29. Kapitel

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"Was muss ich tun?", frage ich Elias. Er runzelt einen Augenblick die Stirn, ehe er spricht: "Ich nehme mal an, du kennst Anne am Besten, nicht wahr?"
Ich nicke.
"Und deswegen kannst du auch am besten Annes Eigenschaften vor ... Naja von früher angeben. Hab ich Recht?"
Wieder nicke ich nur.
"Also. Hier auf dem PC hab ich mich eingeloggt und das Programm gefunden. Etwas kompliziert aber die Grundstruktur ist recht amateurhaft. Jedenfalls werden wir jetzt das von dir gefundene Foto einscannen und schauen, ob man die Rissstellen sehr sieht. Wenn dies der Fall ist, suchen wir den Scan. Dann musst du die Persönlichkeit beschreiben. Also Annes Charakter, sprich Eigenschaften, Lieblingssachen und so weiter. Vielleicht ist es nötig, ihre Freunde anzugeben, aber ich denke nicht. So tief kann man nämlich in den Geist eingreifen. Freunde haben nämlich etwas mit Erinnerungen zutun. Und die verliert man nicht so leicht. Alles klar?"
Noch einmal nicke ich, diesmal selbstbewusst und mutig.
"Gut. Dann los.", sagt er und lächelt mich an.
Zuerst bittet Elias mich Annes vollständigen Namen einzugeben.
"Anne Sophia Bleier ", tippe ich ein.
Danach, die anderen gehen schweigend aus dem Raum, soll ich Annes Eigenschaften auf einen Zettel schreiben. Ich muss mich total konzentrieren und bei der puren Wahrheit bleiben.
Wenn nur eine Eigenschaft fehlt bzw. falsch ist, wird die ganze Realität, insbesondere das Raum-Zeit-Kontinuum, durcheinander gebracht.
Und das darf unter gar keinen Umständen eintreten.

Ich sitze in einem Sessel, die Knie eng angezogen, und kaue ein wenig auf meinem Bleistift herum, während ich mein Blatt herumgewirbele.
Kurz lese ich, wozu ich schon gekommen bin:
-hübsch (Gott bin ich oberflächlich)
-freundlich
-hilfsbereit
-etwas eitel
- intelligent
- mathematisch-chemikalisches Genie

Nervös trommele ich mit den Fingerspitzen auf den Papier herum.
Angespannt überlege ich weiter.

- rechthaberisch
- eigenwillig

Hm, das müsste reichen.
Ich wippe mit meinen Beinen. Betrachte meine Fingernägel.
Der hellrosa Nagellack war schon abgeblättert und man sieht nur noch ein paar Reste. Dreckig sind sie auch. Nahezu rabenschwarze Färbungen zeichnen sich unter den Rändern ab.
"Elias! Ich bin fertig!", rufe ich. Viele Schritte sind zuhören und dann strömen meine Freunde herein.
"Das sind meine Ideen. Sophie? Du kennst Anne mindestens genauso gut wie ich. Hast du noch ein paar Vorschläge?"
Sie schaut sich die Liste an.
"Hm, du hast schon viel gefunden. Aber ich würde vielleicht noch optimistisch ergänzen."
"Ja das ist gut.", antworte ich und kritzele es auf die Liste.
Lächelnd reiche ich sie Elias, woraufhin er sie interessiert studiert.
"Ja, das müsste reichen. Sehr schön."
Elias übernimmt alles in den Computer.
Anschließend kleben Sophie und Alia das Foto mit reichlich Klebeband zusammen.
Ein Stück verfängt sich in Alias langen Haaren. Lachend helfen wir ihr, den Klebestreifen wieder heraus zuoperieren.
Danach scannt Elias das Foto in den Computer ein, welches im Papierkorb lag.
Ein Foto von meiner Schwester füllt nun das große Display aus.
"So wird deine Schwester - wenn alles gut geht - wieder aussehen."
Nickend reiche ich ihm das kleine Handbuch. Er blättert darin herum und bedient analog den PC. Gebannt schaue ich ihm zu und verfolge jeden Handschlag. Auch Sophie und Alia schauen ihm gespannt zu. Schließlich, nach ca. 15 Minuten, bittet er mich, den letzten Button zu betätigen.
Ich schließe die Augen. Langsam und vorsichtig führe ich meinen Finger zur Tastatur, kneife aber ab und zu ein Auge auf, damit ich auch ja die richtige Taste treffe. Ich habe sie erreicht. Enter. Soll ich? In Gedanken singe ich ein Lied um mich abzulenken. Dann atme ich tief durch und drücke die Taste. Ein lautes "Pling" ertönt. Dann beginnt es zu rauschen und zu rattern. Wo kommt es bloß her? Wir schauen uns um. Sophies Blick bleibt auf dem Boden haften. "Die Geräusche kommen von unten.", flüstert sie.
Wie auf Kommando stürmen wir los und rennen die Treppe herunter. Unter der Treppe befindet sich eine Tür. Eine winzig kleine Tür.
Mein Ohr Presse ich gegen die Tür. Das Rattern ist sehr laut. Es kommt aus dieser Kammer hinter der Tür.
Sophies Hand umschließt den Türknauf. Langsam dreht sie ihn im 90° nach rechts.
Abgeschlossen.
"So ein Mist! Kingsley hat die Tür verschlossen!", schimpft Sophie.

"Oh! Lass mich mal ran.", sagt Alia und stolziert mit leuchtenden Augen zu uns.
Ihr Blick wandert von mir zu Sophie.
Schließlich zieht sie sich eine Haarspange aus ihrem Zopf. Prompt fällt eine feine Haarsträhne in ihr Gesicht, welche sie lässig wegpustet.
Lächelnd aber konzentriert piekt sie mit der Spange im Schloss umher. Clever! Sie benutzt sie als Dietrich!
Wow, wie im Film.
Ein leises Klacken ertönt.
Die Tür schwingt knarzend auf.
"Voilà!"
Ich falle ihr um den Hals. "Danke! Alia, du bist toll."

Währenddessen betritt Sophie den Raum.
Ihr Mund bleibt vor Erstaunen offen stehen.
"Wahnsinn.", haucht sie.

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