2. Kapitel

165 10 4
                                    

Ich schreckte hoch. Meine Stirn war schweißnass. Meine Hände und Füße eiskalt. Ich hatte einen Albtraum. Einen Traum, in dem eine Frau mit unnatürlich grünen Augen zusehen war. Eine Frau mit... mit Katzenaugen.
Plötzlich durchfuhr es mich wie ein Blitzschlag. Ich erinnerte mich an die Nacht. Und ich war mir auf einmal sicher:
Es war kein Traum. Es war real. Und das machte mir Angst.

Ich stand auf und ging zum Schreibtisch, wo mein Computer stand. Ich schaltete ihn ein. Während er hochfuhr, ging ich frühstücken. Das Haus war leer, denn Mama und Papa sind zum Einkaufen gefahren. Auf dem weg nach unten, lugte ich in Annes Zimmer. Erleichtert schloss ich ihre Tür, nachdem ich sie friedlich in ihrem Bett habe schlafen sehen.

Während ich mir einen Tee kochte, fiel mir mein Plan von gestern wieder ein. Ich wollte Anne nachspionieren und ebenfalls den in der E-mail genannten Ort aufsuchen. Meine Hände wurden eisig kalt. Was würde mich dort erwarten? Will ich überhaupt wissen, was dort von sich geht? Was, wenn ich die Frau der letzen Nacht wieder traf und in Schwierigkeiten gerat? Nein, ich musste Anne helfen. Koste es, was es wolle! Trotzdem plagte mich ein mulmiges Gefühl. Plötzlich kam mir eine ziemlich egoistische, blöde Idee. 

"Hallo Sophie! Können wir uns bitte nachher im Café treffen? Ich brauche deine Hilfe...", tippte ich in mein Handy und drückte zögernd auf Senden.

Schnell sprintete ich in mein Zimmer, loggte ich mich in den Computer ein und googelte den Begriff: „Katzenaugen". Doch leider kamen da nur irgendwelche Infos über die Pigmentstruktur, Fahrradshops und... kleine grünliche Tabletten! Ich klickte den Artikel an, stellte jedoch fest, dass es sich um eine Geschichte handelte.

Ich las, dass man durch diese Pastillen giftgrüne Augen bekommt und dass die Menschen, die diese Pillen nehmen, entweder dazu gezwungen wurden oder gar nicht wussten, was sie da nehmen. Man kann den Menschen, die sie gegessen haben, jede beliebige Charaktereigenschaft zuordnen und Erinnerungen löschen. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter.

Ich druckte den Artikel aus. Danach packte ich ihn, einen Regenschirm, einen Block und Stifte in meine Tasche. Langsam schlich ich aus meinem Zimmer an Annes Tür vorbei. Neugierig lugte ich durchs Schlüsselloch. Doch zu meinem Erstaunen lag nun niemand mehr in Annes Bett! Ich riss die Tür auf und sah erneut das leere Zimmer. Auf der Suche nach Anne schaute ich in allen Zimmern nach. Als ich wieder in ihrem Zimmer stand, sah ich auf einmal ein paar Finger, die mit rotem Nagellack angemalt waren, auf dem Fensterbrett. War es die Katzenaugen-Frau? Ich ging ein Stück zurück und nahm ein dickes, schweres Buch in beide Hände, mit dem ich mich zur größten Not verteidigen könnte. Die Hände der Frau verkrampften sich, als sich die geheimnisvolle Person hochzog. Jetzt sah ich einen roten lockigen Haarschopf. Anne. Langsam ließ ich das Buch sinken und packte es schließlich wieder ins Regal. Ich lief zum Fenster und reichte Anne meine Hand.

„Soll ich dir helfen?", bot ich an. Anne schaute mich nur aus ihren haselnussbraunen Augen treuherzig an. Diesen Blick konnte ich nicht leiden! Ich KANN bei diesem Blick niemals Anne böse sein. Sie nahm meine Hand und ich zog sie hoch. „Danke", sagte sie knapp. Ich blickte sie abwartend an. Nichts. „War's das schon? Willst du mir nicht vielleicht sagen, wieso du  an deinem Fensterbrett hingst?", fragte ich verwundert. „Äh, ich wüsste nicht wieso", antwortete meine Schwester kalt.

Ich starrte sie an. Ich starrte sie so lange vorwurfsvoll an, bis sie mir endlich ein paar Infos gab. Dann wurde sie weich. „Naja, ich... ich...", begann sie leise. Mein Handy klingelte. So ein Mist! Da wollte sie mir endlich etwas erzählen, da ruft irgend so ein Depp an! Ich erschrak, als ich Sophies Namen auf dem Display sah. Ich war zu spät! Schnell tippte ich ins Handy, dass ich ihn 10 Minuten da sein würde. „Wir reden nachher weiter. Ich muss zu Sophie. Wir machen etwas für die Schule.", erklärte ich und verschwand. Ich setzte mich aufs Fahrrad und raste los. Wenige Minuten erreichte ich den Treffpunkt. „Entschuldige! Es tut mir echt Leid...", japste ich. „Nicht so schlimm. Alles gut", lachte sie. Ich bestellte mir uns Cola bei der Kellnerin. Als sie unsere Bestellung brachte., begann ich zu erzählen. Angefangen von Annes ständigem Verschwinden bis jetzt.

KatzenaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt