»16« eine Frau wie jede andere

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Lorenzo
Amerika, Chicago

Nachdem ich gestern Abend Valentina ohne ein weiteres Wort verlassen hatte, gingen mir Gedanken durch den Kopf. Ich hatte ihr Mitgefühl gezeigt, obwohl ich sie in dem Moment so sehr spüren wollte. Ich brach das Spiel ab, obwohl ich ihre Angst so sehr kosten wollte. Was war nur los mit mir? Seit wann verhielt ich mich gegenüber einer Frau so schwach?
Das passte nicht zu mir.
Entweder nutzte ich Frauen nur für den Sex oder sie arbeiteten für mich. Mehr nicht.

Ich tippte weiter auf meinem MacBook und nahm einen Zug von meiner Zigarette. Den Rauch blies ich wieder aus und mir wurde klar, dass meine Gedanken mich immer noch nicht in Ruhe ließen.

Warum ließ Valentina mich so fühlen?
Sie war doch nur eine Frau wie jede andere.
Bist du dir sicher, dass sie wie jede andere ist?

Meine innere Stimme ignorierte ich gekonnt.
Ich werde solche Gedanken niemals an mich heran lassen.
Ich passe einfach nicht in das Standard-Schema.
Ich bin nicht der Typ Mann, der sich in eine Frau verliebt und Versprechen machen will. Ich möchte nicht in einem Haus leben, mit Frau und Kinder, und das gleiche Leben führen wie jeder andere auf dieser Welt.

Dafür bin ich nicht gemacht.
Meine Bestimmung liegt darin, Geld zu verdienen, die Firma und meine anderen Geschäfte am Laufen zu halten, sie zu verbessern und zu erweitern.
Ich entschied mich, die Gedanken über Valentina zu verdrängen und widmete mich erneut meiner Arbeit.

Plötzlich blitzte mein Handy auf, ein Anruf von Carlos.
Neugierig blickte ich auf meinen Bildschirm und nahm schließlich den Anruf an.

„Ich möchte dich nicht stören, und ich weiß, du hast viel zu tun-", begann Carlos, aber ich unterbrach ihn mit einem genervten Schnauben. „Was ist?"

Langsam lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und nahm einen weiteren Zug von meiner Zigarette.

„Eine deiner Mädchen wurde gestern Abend von einem Kunden vergewaltigt. Wir konnten es nicht rechtzeitig aufhalten und-"

Den Rauch ließ ich daraufhin aus meinen Lungen entweichen, bevor ich die Zigarette ausdrückte.

„Sein Name und seine Adresse. Sofort", unterbrach ich ihn und knallte wütend das Telefon auf meinen Tisch. Meine Hände ballten sich automatisch zu Fäusten, während mein Herz anfing zu rasen.
Ich schloss meine Augen und kämpfte darum, meine Wut unter Kontrolle zu halten.
Meine Männer hatten nur einen Job.
Einen verdammten.
Sie sollten für die Sicherheit der Frauen sorgen.

„Fuck!"
In hektischer Eile sprang ich auf, schlüpfte in mein Jackett und verließ mein Arbeitszimmer.
Mit zügigen Schritten eilte ich die Treppen hinunter, bis ich schließlich vor der Haustür stand. Dieser Bastard wird bis zum heutigen Abend seine gerechte Strafe erhalten. Ich werde persönlich dafür sorgen.

Als ich gerade durch die Tür gehen wollte, wurde ich von einem festen Griff auf meiner Schulter gestoppt. „Lorenzo?"

Ich erkannte sofort, wer mich störte. Elijahs raue Stimme würde ich überall wiedererkennen.

Als ich mich umdrehte, trafen meine Augen auf seine dunklen Augen. Da wir beide gleich groß waren, konnte ich ihm direkt ins Gesicht sehen. Als ich mich zu ihm wandte, zog er seine Hand zurück und betrachtete mich mit einem ernsten Ausdruck. Sein Schweigen vermittelte mir den Eindruck, dass er nichts Positives zu sagen hatte, was mich dazu veranlasste, genervt die Augen zu verdrehen.
Das konnte ich gerade gar nicht gebrauchen.

„Ja?"
Mein Blick war erwartungsvoll, als Elijah nach
quälenden Sekunden endlich sein Problem äußerte.
„Ich habe ein ungutes Gefühl bei Valentina", sagte er und ließ die Bombe platzen.
Nach seinen Worten verfinsterte sich meine Miene.

Lorenzo de Santis | Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt