»15« qualvolle Erinnerung

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Valentina
Amerika, Chicago

vor zwei Jahren

Nach einem langen Schultag konnte ich endlich den Klassenraum verlassen und hinaus in die Freiheit stürmen. Als ich vor meiner Schule wartete, konnte ich endlich durchatmen.
Der ganze Lernstoff war einfach nur noch anstrengend. Aber ich musste Gas geben, denn das war mein letztes Jahr, und mein Abschluss musste perfekt sein, um auf meine Wunschuni zu angenommen zu werden.

Nach fünf Minuten des Wartens sah ich einen schwarzen Jeep heranfahren.
John, mein Chauffeur, stieg aus dem Auto und eilte zur hinteren Tür, um sie mir zu öffnen.
Ich hasste es, wenn John das machte.
Meine Eltern zahlten ihm zwar ein Vermögen dafür, aber ich fühlte mich extrem unwohl dabei, so behandelt zu werden, als wäre ich die Königin von England.
Ich ging auf das Auto zu, und mein Blick sagte John bereits alles.

Dankend nickte ich ihm zu und ich setzte mich anschließend in das Auto hinein. Als John die Tür wieder schloss, eilte er wieder nach vorne und nahm seinen Platz ein.
John, ein Familienvater in seinen mittleren Fünfzigern, arbeitete bereits seit Jahren für meine Eltern. Er war immer loyal und hatte unserer Familie nie etwas Schlechtes angetan.
Ich mag John.

„Das nächste Mal öffne ich mir die Tür selbst", sagte ich und funkelte ihn gespielt böse an.
John warf einen Blick in den Rückspiegel und sah mich belustigt an.
„Irgendwann werde ich es mir merken, versprochen."
Er startete den Wagen und fuhr los.

Nach etwa zwanzig Minuten Fahrt durch eine malerische Allee erreichten wir eine große Villa mit einem glänzenden Tor und einem weitläufigen Hof.
Mein Zuhause, auch wenn es sich nicht wirklich so anfühlte.

„Danke fürs fahren, John", sagte ich und lächelte ihn warm an, bevor ich aus dem Auto stieg. Als ich die Villa betrat, warf ich meine Tasche in irgendeine Ecke und sprintete hoch in mein Zimmer. Von meinen Eltern war keine Spur, aber das wunderte mich auch nicht. Sie waren selten zuhause, da sie wegen der Arbeit gefühlt nur unterwegs waren. Das bedeutete auch, dass ich neunzig Prozent meiner Jugend alleine hier verbrachte. Meine siebzigjährige Demenz kranke Oma wohnte zwar bei uns und hatte in dieser Zeit die Verantwortung für mich, aber das brachte nicht wirklich viel.

In meinem Zimmer angekommen, zog ich die Schuluniform aus und warf sie in meinen Wäschekorb. Aus meinem Schrank holte ich mir eine Jogginghose und einen Pullover heraus. Ich wollte es jetzt einfach nur gemütlich haben.

Meinen knurrenden Magen ignorierte ich, da ich viel zu müde war, um jetzt noch etwas anderes zu tun als zu schlafen.
Also legte ich mich in mein warmes Bett und bevor ich meinen täglichen Mittagsschlaf machte, überprüfte ich noch einmal meine E-Mails.

Als auch das erledigt war, kuschelte ich mich unter meine Decke und schloss meine Augen.
Ich versuchte zu träumen, aber wie erwartet gelang es mir nicht.

Nach fünf Minuten wurde mein Wunsch zu schlafen auch schon zerstört. Ich horchte auf das knirschende Geräusch der Tür, und meine Aufmerksamkeit war nun darauf gerichtet.

Jemand öffnete meine Tür, und dieser jemand schloss sie auch wieder hinter sich ab. Panik durchlief meinen Körper. Ich wusste ganz genau, wer das war. Wer sich in mein Zimmer geschlichen hatte und jetzt vor meinem Bett stand. Er musterte mich und ich wusste ganz genau, wer es war.
Ich weigerte mich dennoch meine Augen zu öffnen.
Er sollte nicht wissen, dass ich wach war.

Lorenzo de Santis | Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt