»18« „L..Lorenzo?"

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Valentina
Amerika, Chicago

Mehrere Tage waren vergangen, seit der Nacht mit Lorenzo, und ich hatte ihn seitdem kaum gesehen. Abends suchte er nicht mehr mein Zimmer auf, und auch morgens fehlte seine Anwesenheit am Frühstückstisch. Eigentlich hätte ich mich darüber freuen sollen, dass er nicht da war, aber trotzdem hatte ich ein mulmiges Gefühl.

Der Abend neigte sich langsam dem Ende zu, während ich auf meinem Bett saß und meine Gedanken kreisen ließ. In den vergangenen Tagen hatte ich intensiv über eine Strategie nachgedacht, wie wir – Layla, Emilia und ich – diesem Ort entkommen könnten. Bisher hatte ich ihnen noch nichts von meinem Plan erzählt, aber ich plante, es ihnen bald zu offenbaren. Wenn alles wie geplant verlief, würden wir endlich diesem Irrenhaus entkommen können.

Als ich einen Blick auf die Uhr warf, entschied ich mich spontan, noch schnell zu duschen, bevor ich mich schlafen legte. Ich sprang aus dem Bett und begab mich in mein eigenes kleines Badezimmer. Trotz seiner geringen Größe war es makellos sauber und mit allem ausgestattet, was ich benötigte. Meine Kleidung zog ich mir rasch, bis ich vollkommen nackt war aus, und eine feine Gänsehaut huschte über meine Haut, als mich die kühle Luft umfing. Mit hastigen Schritten erreichte ich die Dusche und drehte den Wasserhahn auf. Sofort ergoss sich ein warmer Strom über meinen Kopf und bahnte sich seinen Weg hinab bis zu meinen Zehenspitzen. Es war ein unglaublich angenehmes Gefühl. Für einige kostbare Minuten stand ich einfach nur da und genoss die wohlige Wärme, die meine Haut umhüllte.

Nachdem ich gründlich geduscht hatte, stieg ich aus der Dusche und schlüpfte schnell in einen weißen Bademantel. Während mein Körper unter dem weichen Stoff langsam trocknete, begann ich meine Haare mit dem Föhn zu trocknen. Ein zufriedenes Lächeln glitt über mein Gesicht, als ich mein Spiegelbild betrachtete.
„Du siehst gut aus, Val", flüsterte ich meinem Spiegelbild ein Kompliment zu.
Nach wenigen Minuten entschied ich mich, zurück ins Zimmer zu gehen, um mich umzuziehen.

Als ich die Badezimmertür öffnete, erstarrte ich. Schock überkam mich, und ich konnte mich vor Furcht nicht bewegen.
Wie angewurzelt blieb ich im Türrahmen stehen.
Lorenzo saß auf meiner Bettkante. Seine Haltung war lässig, aber in seinen Augen lag reines Gift. Sein weißes Hemd war mit Blut getränkt, ebenso wie seine Arme. Kratzspuren zierte seine Wange. Wessen Blut war das? Hatte er jemanden getötet?

Angst durchflutete mich. Eine unheimliche, lähmende Angst. Mein Körper begann vor Furcht zu zittern, und mein Herz schlug wie wild. Den Bademantel presste ich vor Panik fester um mich. Panik davor, was nun als nächstes passieren wird.

„L...Lorenzo?"
Meine Stimme zitterte vor Angst. Lorenzo fixierte mich mit seinen dunklen Augen, doch darin lag keine Emotion, kein Funke Leben.
Langsam erhob er sich und seine im Blut getränkte Gestalt wirkte noch bedrohlicher als zuvor. „Ist das Blut?" platzte es aus mir heraus.
„Keine Sorge, es ist nicht meins."
„Schade."
Entsetzt starrte ich ihn an. Was dachte er, dass ich mich um ihn sorgte? Sicherlich nicht. Lorenzo klopfte auf seinen Oberschenkel, als stumme Aufforderung für mich, näher zu kommen.
„Komm zu mir, Cuore mio."

Ich hatte ihn eine Weile nicht gesehen, was meine ohnehin vorhandene Ängstlichkeit noch verstärkte. Mit verschränkten Armen stand ich da und folgte seinem Befehl und ging langsam auf ihn zu. Meine nackten Füße tapsten langsam auf den kalten den Boden.
Als ich vor ihm stand, drang der Geruch von Blut in meine Nase.

„Zieh deinen Bademantel aus", forderte er mich auf, doch ich sträubte mich dagegen. Ich werde mich doch jetzt nicht einfach ausziehen, als wäre diese Situation die normalste Sache der Welt.
Lorenzos Stirn legte sich in Falten.
„Du willst, dass ich dich ficke, aber du kannst dich nicht einmal vor mir entblößen?"
Entsetzt starrte ich ihn an.

„Ich will ganz sicher nicht, dass du mich fickst, du Mistkerl", fauchte ich ihn an. Lorenzo seufzte genervt und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Mein Herz raste noch schneller und mein Blut pulsierte hastig in meinen Ohren.
„Du redest zu viel, Cuore mio."

Mit diesen Worten griff er in meine frisch geföhnten Haare und zerrte mich mit seiner gesamten Kraft durch das Zimmer. Ein Schrei entwich mir, als der Schmerz durch meinen Kopf und meinen Körper fuhr. Ich krümmte mich vor Schreck und drückte meine Augen fest zu, während die Welt um mich herum zu verschwimmen schien. Meine Sinne waren von Angst und Schmerz überwältigt, und ich fühlte mich wie in einem Albtraum gefangen, unfähig, mich zu befreien.

Schließlich landete ich auf etwas Weichem, das Ziehen in meinen Haaren ließ zwar nach, doch der Schrecken blieb.
„Wenn ich dir etwas sage, dann gehorchst du", dröhnte seine raue Stimme bedrohlich in meinem Ohr. Ein eisiger Schauer lief mir den Rücken hinunter, als ich meine pochenden Kopfschmerzen umklammerte.

Mit größter Anstrengung richtete ich mich auf und öffnete meine Augen nur einen Spalt. Vor mir lag der entblößte Oberkörper von Lorenzo, seine Präsenz erfüllte den Raum mit einer bedrohlichen Intensität.
Was zum Teufel sollte das jetzt?
Als ich Lorenzo genauer betrachtete, erkannte ich nichts in seinen Augen außer einem Abgrund der Verlorenheit.

„Ich habe dich viel zu lange verschont", brach es plötzlich aus ihm heraus, seine Finger krampfhaft um das blutbefleckte Hemd geschlossen. Ein unheimliches Flüstern drang aus seinen Lippen. Was genau meinte er damit?
Verwirrt und voller Furcht starrte ich ihn an, unfähig, seine dunklen Gedanken zu durchdringen.

„Ich weiß nicht, warum ich es nicht früher getan habe", murmelte er weiter, während er sein Hemd durch seine Hände gleiten ließ.
„Aber das hat ein Ende", verkündete er mit einer Stimme, die kälter war als der Tod, und dabei näherte er sich langsam dem Bett.

„Wovor hast du mich verschont?", flüsterte ich ängstlich, während ich rückwärts krabbelte, bis ich den kalten Druck der Wand gegen meinen Rücken spürte.
Lorenzo stieg auf das Bett und kniete sich nieder, sein Blick hatte eine undurchdringliche Finsternis, die mir die Luft zum Atmen raubte.

„Das wirst du jetzt sehen, Cuore mio", flüsterte er mit einer finsteren Entschlossenheit, die meine Angst zu einem unerträglichen Höhepunkt trieb. War dies das Ende? Würde er nun die grausamen Pläne, die er von Anfang an hegte, in die Tat umsetzen?

In einem blitzschnellen Moment stand er direkt über mir, sein bedrohlicher Schatten verschluckte mich fast. Seine Hände griffen nach meinen Beinen und zogen mich mit brutaler Gewalt nach unten, bis ich mit einem gedämpften Aufprall auf meinem Rücken lag. Ein schmerzhaftes Aufkeuchen entwich meiner Kehle, während ich ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.

Lorenzo griff nach seinem blutbefleckten Hemd und zwang meine Handgelenke mit einer eisernen Stärke an das Bettgestell.
„Was tust du da?", brachte ich skeptisch hervor, meine Versuche, mich zu befreien, waren vergeblich.

„Etwas, das ich schon lange hätte tun sollen", knurrte er bedrohlich und zog mit einer bedrückenden Ruhe ein glänzendes, scharfes Messer aus seiner Hosentasche.
Ein schauderhaftes Flimmern spiegelte sich in seinen Augen wider, als er die Waffe enthüllte. In diesem Augenblick wusste ich mit tödlicher Gewissheit, was mir nun bevorstand.
Ich war voller Angst und überzeugt davon, dass das Glück in diesem Fall nicht auf meiner Seite sein würde.

Lorenzo de Santis | Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt