»32« das Spiel

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Valentina
Amerika, Chicago

Lorenzo befahl mir, mich genau dort in der Mitte des Raumes zu positionieren, nicht all zu nah an ihm und der Leiche, aber auch nicht zu weit weg.
Ich saß mittlerweile auf einem abgenutzten kleinen Holzstuhl und ignorierte die Tatsache, dass er gerade dabei war, einen Menschen zu zerlegen, als wäre es das normalste der Welt.
Inzwischen hatte er bereits das rechte Bein, den rechten Arm und einen Ohr abgetrennt.
„Vergiss nicht, immer ehrlich zu sein", sagte er.

„Wenn ich das Spiel verliere, welche Konsequenzen erwarten mich dann?"
Lorenzos Grinsen wurde teuflisch.
„Dann wirst du ihm den Kopf abhacken müssen", verkündete er und zeigte mit der Blutbefleckten Säge auf die Kehle der Leiche.
Ein nervöses Schlucken entkam mir. Der Gedanke daran, dass es tatsächlich so weit kommen könnte, ließ mich erstarren. Doch meine Miene blieb entschlossen und mein Blick unbeirrt.
Was sollte schon geschehen, bei paar Fragen?

Lorenzo positionierte die Säge an der Hüfte der Leiche, während er meinen Blick suchte.
„Wie alt bist du?", fragte er.

„Ich bin dreiundzwanzig."

„Wie groß bist du?"

„1,60cm."

„Hast du Geschwister?"

„Nein."

„Was ist deine Lieblingsbeschäftigung?"

„Ich liebe es zu lesen und Sport zu treiben."

„Erste Lüge!"

„Du gehst nicht zum Sport", fügte er hinzu.

Verärgert sah ich ihn an.
„Das weißt du doch gar nicht!"

Lorenzo nickte und wandte sich wieder der Hüfte zu, die er begann zu zerschneiden.
Die Säge bewegte er rauf und ab während seine Adern pulsierten vor Anstrengung. Ich verstand nicht genau, was er bezwecken wollte. Es waren doch nur harmlose Fragen; warum sollte ich lügen?
Er erkannte meine Verwirrung, und sein Gesicht nahm rasch einen düsteren und ernsten Ausdruck an.

„Zieh deine Hose aus", sagte er mit einem kalten Unterton.
„Nein, das zählt nicht", widersprach ich.
Lorenzo drehte seinen Kopf zu mir, und sein Blick druckte alles andere als Zufriedenheit aus.
„Hast du die Spielregeln vergessen? Zieh deine verdammte Hose aus."
Die Atmosphäre wurde zunehmend angespannt, und ich beschloss, meine Dickköpfigkeit beiseite zu schieben und zu gehorchen.
Ich spürte, wie die Aufregung in mir wuchs.
Auch wenn er meinen Körper inzwischen kannte und ich eigentlich keinen Grund zur Scham hatte, war ich nervos. Die Intimitat machte die Situation nicht weniger surreal.
Er war immer noch mein Entführer, und ich sein Opfer.

Langsam erhob ich mich und begann, meine Hose aufzuknöpfen. Während Lorenzo weiter die Leiche quälte, richteten sich seine Augen auf mich. Mit jedem Schritt, den ich näher kam, schien er in einen tranceartigen Zustand zu verfallen. Eine leichte Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut, als ich meine Hose Stück für Stück herunterzog und mehr von meiner Haut freigab.
Wow, das fühlt sich an wie ein schlechter Porno.

Als meine Hose schließlich auf dem Boden landete, saß ich in meinem schwarzen Höschen da und spürte die peinliche Hitze in meinem Gesicht. Ich verschränkte meine Arme vor mir und konnte das unangenehme Gefühl nicht abschütteln.

Lorenzo riss sich schnell zusammen, und seine Augen nahmen wieder diesen düsteren Ausdruck an.

„Wie viele Männer waren schon in dir, cuore mio?"
Seine Stimme klang bedrohlich und zornig. Nervös kaute ich auf meiner unteren Lippe herum. Warum stellte er mir solche Fragen?
Was hattest du erwartet, dass er dich jetzt nach deiner Lieblingsfarbe fragen würde?

Innerlich verdrehte ich genervt die Augen.
Nein, das hatte ich mir nicht gedacht.
Eher etwas Dunkleres, wie ob ich mal jemanden umgebracht hätte oder so. Sexuelle Themen sind nichts, über die ich gerne spreche.

Was wollte er jetzt von mir hören?
Ich hatte nur mit zwei Männern in meinem Leben geschlafen. Mit Lorenzo selbst und ... ihm.

Er, der mich immer nach der Schule aufsuchte und sich mit mir ins Bett legte.

Er, der mich nie gefragt hatte, ob ich seine Berührungen auf meiner Haut überhaupt wollte.

Er, der mir drohte, dass er meine Eltern töten würde, wenn ich ihnen alles erzählen würde.

„Valentina?"
Ich hob den Blick zu dem Stirnrunzelnden Lorenzo. Seine Miene verriet mir, dass sein Kopf von unzähligen Fragen durchflutet war. So vertieft war ich in meine Gedanken versunken gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, dass er mit mir sprach.
„Worüber hast du nachgedacht?"

Meine Stimme stockte, als ich antwortete:
„N... nichts." Ich vermied seinen Blick.
Lorenzo legte die Blut beklebte Säge zur Seite und fixierte mich mit schmalen Augen.
„Lüg mich nicht an!"
Er erhob sich und näherte sich mir bedrohlich.
„Ich frage dich noch einmal, Valentina.
Worüber hast du nachgedacht?"
Meine Hände begannen vor Nervosität zu schwitzen.
In dem schwachen Licht wirkte Lorenzo, blutverschmiert und mit dem Messer in der Hand, wie ein Mann, der bereit war zuzuschlagen.
Ja, er wäre dazu ohne Zweifel fähig.

„Antworte!" knurrte er, und seine Augen spuckten förmlich Feuer. Ich zuckte vor Schreck zusammen und dachte konzentriert nach, um eine überzeugende Lüge zu finden.
„Ähm... Ich... ich habe darüber nachgedacht, wie..." Eine kurze Pause, und plötzlich wurde mir bewusst, wie eng Lorenzo und ich beieinanderstanden. Der Geruch von Eisen und Verwesung drang in meine Nase, als er immer näher zu mir kam.
„... wie ich dich umbringe!"
Die Worte entwichen mir, während ich versuchte, einen bedrohlichen Blick aufzusetzen, obwohl mein Körper vor nervöser Erregung bebte.

Anstatt dass Lorenzo sich beruhigte, schien meine Antwort ihn nur noch wütender zu machen.
„Die zweite Lüge", knurrte er und setzte das Messer an mein Shirt an und riss es dann durch die Mitte. Fassungslos starrte ich auf mein zerrissenes Shirt. „Was tust du da?!"
„Hast du die Regeln vergessen?", sagte er ruhig und schnitt dann meinen BH auf.
Ich versuchte, meine Brust schnell mit meinen Armen zu bedecken, spürte jedoch, wie meine Wangen vor Scham glühten.

Ich war überfordert. Ich konnte Lorenzo nicht die Wahrheit sagen, aber gleichzeitig konnte ich ihn auch nicht anlügen.
„Letzte Chance, sonst ist das Höschen auch weg. Worüber hast du nachgedacht?", drohte er mir mit einem kalten Unterton.

Für einen kurzen Moment erwog ich, Lorenzo die Wahrheit zu offenbaren. Die Wahrheit über die jahrelange Vergewaltigung von meinem Bodyguard. Meine Eltern waren selten zu Hause, was ihn in meiner Nähe hielt. Er sorgte dafür, dass ich pünktlich zur Schule ging, meine Hausaufgaben erledigte und rechtzeitig schlafen ging. Doch er hatte auch andere, Absichten...

Ich blickte tief in seine Augen und kämpfte darum, die Worte nicht auszusprechen.

„Ich habe es dir bereits gesagt, Lorenzo", erklärte ich ruhig und kontrolliert, während meine Augen die seinen suchten.
„Ich habe darüber nachgedacht, wie ich dich am besten beseitigen kann, um hier zu verschwinden."
Ich konnte sehen, wie er grübelte, während er meine Worte verarbeitete. Er überlegte, ob ich die Wahrheit sagte oder nicht. In dem Moment, als ich dachte, dass ich damit durchgekommen war, traf mich ein Schock.

Lorenzo setzte die Messerspitze unter mein Kinn an und hob meinen Kopf an, sodass ich ihm direkt in die Augen sehen konnte.
„Steh auf", befahl er. Was hatte er jetzt vor?
Ich gehorchte langsam, und die Spitze des Messers drang in mein Fleisch ein, während seine Augen mich durchdrangen.

„Ich glaube dir kein Wort. Nicht im Geringsten. Und wenn du es mir nicht sagen willst, werde ich die Antwort aus dir heraus ficken müssen."

Lorenzo de Santis | Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt