7. Systemfehler - Der Platinrang

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ᗪᗴᖇ ᑭᒪᗩTIᑎᖇᗩᑎG

[Noir Wapina]

Noir betrachtete den Marienkäfer auf Yurias Hand. Das kleine Insekt krabbelte entlang ihres Zeigefingers. »Willst du auch mal?«, fragte seine Cousine.

Noir führte seine Hand an die Stelle, wo das Tierchen flitzte. Aber der Marienkäfer machte keine Anstalten den Menschen zu wechseln. Demonstrativ änderte er seine Richtung. »Ich glaube nicht, dass er möchte.«

»Vielleicht machst du ihm Angst?« Yuria hob ihren Arm, sodass sie den Marienkäfer genauer betrachten konnte. Dann lauschte sie. »Er sagt, dass du aussiehst, als würdest du ihn fressen wollen.«

»Warum sollte ich Insekten fressen? Die machen nicht mal satt.« Noir stieß ein Seufzen aus. Viele Tiere nahmen Gefahr aktiver wahr als Menschen. In dieser Hinsicht verwunderte ihn die zurückweisende Haltung des Käfers nicht.

»In manchen Gebieten sind Insekten Delikatessen.« Seine Cousine erhob sich schwungvoll von der Bank, auf der sie saßen. Ihre dunkelbraunen Haare verschwanden in der Kapuze ihres Pullovers, während eine runde Sonnenbrille auf ihrer Nase ruhte.

Instinktiv richtete Noir seine Cappi und zog seine Atemmaske höher. »Aber nicht hier. Besonders nicht ich.«

»Viele Vögel fressen Insekten, Herr Silberfalke.« Yuria lachte als sie auf seinen Codenamen anspielte. Der Marienkäfer breitete seine Flügel aus und flatterte von ihrer Hand.

»Spinnst du? Das kannst du doch nicht draußen so nennen«, zischte Noir bedeckt. Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Du kannst von Glück reden, dass hier keiner auf uns achtet.« Unter der Woche und an einem Vormittag waren die meisten Kinder in der Schule und viele Erwachsene gingen ihren eigenen Geschäften nach. Deswegen war der Park, in dem sie sich befanden, ziemlich leer. Ab und zu trafen sie ein Renterpärchen oder eine Mutter mit Kinderwagen.

»Silberfalke, Silberfalke, Silberfalke«, begann Yuria lachend runter zu rattern.

Panisch sprang Noir von seinem Sitz auf. Seine Cousine grinste verschmitzt, als sie seinen Versuchen ihren Mund zu bedecken, auswich. »Ich meine es ernst... Du willst doch auch nicht von deinen Fans bedrängt werden.«

»Mit Herr Silberfalke an meiner Seite stinkt ein erbärmlicher Goldrang, wie ich es bin, gnadenlos ab. Im Angesicht unserer Nummer Eins wird man mir keinerlei Beachtung schenken.« Theatralisch vergrub sie ihren Kopf in ihrer Halsbeuge.

Ihr Sarkasmus brachte Noir fast zum Kotzen. »Sag das, nachdem du zu tausenden Fotos und Unterschriften gezwungen worden bist.«

»Ach Noir«, Yuria kicherte. »Du hast einen Stock im Arsch. Mach dich mal locker. Dann machen wir eben ein paar Fotos. Für diese Leute ist es das Größte uns zu treffen. Die kommen nach Hause und erzählen ihren Familien, dass sie mit uns gesprochen haben.«

Silberfalke spielte mit einer Strähne seines weißen Haares. »Trotzdem fühle ich mich unwohl auf dieses Podest gestellt zu werden. Ich mache doch nur meinen Job.«

»So gut, dass es keinen anderen Held gibt, der dir das Wasser reichen kann.« Seine Cousine stupste ihn in die Seite. Wenn man ihn fragte, war sie die bessere Heldin. Sie konnte mit der vielen Aufmerksamkeit wesentlich geschickter umgehen. Es war beneidenswert. Wäre sie nicht bei ihm, hätte er den Tag daheim verbracht.

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