-Kapitel 1-

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-Kapitel 1-
Flores

Kaum hab ich meine Augen geöffnet, fahre ich erschrocken hoch. Ich keuche, versuche meinen aufgebrachten Atem zu kontrollieren. Meine schmerzenden Lungen füllen sich gierig mit Luft. Ich sehe. Ich pulsiere. Ich atme. 

Ich fasse mir ins Gesicht, suche am Hals nach meiner Halsschlagader und spüre ein zartes, aber eindeutiges Pochen. Ich fluche auf.

Ich bin getötet wurden. Versehentlich gepfählt, weil man mich verwechselt hat. 

Versehentlich. Es sollte meine Schwester treffen, Zwillingsschwester. Sie ist der Vampir. Nicht ich.

Ich bin doch nur eine gewöhnliche Hexe, die wieder einmal wegen ihrer eigenen Schwester leiden muss. 

Ich schaue mich um. Das gewaltige Wohnzimmer kommt mir bekannt vor. Natürlich, kommt es mir bekannt vor. Hier wurde ich getötet. Hier hat man mir einen Holzpfahl in mein ziemlich normales Herz gerammt. Ich habe nicht mal Zeit gehabt, Stefan zu sagen, dass ich nicht Eve bin, sondern ich, Val, da hat er mir auch schon das hölzerne Ding in die Brust gerammt. Als er seinen Fehler bemerkt hat, und das hat er schnell, hat er mir den Pfahl zwar aus der Brust gezogen - aber es ist trotzdem zu spät gewesen. 

Jetzt bin ich hier. Noch immer in Mystic Falls. Noch immer in dem Anwesen der Salvatore-Brüder, denen ich einen Besuch abgestattet habe.

Rebekah wird das Ganze sicherlich nicht gefallen. Ich, ihre beste Freundin, getötet, durch Stefan, ihren ehemaligen Liebhaber. Eine Verwechslung, das mag sein. Eve hat bei den Mikaelsons eh keinen guten Ruf, steht schon auf der Abschussliste. Das sie sich wieder einmal gegen mich entschieden hat, wird ihr hoffentlich den Kopf kosten. Elijah wird dafür sorgen, wenn er von meinem bescheuerten Tod erfährt. Elijah. 

  Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass ich tot bin, nicht mehr im wirklichen Mystic Falls bin. Ich bin auf der anderen Seite, in einer Art Parallelwelt nach meinem dramatischen Abgang. Allein. Das kann ich spüren. Hier ist weit und breit keine andere Seele. Oder sind meine Kräfte mit meinem Tod versiegt? 

  Der verfluchte Kamin im Salvatore-Anwesen erhascht meine Aufmerksamkeit. Er ist aus, aber Beladen mit Brennholz. Ich konzentriere mich, schließe meine Augen, bewege meinen Mund, flüstere leise, aber deutlich einen Zauber, um ein Feuer zu entfachen. 

Wusch. Flammen steigen im Kamin hinauf, eine angenehme Wärme breitet sich sofort in der Lounge des Anwesens aus. 

Immerhin besitze ich meine Kräfte noch. 

Ich erhebe mich. Schwanke hin und her. Für einen kleinen Augenblick ist mir schwarz vor den Augen, aber das vergeht schnell. Nachdem ich einmal tief durchgeatmet habe, begebe ich mich durch das Anwesen. 

Auch wenn ich spüre, dass ich allein bin und es hier niemanden in dieser Mystic-Falls-Welt gibt, gebe ich die Hoffnung nicht auf, vielleicht auf jemand anderen zu treffen. Jemanden von dem ich mich früh genug verabschieden musste. 

  Aber ich bleibe allein. Achtzig Sonnenuntergänge und einundachtzig Tage bleibe ich allein in einer gruselig leeren Stadt.

Closer | Kai Parker FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt