehmbar in den ZAGs, was Flitwick zu reichen schien, um das Fach weiter zu nehmen. Helen hatte darauf aber wenig Lust gehabt.

Sie hielte Alekto ein Magazin unter die Nase, als diese endlich den Ausgang für den Kopf ihres Pullovers gefunden hatte. "Findest du das Kleid zu kurz?", fragte sie.

Alekto runzelte die Stirn, als sie den Pullover herunterzog. Bei dem Model war der Saum deutlich mehr als eine Handbreite über dem Knie. "Das ist. . . viel nackte Haut. . . und es ist Dezember?", sagte sie schließlich. Miniröcke und kurze Hosen waren immer häufiger zu sehen, aber Alekto hätte sich in so etwas nie wohlgefühlt.

"Das kann man mit Strumpfhosen tragen und es wäre für den Februar. Ich hoffe, dass Charles etwas für den Valentinstag plant."

Alekto warf ein letzter verwirrter Blick auf das Bild, während sie vergebens versuchte, ihre Krawatte zu richten. Sie kannte sich mit Mode genauso gut aus, wie mit Beziehungen.

"Du sprichst wieder mit ihm?"

Helen verdrehte die Augen. "Schon seit Anfang der Woche, wo hast du deinen Kopf, Al?" Sie griff nach Alektos Krawatte und band den Knoten erneut. "Wir haben am Wochenende viel miteinander gesprochen und. . . ich meine, ich begreife es. Irina ist hübsch, aber das ist auch das Einzige, was sie vorzuweisen hat." Alekto bewegte den Kopf etwas zurück, als sie die Krawatte ein Stück zu fest anzog. "Außerdem finde ich, dass Charles Freunde mich mittlerweile akzeptiert haben und richtig nett zu mir sind."

"Erzähle das nicht Lea", meinte die andere Slytherin nur, während sie die Krawatte wieder etwas lockerte, um Atmen zu können.

"Ja, ja, sonst ist sie wieder eingeschnappt." Sie kramte etwas in ihrer Schublade. "Wenn sie sie nur mal kennenlernen würde, würde sie ihre Meinung ändern. Sie sind nicht so schlimm, wie alle sagen."

Alekto zuckte nur mit den Schultern, bevor sie in ihren Umhang schlüpfte. Sie fühlte sich immer noch wie gerädert und kein bisschen stärker.


Durch das Fenster des Klassenzimmers konnte man sehen, wie sich die Oberfläche des großen Sees durch den Wind kräuselte und die letzten braunen Blätter hin und her schaukelten. Der Dezember hatte bis jetzt nur mehr Nässe und Kälte gebracht, aber keinen Schnee.

Alekto wippte gelangweilt mit dem Fuß und hörte mit halbem Ohr Flitwick zu, wie er gerade einem Hufflepuff fünf Punkte für eine Antwort gab. Heute war wieder mal eine Theoriestunde, basierend auf den Hausaufgaben, die Alekto nicht gemacht hatte. Sie hatte es sich stark vorgenommen, aber dann war es untergegangen bei den ganzen Sachen für ihren nächtlichen Ausflug.

Sie löste ihren Blick vom Fenster und sah auf ihre Hände hinunter. Sie hatte keine konkreten Erwartungen, was passieren oder wie sie sich fühlen würde, aber es hatte absolut keine Änderung gegeben. Hat es nicht funktioniert? Vielleicht ein Fehler oder der Spruch funktionierte nicht. Sie dachte zurück an das Gefühl, als sie ihren Körper nicht mehr kontrollieren konnte und wie die Kerzen erloschen und das Buch zusammenklappte. Nein, etwas musste passiert sein, oder? War ihre magische Kraft so schwach, dass selbst schwarze Magie nicht mehr half? Gab es ein Kuckuckskind und sie war gar keine Nachfahrin Merlins?

Sie musste dringend mit Morwenna sprechen, vielleicht wusste sie, was schiefgegangen war.

Neben ihr fing Simon und Evan eilig an, auf ihre Pergamente zu kritzeln und sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf den kleinen Lehrer.

"Bei diesem Spruch dürfen sie nicht vergessen-. . .", sagte Flitwick und Alekto tunkte ihre Feder in die Tinte.

Möglichst schnell versuchte sie Flitwicks Worte niederzuschreiben und für einen Moment konnte man nichts außer das Kratzen der Federn hören, als der Lehrer eine kleine Pause machte. Die Slytherin tunkte ihre gerade in die Tinte und wollte sie wieder auf das Pergament setzen, da tropfte etwas auf das Blatt.

Zuerst dachte, sie, es sei Tinte von der Feder, doch dafür hatte es die falsche Farbe. Erschrocken fasste sie sich an die Nase und als sie ihre Hände wieder wegnahm, konnte man deutlich das Blut sehen.

Hastig drückte sie ihren Handrücken dagegen, während sie nach einem Taschentuch suchte. Sie merkte nicht mal, dass Flitwick und einige Schüler auf die plötzlichen Bewegungen aufmerksam geworden war. Erst als eine Ravenclaw aus der hinteren Reihe ihr ein Taschentuch hinhielt, realisierte Alekto die Situation.

Als Zauberkunst endete, hatte Alekto zwei blutdurchtränkte Taschentücher und Professor Flitwick riet ihr, bei Madam Pomfrey vorbeizuschauen. Aber das Schlimmste schien vorbei zu sein und gerade hatte sie andere Pläne.

Kurz schrubbte sie in der nächsten Mädchentoilette das getrocknete Blut von den Händen. Auch auf dem grünen Saum ihres Umhanges konnte sie braune Flecken sehen, glücklicherweise war aber der Rest der Uniform in einer dunklen Farbe.

Kurz wartete sie am Fuß der Treppe und tat, als suchte sie etwas in ihrer Tasche, während eine Gruppe Gryffindors passierte. Morwenna hatte sie bereits gesehen und sah sie, ohne ein Wort der Begrüßung zu verlieren, auffordernd an.

"Etwas muss schiefgegangen sein", meinte Alekto und zog die Nase hoch, was hoffentlich das Nasenbluten nicht wieder startete.

"So?", fragte Morwenna nur. Eine Sekunde lang wartete Alekto auf etwas Weiteres. Doch es wurde bald klar, dass da nichts mehr kam.

"Ich fühle mich nicht anders. . . meine Magie fühlt sich nicht anders!", zischte sie und hoffte, dass man die Verzweiflung und Frustration nicht heraushörte. "Ich habe alles getan und die Schritte ganz genau befolgt. Wieso hat es nicht funktioniert?"

Morwenna musterte sie noch eine Sekunde mit einem Blick, der als Langeweile könnte gedeutet werden, bevor sie antwortete: "Wann hast du den Spruch vollführt?"

"Gestern Nacht und am Morgen habe ich mich absolut elend gefühlt", sie senkte die Stimme, aus Angst jemand kam gleich um die Ecke.

Morwenna setzte sich auf ihren Stuhl, überschlug die Beine und richtete ihr langes Kleid. "Kleine Myrddin, was erwartest du? Schwarze Magie hat einen Toll auf den Körper und deiner muss sich zuerst daran gewöhnen. Gib dem ganzen ein paar Tage Zeit.




Merlins SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt