Professor Fraser saß hinter seinem Pult und las aufmerksam den Tagespropheten, während Alekto ein paar Schritte vor dem Tisch mit dem Rücken zu ihm stand und einen Zauber an einer Übungspuppe übte.
Schon seit fünfzehn Minuten übte sie den Stupor und hatte schon lange das Interesse daran verloren. Doch jedes Mal, wenn sie länger als zehn Sekunden nicht zauberte, konnte sie die Zeitung hinter sich rascheln hören.
Gerade wurde sie wieder abgelenkt von einer Schar Eulen, die am Fenster vorbeiflogen.
"Miss Myrddin, bleiben Sie an der Aufgabe dran", mahnte der Professor sie.
"Können wir einen anderen Zauberspruch probieren? Vielleicht ein Komplizierteren, Stupor haben wir in der dritten Klasse gelernt."
"Wollen Sie mit dem Confringo weiter machen?", fragte er ohne aufzusehen. Nein, das wollte sie nicht! Den Confringo hatten sie anfangs der Fünften gelernt und den musste sie schon eine halbe Stunde üben, bevor sie zum Stupor gewechselt waren. Außerdem hatte er sie am Anfang fünf Minuten lang den Lumos üben lassen und das war einer der ersten Zaubersprüche, die ihnen beigebracht wurde."Was spricht gegen kompliziertere Sprüche?", fragte sie genervt.
Professor Fraser knickte eine Ecke der Zeitung runter und sah sie mit seinen blauen Augen an. "Zuerst müssen Sie lernen, die richtige Menge Magie zu verwenden und das schnell. Erst, wenn Sie Ihre Magie kontrollieren können, gehen wir einen Schritt weiter." Er stand auf und holte mit einer geschmeidigen Bewegung den Zauberstab hervor. "Sehen Sie her." Er richtete ihn auf die Puppe und sagte den Spruch. Getroffen vom roten Lichtstrahl rollte diese etwas zurück. Er kontrollierte mit einem Seitenblick, dass sie immer noch aufpasste, bevor er den Spruch wiederholte. Weder seine Stimme noch seine Bewegung waren verändert worden, aber als die Puppe dieses Mal getroffen wurde, wurde sie zurückgeschleudert und taumelte, dass sie fast umfiel. "Verstehen Sie?", fragte er und ging wieder hinter seinen Tisch. "Außerdem sind solche Sprüche wichtig. Wenn Sie sich im Kampf wiederfinden, brauchen Sie nicht hochkomplizierte Zauber, sondern ein paar wenige, die effektiv sind und die Sie im Schlaf können. Da gibt es keine Zweitversuche, dann sind Sie oder Ihre Freunde tot. Die meisten meiner Duelle habe ich mit solchen einfachen Sprüchen gewonnen. Und glauben Sie mir, so wie es momentan da draußen aussieht, sind Sie besser auf alles vorbereitet."Der letzte Satz jagte ihr einen Schauer den Rücken hinunter. Erst kürzlich wieder wurde in der Zeitung wieder von einer ermordeten Familie eines Schl. . . muggelstämmigen Zauberers und seiner Muggelfamilie berichtet. "Professor? Waren Sie mal Auror?", fragte Alekto unsicher und wandte sich ihm zu.
Professor Faser lachte kurz rau auf. "Sie werden keine Akte über mich im Ministerium finden."
Sie wusste nicht recht, was sie aus dieser Antwort machen sollte. "Sie haben gegen Anhänger von Grindelwald gekämpft." Sie erinnerte sich noch an das Gespräch am Anfang des Schuljahres. Er nickte. "Wie ist Ihre Einschätzung der jetzigen Lage?"
Verwundert über die Frage schien der Professor zu überlegen. "Wir befinden uns im Krieg und bis jetzt ist das Ende noch offen." Er sah sie mit seinen durchdringlichen blauen Augen an. "Passen Sie auf ihre Freundinnen auf, niemand ist sicher. Leute, die glauben, dass Blut unseren Wert bestimmt, werden auch keinen Halt vor Leuten machen, die sie nicht als ihre eigenen ansehen, Blut hin oder her."Alekto versuchte, ihre Gedanken an Lea zu verdrängen. Sie konnte spüren, wie die Angst in ihr aufstieg. Die Todesser brachten jeden um, der nicht spurte, wie zum Beispiel ihr Bruder.
Sie schluckte den Kloß in Hals hinunter. "Woher wissen Sie, dass ich kein Anhänger von ihm bin?", fragte sie schließlich. Professor musste genug informiert sein, um zu wissen, dass auch die Myrddin Familie die Blutideologie vertrat.
Er musterte sie für eine Sekunde. "Sie haben das Potenzial, ein Anhänger zu werden. Sie scheinen mir nicht fanatisch genug, um alleine für die Ideologien mitzumachen, aber wie weit wird Ihre Suche nach Macht gehen?"
Darauf wusste Alekto auch keine Antwort. "Ich glaube, ich habe meine Lektion gelernt, was das anbelangte", sagte sie schließlich leise.
Er schenkte ihr ein kurzes Lächeln. "Außerdem sind Sie immer noch gut mit Harris befreundet und verbringen sogar freiwillig Zeit mit Black, ich halte das für ein gutes Zeichen."Für eine Sekunde hatte sie Panik, dass er auch über ihr Treffen mit den Rumtreibern herausgefunden hatte, bevor sie sich erinnerte, dass er Black und sie bei der Nachhilfestunde getroffen hatte.
"Verzeihen Sie mir die dumme Frage, aber was war das Schlimmste im Krieg gegen Grindelwald."
Der Lehrer überlegte für einen Moment. "Bei Grindelwald musstest du dich fürchten, wenn du in seinem Weg standest, das ist nicht so in diesem Krieg. Ich habe Freunde verloren und viele gute Menschen haben ihr Leben verloren." Eine Bitterkeit überkam ihn. "Aber wissen Sie, was das nur noch schlimmer machte? Die meisten Leute, die meisten Anhänger von Grindelwald, haben einfach ihr Leben fortgesetzt. Sie haben nie für ihre Taten bezahlt und die wenigen, die vor Gericht kamen, redeten sich raus mit Lügen oder Geld. Sie haben weitergelebt, als wäre nichts passiert, und haben Familien gegründet und ihre Ideologien weitergegeben." Seine Miene war steinern. "Nicht für eine Sekunde haben sie ihre Ideologien hinterfragt oder über die Leben nachgedacht, die sie zerstört hatten."Alekto sah ihren Lehrer sprachlos an. Sie würde in dieser Nacht definitiv noch lange wachliegen.
"Machen wir weiter", meinte er schließlich, als wäre nichts passiert.
Die Nachhilfe ließ Alekto mit einem unangenehmen Gefühl im Magen zurück. Eigentlich sollte sie sich freuen, dass sie ihre Magie schon so viel besser unter Kontrolle hatte, aber das Gespräch über den Krieg hatte ihr Angst und Sorgen gebracht.Eigentlich hätte sie sich am liebsten in ihrem Bett verkrochen und alles wieder vergessen, doch zuvor musste sie noch etwas tun. Auch mit der Verbindung des Schlüssels zu Nimue waren sie noch kein Stück weiter.
Morwenna saß wie immer auf ihrem Stuhl und blickte Alekto gelangweilt an, als diese an ihr Portrait trat.
"Weißt du etwas über Nimues Schlüssel?", fragte sie.
"Ich dachte, du suchst nach Merlins Geheimnis oder hast du das schon aufgegeben?", fragte Morwenna und strich ihren Rock glatt.
"Ich habe die Abbildung für den Schlüssel gefunden, aber da wird er mit Nimue und nicht mit Merlin verbunden."
"Ich weiß es dich auch nicht, Mädchen", sagte Morwenna leicht genervt, was Alekto wütend machte. "Hör auf, nach Merlins Geheimnis zu suchen, diese Macht ist nichts für dich."
Alekto verschränkte die Arme. "Ich dachte, ich soll die Familie Myrddin zu neuem Ruhm verhelfen? Da wäre Merlins Geheimnis doch ganz praktisch."
Die ältere Hexe musterte sie aus ihren kalten, grauen Augen. "Kleine Myrddin, das Beste, was du für deine Familie tun kannst, ist ein würdigen Erbe zu gebären."
Alekto war sprachlos. Das letzte halbe Jahr war sie durch die Hölle gegangen, um ein würdiger Erbe zu werden. "Wofür habe ich dann schwarze Magie verwendet!", rief sie aufgebracht und sah sich schnell um, ob sie jemand gehört hat.
"Verstehe mich nicht falsch, kleine Myrddin", meinte Morwenna und erhob sich von ihrem Stuhl. "das war wichtig, denn Magie wird durch Blut vererbt. Oder willst du die Blutlinie sterben lassen? Du kannst die Magie nicht kontrollieren, aber jemand, der damit geboren wurde, schon. Deine Magie ist das Resultat von verdrecktem Blut, das kannst du nicht mehr ändern, aber die Zukunft des Hauses Myrddin liegt ganz bei dir." Sie legte den Kopf schräg. "Wir alle bringen Opfer für unsere Familie."
Alekto starrte immer noch ihre Vorfahrin an, während in ihr die Wut brodelte wie ein lavaspuckender Vulkan.
Wenn Blut unseren Wert bestimmt. . . am liebsten hätte sie Morwennas Bild von der Wand gerissen.
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Merlins Secret
FanfictionAlekto Myrddin: Reinblüterin, Slytherin, Nachfahrin des Merlins und Familienenttäuschung. Vor den Toren Hogwarts tobt der Krieg, noch gilt die Schule unter Albus Dumbledore als ein sicherer Hafen, doch dann wird das Schloss angegriffen. Neben der Fr...