Weihnachtsspezial

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Rückblick:

Eine Hand wurde ausgestreckt und kleine Schneeflocken landeten darauf. Die kalte Luft machte den Atem des Elbenkindes sichtbar. Es stand auf dem Balkon vor seinem Zimmer. Dicke Wollkleidung hielt ihn warm. Der Junge beobachtete die Schneeflocken, die auf seiner Hand schmelzen. Sein Blick ging weiter zum Wald. Die Bäume waren voller Schnee und sahen mystisch aus. Den Schnee darunter durchzogen nur vereinzelt Spuren von Tieren. Wie gerne hätte der Elb dort gespielt, aber bald kam Besuch. Freunde von seinen Eltern, die er noch nicht kannte oder sich eher nicht daran erinnern konnte. Laut seiner Mama hatten sie sich vor Jahren getroffen als der Junge noch ein Baby war. Jetzt war er acht Jahre alt.
Die Tür zu seinem Zimmer ging auf und kurz darauf legte sich eine warme Hand auf seine Schulter. „Unsere Gäste sind bald da. Kommst du bitte in die Eingangshalle?“, fragte seine Mutter. Der Elbenjunge löste sich schweren Herzens und lief mit ihr nach drinnen. Bevor sie das Zimmer verließen, kniete sich die Elbe vor ihrem Sohn hin. In ihren Händen hielt sie einen silbernen Stirnreif. Der Junge musterte ihn kritisch. Erst die feine Kleidung, jetzt noch den Stirnreif, konnte er nicht einfach mit normalen Sachen hinuntergehen? „Möchtest du nicht wunderschön aussehen, wenn unsere Freunde kommen? Sie bringen auch ihre Tochter mit. Sie ist zwei Jahre jünger als du, Legolas.“ Ein Mädchen?! Er hätte sich lieber einen Kumpel gewünscht mit dem er dann spielen konnte. Was sollte man denn mit einem Mädchen anfangen? Die spielten doch mit Puppen und wollten bestimmt nicht in den Schnee, weil ihre Kleidung schmutzig werden könnte.
Legolas‘ Miene wurde trotzig und enttäuscht. Seine Mutter konnte nur erahnen, was in ihrem Sohn vor sich ging. Sanft berührte sie seine Wangen und schaute ihn direkt in die Augen. „Gib ihnen bitte eine Chance. Mach es wenigstens für mich.“ Bei dem bittenden Blick der Elbe gab Legolas auf. Er nickte leicht. Lächelnd setzte ihm seine Mama den Stirnreif auf und ging mit ihm in die Eingangshalle.
Dort stand sein Vater in königlicher Pracht. Sein Gesicht zierte ein Schmunzeln als er seine beiden Lieblinge erblickte. Thranduil gab seiner Frau einen Kuss und legte die Hand auf die Schulter seines Sohnes.
„Mein König, die Fae sind hier.“, rief ein Elb. Thranduil machte eine Handbewegung und die Türen wurden geöffnet. Ein Mann betrat die Halle und an seinem Arm führte er eine Frau. Beide trugen dicke Winterkleidung wie Stiefel, Hosen, Oberteile und Mäntel. Die Haare des Mannes waren dunkel mit einem Blauschimmer und die der Frau hellblond.
Thranduil und der Fae fielen sich in die Arme, während sich die Frauen lächelnd begrüßten. „Es ist schön euch wiederzusehen, Edalon.“ Legolas‘ Vater nahm etwas Abstand und legte dann seine Hand auf den Rücken seines Sohnes. „Das ist Legolas.“ Der Genannte begrüßte höflich das Faepaar. „Willst du dich nicht auch vorstellen?“, fragte Edalon hinter sich. Zwischen den Fae erschien ein kleines Mädchen. Ihr Lächeln und ihr wunderschönes Aussehen verzauberten Legolas. Ihre weißen Haare fielen wellenartig hinunter und sie trug fast die gleiche Kleidung wie ihre Eltern. „Hallo, ich bin Faya.“ Das Mädchen verbeugte sich leicht. Thranduil stupste seinen Sohn an. Dieser verbeugte sich schnell und schaute verlegen weg. Was war mit ihm los? Keinem schien es wirklich aufgefallen zu sein. Sie gingen in Richtung Speisesaal und Faya fragte Thranduil viel über das Schloss. Da die Eltern von Legolas schon öfters zu den Fae gereist waren, kannten sich alle schon. Nur Legolas wollte nie mit, sondern lieber mit seinen Freunden spielen oder trainieren.
Die Freunde liefen in den gemütlichen Wohnraum der Elben, wo auf einem niedrigen Tisch schon Kuchen, Plätzchen und Getränke bereit standen. In der Ecke knisterte ein Kaminfeuer und daneben stand ein geschmückter Weihnachtsbaum. Während des Essens redeten die Erwachsenen, wobei die Kinder eher wenig sagten. Legolas überlegte sich schon die ganze Zeit, wie er dem hier entkommen könnte. Doch das Mädchen kam ihm zuvor. „Thranduil, wann zeigst du mir deinen Hirsch? Du hast versprochen, ich darf ihn sehen.“ Die Erwachsenen unterbrachen ihr Gespräch.
„Mmh. Legolas könnte dir den Stall zeigen. Wenn dein Vater nichts dagegen habt, dürft ihr euch woanders vertun.“, antwortete der Elbenkönig, der Legolas auch schon beobachtet hatte. Faya schaute zu ihrem Vater und dieser gab seine Zustimmung. Erfreut sprang die kleine Fae auf, gefolgt von Legolas. Als der Junge an der Tür stand, rief ihn nochmal Thranduil. „Legolas. Macht keinen Unsinn und pass auf Faya auf. Sie ist jünger als du und kennt sich hier nicht aus.“ Sein Sohn nickte verstehend und lief auf den Flur. Dort wartete eine aufgeregte Fae auf ihn. Vielleicht war sie doch anders, als normale Mädchen. Legolas lief voraus und wenig später befanden sie sich vor dem Stall. Erstaunt lief Faya die vielen Boxen entlang und schaute in jede rein. „Das ist Arod, mein Pferd.“ Der Elb zeigte auf ein junges weißes Pferd. „Oh, das sieht hübsch aus.“ Faya streckte die Hand aus und berührte die weichen Nüstern. Arod schnaubte sanft. Ihm schienen die Berührungen zu gefallen. Legolas streichelte seine Mähne und beobachtete die Fae.
Ihr Lächeln und das Funkeln in den Augen sahen so schön aus. Fayas goldene Augen trafen auf Legolas und schnell schaute der Prinz weg. Der Fae fiel sein merkwürdiges Verhalten nicht auf. „Wo steht der Hirsch von Thranduil?“, fragte sie und blickte sich um. Der Elb führte sie weiter zu einem Teil des Stalls, wo die Boxen einen Auslauf besaßen. In der größten stand erhaben ein Hirsch mit großem Geweih. Faya betrachtete fasziniert das Geschöpf vor ihr. Sie streckte vorsichtig die Hand aus. „Hallo, ich bin Faya.“, flüsterte sie. Der Hirsch trat näher und berührte ihre Hand mit der Schnauze. Die Fae lächelte. „Ja, weil unsere Eltern drinnen sind und lieber reden wollen.“ Legolas schaute verdutzt zu Faya. Mit wem redete sie? „Er ist sehr freundlich.“, sagte das Mädchen und schaute zu dem Jungen. Sie musste offensichtlich ihn meinen. Legolas fuhr sich verlegen durch die Haare. Da fiel ihm auf, dass auch der Hirsch zu ihm blickte. „Kannst du mit dem Hirsch reden?“, fragte der Elb erstaunt. Faya kicherte und nickte. „Ich kann alle Tiere verstehen und mit ihnen reden.“
„Wow, können das alle Fae?“
„Nein, nur ein paar.“ Legolas war näher an Faya heran getreten. Er war begeistert von ihren Fähigkeiten und wollte mehr über diese herausfinden. In diesem Moment betrat eine Elbe den Stall. „Legolas und Prinzessin Faya, eure Eltern haben nach euch verlangt.“, sagte sie. Die Kinder liefen wieder ins Schloss und in den Wohnraum. Dort saßen immer noch die Erwachsenen. Faya setzte sich auf die Beine ihrer Mama und erzählte von Arod und dem Hirsch. „Das klingt als hättet ihr euch angefreundet. Ist es okay, wenn wir noch etwas länger bleiben?“, fragte Eladon seine Tochter. Diese nickte sofort erfreut und auch Legolas war nicht ganz abgetan von der Vorstellung noch etwas mehr Zeit mit dem Faemädchen zu verbringen. Da die Eltern schon vorher darüber geredet hatten, stand dem Vorhaben nichts mehr im Wege. Sie verbrachten die Zeit zusammen im Speisesaal und in der Nähe eines gemütlichen Kaminfeuers bis es ins Bett ging.

Stille legte sich über den Wald und es begann wieder ein wenig zu schneien. Alle schliefen bis auf Faya. Sie lag in ihrem Bett im Einzelzimmer und beobachtete die Flocken vor ihrem Fenster. Sie konnte noch nicht schlafen und als sie die Tür aufgehen hörte, wusste sie, dass sie nicht die einzige war. Legolas stand im Türrahmen. „Bist du auch noch wach?“ Die Fae nickte und richtete sich auf. Legolas, in leichter Hose und Hemd gekleidet, ging ein Stück näher zum Bett. „Soll ich dir einen geheimen Ort zeigen?“, fragte der Junge flüsternd. Die Augen des Mädchens funkelten vor Aufregung und sie sprang aus dem Bett. Schnell warf sie sich einen Mantel über ihr Nachtkleid und begleitete den Elben nach draußen.
Es war ziemlich dunkel in den Gängen und sie liefen viele Treppen nach oben. Einmal rutschte Faya fast aus. „Nimm meine Hand.“, sagte Legolas. So kletterten sie Hand in Hand weiter nach oben. Der Junge stieß eine Klappe auf und dann standen sie auf einer Plattform in den obersten Ästen eines großen Baumes. Eine einzelne Flacke erleuchtete die Holzdielen. Die Fae blickte sich neugierig um. „Hier komme ich gerne her, wenn ich in Ruhe gelassen werden will.“, erklärte der Elb, „Aber weißt du, was ich am meisten an diesen Ort mag?“ Faya schüttelte den Kopf. Legolas winkte sie näher zu sich und löschte die Fackel. Das Mädchen musste etwas blinzeln um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Ihr Blick ging nach oben und vor Erstaunen blieb ihr der Mund offen stehen. Am Himmelszelt leuchteten unendlich viele Sterne. Manche schwacher, manche heller. Es sah wunderschön aus.
Plötzlich flog eine Sternschnuppe vorbei. „Ich möchte mir zuerst etwas wünschen.“, meinte der Junge und schaute zu Faya runter, die ihn aus großen Augen ansah. „Ich wünsche mir, dass wir Freunde sind.“ Auf beiden Gesichtern begann sich ein Lächeln auszubreiten. Die nächste Sternschnuppe zog am Himmel voran. „Ich wünsche mir, dass wir immer Freunde bleiben.“ Faya umarmte Legolas nach ihrem Satz stürmisch. Der Elb war überrascht und legte seine Arme vorsichtig um die jüngere.

Es sollte der Anfang einer tiefen Freundschaft sein, die trotz jahrelanger Trennung nicht verschwand, sondern sich verstärkte, bis sie zur Liebe wurde.

Ich wünsche euch allen Frohe Weihnachten 🎄 und schöne Festtage mit eurer Familie und Freunden. Später dann ein gutes neues Jahr 🎆.
Bis bald...

Die letzte FaeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt