32. Kapitel

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Der Geruch von Chemie  und Blumen sticht in meiner Nase. Schritte sind zuhören. Draußen höre ich Autos fahren. Stimmen reden miteinander. Es rattert überall, als würden wir fahren. 

 Langsam öffne ich meine Augen. Grelles Licht strahlt von oben herab. Ich sehe eine Lampe, eine weiße Zimmerdecke. Als ich meinen Kopf drehe, entdecke ich meine Schwester. Nun bin ich plötzlich hellwach. "Anne?", flüsterte ich. Sie sieht wieder normal aus! Rotes Haar, Jeans, T-Shirt! Und der vertraute Blumengeruch. Sie wendet mir den Kopf zu und ich schreie. Vor Freude? Oder doch vor Schreck? Ihr Gesicht sieht ebenfalls wieder wie das meiner Schwester aus doch ihre Augen... Grün! Giftgrün! "Hallo, Leo!", lächelt sie. "Du siehst furchtbar aus!", lacht sie. Meine Schwester ist zurück! Sie ist wieder normal. Meine Schwester ist wieder wie früher! Ich springe auf und falle ihr um den Hals. Ich drücke mein Gesicht in ihre Locken und atme ihren Geruch ein. Eine ganze Weile sitzen wir nur so da und freuen uns. Doch dann muss ich doch meine Fragen loswerden, die in meinem Kopf herum schwirren. 

"Wie bist du ... ich meine ich hab doch ... was ist ... ich meine wie?", stammle ich. Sie lacht fröhlich. Vor lauter Aufregung bekomme ich kein Wort heraus. "Das kann dir nur einer erklären.", sagt sie. Ich drehe mich um und schaue in Elias'Augen. Auch ihn umarme ich und er sagt: "Das, was du getrunken hast, war ein Betäubungsmittel. Das sollte sie trinken, damit wir ihr das eigentlich Mittel einflößen können. Zum Glück hast du nur das getrunken. Sonst hätten wir noch ein Problem mehr gehabt... Naja. Wie auch immer. Jedenfalls haben wir dann Noch ein Getränk gemacht, dieses Mal hat sie es getrunken weil wir sie damit gelockt haben, sie freizulassen, wenn sie es tränke. Tja, und so ist sie nun wieder normal." Ich lächle und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. "Danke!", hauche ich. Sofort wirder rot. "Next Stop: Dover. Be careful! The train is going to arrive the station now. This will be the last stop of the train. Everyone has to leave." Die Durchsage klingt auch hier wie jemand mit Schnupfen. "Wo fahren wir hin?", frage ich meine Freunde. "Nach Dover. Von hier geht die Fähre nach Calais und von dort die Bahn zurück nach Hause.", sagte Sophie. Ich lächle. Sie sind genial. Was würde ich ohne sie nur tun? 

"Ach, Alia!", sagt Elias plötzlich und greift in seine Jackentasche. Sie schaut neugierig auf. "Ich habe noch was für dich." Er zieht ein kleines schwarzes Plastikgefäß heraus und reicht es ihr. "Was ist das?", will sie wissen. "Das ist das Gegenmittel. Für deine Schwester." Sie schaut ihn erfreut und dankbar an. "Du hast uns doch mal erzählt, das du nur deiner Schwester willen bei denen mitgemacht hast und dass die dir ein Gegenmittel geben wollten. Sie werden es wohl nie herstellen. Da habe ich das in die Hand genommen." Sie umarmt ihn. "Oh danke! Danke, danke, danke, danke!"

Wir erreichen den Bahnhof. Ich schaue aus dem Fenster und sehe hunderte Menschen, die sich wie wilde Tiere durch die Massen drängeln. Der Zug hält, die Tür geht auf und plötzlich packt mich jemand an der Schulter. Ich reiße meinen Kopf herum und starre in bekannte Augen. Kingsley.Was will der denn schon wieder hier? Wird man den denn nie los? Was hat er da in der Tasche? Panik steigt in mir auf. Meine Freunde sind spurlos verschwunden. Oder? Nein, da sind sie! Sie stehen draußen auf dem Bahnsteig und studieren den Fahrplan. Merkt denn niemand, dass ich fehle? Hilfe!

"So sieht man sich wieder, Prinzessin!" Die Türen gehen zu. Nein! Was mache ich jetzt? Das war die letzte Station des Zuges! Kingsley stößt mich zurück, ich stolpere und falle. Der Zug fährt währenddessen rückwärts. "Gleich wird dieser Waggon abgehangen, Süße.", sagt er. Panik durchströmt mich. "Gleich war es das. Endgültig." Er packt mich am Arm und zieht mich durch die Waggons. Als ich aus dem Fenster schaute, merkte ich, das der Zug sich immer noch in rasender Geschwindigkeit fortbewegt. Bald haben wir das Ende des Zuges erreicht. Er wirft mir noch ein hässliches Grinsen zu und schlägt plötzlich die mit schwarzem Filzstift beschmierte Fensterscheibe ein. Der Zug wird langsamer, bald hält er an. Nun stehen wir. Regungslos stehe ich da, kann immer noch nicht fassen, wie mir geschieht, als ich plötzlich hoch gehoben werde und aus dem Fenster geschubst werde. Ich bin zwar nicht hart aufgekommen und konnte mich garnicht verletzen, jedoch wird mir schwindelig. Es scheint, als befände ich mich auf einem riesigen Karussell, welches nur darauf aus ist, mich abzuwerfen. Er spüre einen dumpfen Aufprall. Ich merke, wie sich mein Oberkörper langsam absenkt und schließlich auf dem weichen Gras liegt. Meine Gedanken scheinen in Zeitlupe zu passieren. Bilder in meinem Kopf verblassen. Feine, kalte Regentropfen streifen meine Haut. Meine Augen schließen sich und ich sehe nur die schwarze Nacht...

KatzenaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt