ᗪᗴᖇ ᖴIᑎSTᗴᖇKÖᑎIG
[Shay Avyers]
Hinter dieser Tür befand sich ihr Vater. Monate waren vergangen, seitdem sie einander gegenüber standen. Zumindest wenn man ihre psychische Begegnung ignorierte. Zuletzt hatte sie ihn mit Bewunderung angesehen. Er war die Personifikation von allem, was sie erreichen wollte. Jetzt empfand sie keinerlei Sympathie. Zulange hatte sie seine Folter ignoriert. Sie hatte sich eingeredet, dass ihr Training zu ihrem Vorteil sei. Das war es kaum. Zwar hasste sie nicht, zu was der Finsterkönig sie erzogen hatte, aber sie hätte Crylin als Bezugsperson haben können. Irgendwie wurde ihr erst jetzt bewusst, welches Glück man ihr verwehrt hatte.
Nathans Finger streiften ihren Handrücken. Die Silbermähne zog eine Augenbraue hoch. Sein Blick fragte nach ihrem Wohlbefinden. Als Antwort zuckte sie mit den Schultern. Wie sollte sie sich schon fühlen? Sie war auf dem Weg ihren Vater zu töten. Es fühlte sich richtig an, aber nicht weniger schmerzhaft. Als würde man zuerst das Gemüse vom Teller essen, um die restlichen Beilagen genießen zu können. Schlimmstenfalls wäre ihr Verstand bis in alle Ewigkeit in Finsternis gehüllt. Zumindest würde sie dann nichts mehr spüren. Ob sie überhaupt eine Chance besaßen? Der Finsterkönig war lächerlich stark. Eine Anomalie. Sie würde soweit gehen und behaupten, seine Superkraft wäre eine Mutation. Für diesen Moment war ihre Truppe vereint, aber innerhalb der nächsten Minuten könnte sie alles verlieren. Für gewöhnlich versuchte sie nicht darüber nachzudenken, aber es gruselte sie, wie schnell Menschen starben. Nicht, dass Mitleid mit ihren Opfern hätte, aber das Leben konnte so schnell vorbei sein. Selbstverständlich hoffte sie auf das Gegenteil, aber sie glaubte nicht, dass alle den Kampf überlebten. Diese Kombination, in der sie sich momentan fanden, würde nie wieder kehren.
»Okay, dann lasst uns reingehen«, lachte Shay auf. Die Leichtigkeit ihrer Worte ließ ihre Kameraden verwirrt. Dabei tat sie es mehr um sich selbst zu beruhigen. Vieles war einfacher, wenn man mit einem Grinsen durch die Welt ging.
Bevor Proteste ertönen konnten, stieß Shay die Tür auf. Erinnerungen fluteten ihren Verstand. Wie oft hatte ihr Vater von seinem Thron zu ihr herab gesprochen? Seitdem sie Helios verlassen hatte, hatte sich nichts verändert. Eine perfekte Kopie ihrer Vergangenheit. Der Thron bestand aus schwarzem Metall. Massiv, böse, eines Tyrannen würdig. Auf ihm daß ihr Vater. Schläuche verbanden ihn mit einer Maschine, welche sich links und rechts von ihm erhob. Bunte Flüssigkeiten tropften in durchsichtigen Behältern. Etliche Bildschirme überwachten seine Körperfunktionen. In unfassbarer Geschwindigkeit wurden Analysen geschrieben. Seine Gehirnströme, sein genetischer Code, jedes Zucken seiner Augenlider.
»Das ist also der Finsterkönig«, murmelte Noir. Natürlich wusste er, wie Eroth aussah. Nichts hiervon kam als Überraschung. Trotzdem war es seine erste direkte Begegnung mit dem Anführer Helios. Auch für die Helden war dies persönlich. Schließlich hatte Eroth den alten Platinrang Phönix ermordet.
Silberfalke wollte vorschreiten, aber Nathan stoppte ihn. Sein Blick scharf wie ein Messer. Es musste ihn viel Kontrolle kosten, sich nicht blindlings auf den Mörder seines Zwillings zu stürzen. »Nicht, er ist wach.«
Die Schurkenprinzessin sah in die Richtung ihres Vaters. Er rührte sich nicht. Auf den ersten Blick wirkte es, als würde er schlafen. Doch der Finsterkönig ließ niemals seine Deckung fallen. Er war ein Telepath. Mit dieser Kraft beeinflusste er nicht nur die materielle Welt, sondern auch die Menschen. Tatsächlich gab es Überschneidungen mit Gammas Superkraft. Allerdings konnte Eroth keine Albträume erschaffen. Stattdessen nutzte er seine mentale Kraft, um seine Gegner einzuschüchtern. Wer seine Anwesenheit nicht gewohnt war, der zitterte und wimmerte unter seiner Aura. Wie eine Nadel spritzte er die Angst geradewegs in den Verstand seiner Feinde. Selbst Shay hatte sich bei ähnlichen Reaktionen erwischt. Ihr Vater war die Art von Mann, dem man sich besser unterwarf. Einmal hatte es Eroth als Güte beschrieben. In gewisser Weise stimmte es. Er warnte seine Gegner. Wer sich ergab, der würde zumindest einen schnellen Tod finden.
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PROJEKT ÄON
Action»𝐷𝑖𝑒 𝑆𝑐ℎ𝑢𝑟𝑘𝑒𝑛𝑝𝑟𝑖𝑛𝑧𝑒𝑠𝑠𝑖𝑛 𝑖𝑠𝑡 𝑏𝑒𝑟𝑒𝑖𝑡 𝑓𝑢̈𝑟 𝑖ℎ𝑟𝑒 𝐾𝑟𝑜̈𝑛𝑢𝑛𝑔.« Auf Shays Schultern lasten hohe Erwartungen. Als Tochter des gefürchtetsten Schurken Navens muss sie sich in der Welt der Verbrecher durchsetzen. Aber...