"Weiter so, Miss Myrddin", rief Professor Fraser während er einen von ihren Sprüchen abblockte. Alekto sprach einen weiteren Spruch, doch er wich geschickt aus und schoss einen zurück. So musste sie ihren nächsten Zauber abbrechen, um einen Schutzzauber zu sprechen.
"Schauen Sie, dass die Magie einen konstanten Fluss hat." Das war einfacher gesagt als getan, und der nächste Zauberspruch kam nicht so gut heraus, wie sie gewollt hätte.
Sie hatten noch ein paar Schlagabtausche, bevor die Nachhilfe endete.Professor Fraser richtete wieder das Schulzimmer her, für die erste Klasse morgen.
"Kann ich Sie etwas fragen?", begann Alekto, als sie ihren Zauberstab einsteckte. "Als ich meiner Magie nachgeholfen habe, habe ich mich zuerst unglaublich mächtig gefühlt und jetzt hat es sich aber immer weiter normalisiert. Habe ich mich daran gewöhnt oder verliere ich die Magie wieder?"
Er musterte sie eine Sekunde aus seinen blauen Augen. "Magie kommt immer mit einem Preis und was ich einschätzen kann, haben sie nicht so einen hohen Preis gezahlt und ein Fluss ist auch immer wilder, wenn man ihm seine Natur lässt."
"Was wäre denn ein hoher Preis?", fragte Alekto neugierig, sie hatte ihre Brosche geopfert.
Der Professor schien einen Moment nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. "Ein Körperteil zum Beispiel oder das Leben einer anderen Person", sagte er schließlich.Alekto trat aus dem Klassenzimmer. Da es fast Sommer war, war es glücklicherweise nicht immer so schnell dunkel am Abend. Durch eines der Fenster konnte sie sogar die untergehende Sonne sehen, während sie durch das Schloss lief. Doch ihr Ziel war nicht der Kerker, noch nicht zumindest. Sie wusste, dass Lea ihr in den Ohren liegen würde, dringend mit dem Lernen anzufangen, und Alekto hatte genug anderes auch noch zu tun. Sie wollte noch stärker werden, aber ein Körperteil oder sogar ein Menschenleben war sie nicht bereit zu opfern. Aber da gäbe es noch eine andere Möglichkeit. . .
Schließlich blieb sie vor ihrem Ziel stehen. Das Portrait von Nimue war noch nicht ganz geflickt, aber die zerschnittenen Ecken waren wieder zusammengenäht worden.
Alekto berührte vorsichtig die Nähte. Wieder fühlten sie sich an, als wären sie nass, als hätte der See aus dem Bild durchgedrückt."Macht so etwas weh?", fragte Alekto während Nimue auf der Wiese stand.
"Ich bin ein Portrait, ich kenne keinen Schmerz, aber es war nicht gerade angenehm", erwiderte diese. "Morwenna hat keinen Schmerz gefühlt, wenn du das wissen willst." Alekto hielt in ihrer Bewegung inne. Das hatte noch nie ihre Gedanken gekreuzt. "Ich bin froh, diese alte Schachtel nicht mehr kreuzen zu müssen. Solche Leute haben das Gefühl, sie sind besser, nur, weil sie von den richtigen Leuten geboren wurden."
"Du scheinst eine starke Meinung dazu zu haben", meinte Alekto belustigt.
Nimue verdrehte die Augen und warf sich ihr langes Haar über die Schulter. "Natürlich habe ich die. Merlin war mein Freund und der wohl größte Zauberer, den es gegeben hat. Er wollte, dass man die Muggels vor Magie schützt und sie integriert. Selbst die 28 Unantastbaren haben Muggel-Blut, aber die Prominenz und die Offenheit von Merlins Nachkommen und ihre Heirat mit Muggels, Muggelstämmigen und Halbbluten war zu stark, um sie für dieses Register in den 1930ern zu ignorieren."
"Wann hat es gekippt?", wollte Alekto wissen. Sirius hatte sie das gefragt, aber eine Antwort darauf hatte sie nicht gehabt.
"Die Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert hatte sicher dazu beigetragen, aber es war auch eine Zentrierung von Macht und Prestige in den reinblütigen Kreisen und welche Familie will nicht zu diesen Kreisen gehören." Sie zuckte mit den Schultern. "Was hat es bei dir gekippt?"
"Bei mir?"
"Mädchen, ich sehe dich seit fast sechs Jahren durch dieses Schloss spazieren, tu nicht so, als würdest du nicht der Tradition und den Ideologien deiner Familie nacheifern. Wieso bist du nicht scharf darauf, dich dem dunklen Lord anzuschließen und alle Schlammblüter auszurotten."
Alekto starrte die Frau vor sich an, sie wusste die Antwort darauf selbst nicht. "Meine beste Freundin ist ein Halbblut", sagte sie zögerlich. "Und. . . reines Blut hat absolut keinen Wert eigentlich. Man ist nicht stärker als andere oder hat sonstige Begabungen. Ich bin auch kein Fan von den Todessern, da geht es nicht um reines Blut, sondern um Macht. Es hat keinen Unterschied, was dein Blutstatus ist, solange du für das kämpfst, das sie wollen. . . ich glaube, sie haben meinen Bruder getötet."Nimue trat näher an den Rahmen, der genervte Gesichtsausdruck war verschwunden. Zum ersten Mal wirkte sie nicht, als würde sie am liebsten jemanden im See ertränken.
"Mein Bruder, Taliesin, war immer eine sehr fürsorgliche Person gewesen. Er hat sich immer um mich gesorgt und konnte keiner Fliege etwas zu leid tun." Sie senkte ihre Stimme und hoffte, dass sie nicht brach, während sie sprach. "Ich weiß nicht, was passiert ist, man hat es mir nie erzählt. Ich glaube, er sollte ein Todesser werden, ich denke, das wurde fast erwartet. Mein Bruder war ein Vorzeigesohn, aber er war nicht gemacht fürs Morden."
"Du glaubst, sie haben ihn getötet, weil er sich geweigert hat?", fragte Nimue sanft. Alekto wusste selbst nicht, was sie glaubte, und ihr war durchaus bewusst, dass sie ihren Bruder auf ein Podest hob. Sie wusste nicht, was er zu ihrer Verbindung zu Sirius und den Rumtreibern gesagt hätte oder über ihre Veränderung. Sie wuchsen im selben Haus auf, mit denselben Ideologien, aber wenn er ihr schon die Schmuckschatulle mit den Queen-Songs geschenkt hatte, konnte er nicht so extrem gewesen sein.
Sie räusperte sich. "Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er mit dem Todesfluch getötet wurde und das dunkle Mal nicht trug. Er wäre wohl der perfekte Erbe des Namens gewesen und nun steckt meine Mutter mit mir fest."
Nimue schenkte ihr ein kleines Lächeln. "Ich denke, das Haus Myrddin wird wieder in neuer Pracht erstrahlen."
Doch Alekto schüttelte den Kopf. "Nein, die Leute haben recht, das Haus Myrddin ist am Ende."
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Merlins Secret
FanfictionAlekto Myrddin: Reinblüterin, Slytherin, Nachfahrin des Merlins und Familienenttäuschung. Vor den Toren Hogwarts tobt der Krieg, noch gilt die Schule unter Albus Dumbledore als ein sicherer Hafen, doch dann wird das Schloss angegriffen. Neben der Fr...