Gespannt lausche ich Elias' Worten.
Er erzählt mir ganz präzise seinen Plan und ich bin sofort hellauf begeistert.
"Leo! Elias! Macht schnell! Anne, hör auf! Lass sie!", schreit Alia. Erschrocken schaue ich durch die blank geputzte Glasscheibe und zucke zusammen. Anne ist zurück. Doch sollte ich mich freuen?
Anne rennt wütend herum und schubst Sophie immer wieder, bis sie hinfällt. Dann lacht Anne und packt auch schon Alia am Kragen, als sie versucht, Anne zu besänftigen. Doch hoffungslos. Sie ist sehr stark und flink."Hey, wir müssen uns beeilen." Zische ich Elias nervös zu.
"Jaja. Komm, hilf mir!" Elias klappt einen silbernen Laptop auf, der mit tausenden Schnüren verkabelt wurde. Dann öffnet er eine Software. "Nun brauche ich ein Foto von Anne. Ein möglichst aktuelles Bild."
Er hat gut reden! Wo soll ich denn jetzt ein Foto herbekommen?
"Elias, ich habe kein Foto!", piepse ich. Meine Hände zittern. "Leonie! Nicht dein Ernst! Was bist du denn für eine Schwester?!", mahnt er. Ich durchforste meine Taschen nach meinem Handy. Doch finden - finden tu ich nichts...
"Verdammt! Mein Handy ist nicht mehr da. Ich muss es verloren haben. Mist!", fluche ich. Fragend schaue ich in Elias' tiefbraune Augen. "Eine Möglichkeit gäbe es da noch. Aber es wird kompliziert. Und gefährlich.", murmelt er. Doch ich werde langsam ungeduldig: "Elias! Rede bitte nicht um den heißen Brei herum."
"Ja ja! Also, folgendes: Um den Verwandlungsprozess starten zu können, benötigt man ein Foto der zu verwandelnden Person. Das stand als Tipp in dem Beipackheft von eben. Jedenfalls müssen sie ja ein Foto verwendet haben um sie zu verwandeln. Und jetzt kommt dein Part: Du musst das Zimmer finden, in dem sie die Tabletten vorbereitet haben und das Bild suchen. Aber du musst auch gleich die Software zerstören um solche Vorfälle zu vermeiden. Schaffst du das?"
"Hm... ja. Ich muss es schaffen.", antworte ich langsam. "Du hast es erfasst. Du musst.", sagt er.
Ich hüpfe die schmale Treppe hinab und atme tief durch. Komisch, die ganzen "Wachmänner" sind weg... hm, mir soll's recht sein.
Ich setzte unsicher einen Fuß vor den anderen und fasse all meinen Mut zusammen. Alle zehn Schritte werfe ich vorsichtshalber einen Blick über die Schulter. Es kribbelt in sowohl meinen Fingerspitzen, als auch in meinen Zehen. Die erste Tür. Raum 33, steht an der Tür geschrieben. Ich drücke die Klinke hinunter und schaue mich in dem Raum um. Hm, ein ganz normaler Unterrichtsraum. Ich verlasse ihn wieder und gehe wieder auf den Flur. Dann erreiche ich das nächste Zimmer und durchsuche es schnell. Wieder nichts. Noch drei Räume werden von mir durchstöbert und als ich schon fast am Aufgeben bin, finde ich eine schwere neonorangene Tür, die durch einen kleinen hölzernen Keil einen Spalt offen gehalten wird.
Stimmen. Ich zucke zusammen. Renne hinter die nächste Ecke. Warte. Lausche. Atme nervös. Rede mir Mut zu. Endlich nach gefühlten 30 Minuten öffnet sich die Tür und zwei Personen treten lachend und plaudernd hinaus. Sie gehen gemeinsam den Gang entlang, bis sie die Treppe hinauf gehen und aus meinem Blickfeld verschwinden. Ein paar Sekunden halte ich noch Ausschau, dann mache ich mich auf den Weg zu dem Raum. Das muss er sein. Ich erreiche ihn und trete ein. Ja, das ist er. Ich befinde mich in einem kleinen Hörsaal. Vor mir steht ein etwa einen Kubikmeter großer schwarzer Kasten mit tausenden Lichtern, Schaltern, Knöpfen. Das muss die dritte Maschine sein. Das ist das Ding, das ich laut Elias Plan zerstören soll.
Aufgeregt hüpfe ich erstmal planlos im Raum umher wie ein aufgeschrecktes Huhn. Danach, als ich mich wieder gefasst hatte, suche ich auf dem großen langen Tisch (wahrscheinlich der Lehrertisch) nach dem Foto.
Doch vergebens. Ich finde nur viele Notizen, Kreidestaub, zersprungene Reagenzgläser und Magnesiumstückchen. Kein Foto. Als nächstes durchstöbere ich die Ablagen unter den Schülertischen. Auch kein Foto! Ich verzweifle, doch reiße mich trotzdem am Riemen. Als nächstes ziehe ich eine angewiderte Grimasse und greife mit spitzen Fingern in den Mülleimer. Ich wühle in einem ekligen Mix aus sehr alten Bananenschalen, Pausenbroten, Papierstücken, Fotofetzen, Plastikflaschen... FOTOFETZEN?! Ich springe vor Freude in die Luft und greife voller Elan wieder in den Müll. Lecker. Da fällt mir ein, ich habe schrecklichen Hunger. Naja, es gibt momentan wichtigere Dinge als meinen Hunger zu stillen. Die Bananenschalen streifen meine Hand. Aber... eigentlich müssten die jaa schon verrottet sein, ich dachte das ist eine verlassene Schule? Schule! Das habe ich ja ganz vergessen. Doch Moment... ich habe Ferien! Ich hatte zwar noch drei Tage Schule aber... Naja... egal. Schließlich gibt es wichtigeres als die letzten Schultage mit den Lehrern Tabu zu spielen, Filme zu schauen und Zeugnisse in die Hand gedrückt bekommen.
Ups, mein Zeugnis... pff. Wenn man krank ist, ist man eben krank."Ihh!! ", quieke ich, als eine riesige Spinne meine Hand entlang krabbelt. Schnell schüttle ich meine Hand wie eine Irre mit einem angewiderten Gesicht. Das Ekeltier landet auf dem Fußboden und huscht in die nächstbeste Ecke. Erleichtert atme ich aus. Etwas behutsamer lasse ich meine Hand noch einmal in die Tiefen des Mülls gleiten und wühle herum.
"Aha!", mache ich, während ich einen großen Fetzen Papier in der Hand halte, dessen Oberfläche leicht klebend ist, wie die eines Stück Fotopapieres. Ich drehe es um und betrachte es mit glücklichem Gesicht. Ich sehe ein hübsches Mädchen mit roten Haaren, einer hübschen Nase und hübschen roten Lippen. Doch Anne lächelt nicht, sondern macht ein eher verschrecktes Gesicht. Wahrscheinlich halte ich einen Schnappschuss in der Hand, der gemacht wurde, als Anne damit nicht gerechnet hat. Doch die obere linke Ecke des Bildes fehlt. Ein relativ kleiner Teil, doch ich denke nicht, dass Anne für den Rest ihres Lebens ohne die rechte obere Ecke ihres Kopfes herumlaufen möchte. Ich krame und suche, bis ich endlich beide Teile habe.
Dann betrachte ich die Maschine und den nebenstehenden Laptop. Schnell entschließe ich mich dazu, irgendwas zu suchen, womit ich die beiden Dinger kaputt schlagen kann. Mit schlechtem Gewissen nehme ich Anlauf und springe mit Leibeskräften auf den Laptop. Das Glas zersplittert. Sonst nichts. Ich schaue aus dem Fenster. Nichts als Gras und Blumen. Das muss wohl der Schulgarten sein.
Ich erblicke plötzlich eine Gießkanne und ein kleines Fass. Ja! Das ist es! Ich öffne das Fenster. Ich schiebe einen Fuß auf das Fensterbrett. Nun den zweiten. Anschließend hüpfe ich auf den Boden. Zum Glück waren die Typen im Erdgeschoss... Ich spaziere zu der Gießkanne, kann es aber nicht lassen, wenigstens einmal an der wunderschönen roten Rose zu riechen.
Als ich wieder im Zimmer bin, gieße ich genüsslich und breit grinsend das Wasser über die Dinger, welche ein paar minikleine Funken sprühen und ein wenig Rauch qualmt aus der Lüftung des PCs. "Ups!", lächle ich sarkastisch und spiele das brave Mädchen.
"Elias! Ich hab das Bild.", erzähle ich ihm und wedele mit dem Bild in der Hand, während ich die Treppe wieder hinuaf steige. "Sehr gut. Hast du die Maschinen kaputt gemacht?", fragt er, worauf ich ihm ein Ja gebe.
"Na dann, packen wir es an.", murmelt er. Ich nicke.
Es ertönen laute Schritte. Anscheinend trampelt gerade eine Elefantenherde die Treppe hoch. Alia und Sophie kommen hereingestürmt.
"Anne dreht durch. Sie schubst uns andauernd und erzählt irgendwas davon, wie hinterlistig du doch wärst und dass wir ihr helfen sollen, zu fliehen.", schnauft Sophie.
"Wir haben sie eingesperrt in dem Saal. Die Tür ist jetzt verriegelt. Wie läufts bei euch?"
"Schh!", zischt Elias konzentriert. Er arbeitet bereits angestrengt am Computer. Gespannt warten wir.
Dann endlich bricht er das Schweigen: "Ähm, Leo... jetzt kommt der schwierigste Part. Dabei kann dir nicht wirklich wer helfen."
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Das wars auch schon wieder! Bis zum nächsten Kapitel.
Alles Gute und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
bis bald.
Ganz liebe Grüße:
Lara :*
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Katzenaugen
FantasyKlackernde Absätze auf dem Asphalt. Eine sprechende Frau. Leonies Füße bewegen sich wie von allein zum Fenster. Draußen, unter der strahlenden Straßenlaterne, telefoniert eine Frau. Sie dreht sich um. Doch gerade als Leonie sich verstecken wollte, k...