-Kapitel 32-

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-Kapitel 32-
Flores

»Mir ist unterwegs dein Cappuccino runtergefallen. Lag vielleicht an dem Mittelfinger«, begrüßt Kai mich trocken, als ich unser Hotelzimmer betrete. Provokant nippt er an seinem Becher und deutet auf den leeren auf dem Esstisch. Komischerweise juckt ihm auch die Stirn und sein Mittelfinger ist da wohl besonders behilflich.

Ich drücke die Zimmertür zu. »Wieso flanierst du einfach über den Campus?«, frage ich und stelle die Einkaufstüte auf dem gemachten Bett ab.

»Du warst zu lange weg.«

»Ich bin nicht mal drei Stunden weggegessen und lebe noch«, murre ich. »Hast du dir etwa sorgen gemacht?«

Er ignoriert meine Frage und stellt grober als beabsichtigt seinen Becher auf den Tisch ab.

»Und hast eine Stunde zum Hotel gebraucht? Für einen fünfzehn Minuten weg?«, hakt er nach und spielt mit einem Taschenmesser in der anderen Hand herum.

»Bist du jetzt mein Babysitter?«, stelle ich genervt die Gegenfrage.

Giftiger Blick von Kai. »Ich war im Cloud-9 und habe uns Handys besorgt. Damit du mich das nächste mal vorwarnst, wenn du dich nach einem Spaziergang sehnst«, erkläre ich. »Deine Bacon-Schweinekrusten hab ich auch geholt. Netterweise. Außerdem hab ich herausfinden können, dass am Whitemore Hospital wirklich eine Dr. Laughlin arbeitet. Gesehen habe ich sie nicht persönlich. Ich forsche morgen weiter nach.«

»Ich schon.«

Entgeistert blicke ich Kai an. »Wie bitte?«

»Sie hat mich nicht gesehen. Keine Panik. Ich bin geflüchtet, als ich gerade zum Cloud-9 wollte und dann bin ich auf dem Campus gelandet.« Könnte hinkommen, ist schließlich alles in der Nähe.

»Dumpfbacke«, murre ich und setzte mich gegenüber von Kai. »Und das ist zu hundert Prozent deine Zwillingsschwester?«

»Algenhirn«, murrt er. »Und ja. Das ist sie. Jo treibt sich in McKinley herum. Das ist gut zu wissen. Aber bevor ich an Jo rankomme, muss ich an meine anderen Geschwister ran. Diese stehen mir und meinem Plan leider noch im Weg.«

»Und warum? Erleuchte mich, Kai.«

Und dann erzählt er mir endlich die ganze Geschichte um seine Familie.

»Das ist doch krank. Also haben deine Eltern noch weitere Kinder gezeugt, bis Liv und Luke da waren, Zwillinge, damit du und Jo beim Ritual nicht miteinander verschmelzen müsst, weil sie wussten, dass du, der labile Dulli, das gewinnen wird?«

»Labiler Dulli?«, zischt Kai. Dann schüttelt er den Kopf. »Aber ja, du hast es erfasst, Algenhirn.« Er klatscht dreimal lustlos in die Hände. »Die wollen keinen labilen Dulli als Zirkelanführer. Aber sie wissen ja wohl offensichtlich noch nichts von ihrem Glück. Jo nicht, wo auch immer sich Liv und Luke aufhalten, nicht.«

Kai muss erst Liv und Luke töten, damit er sich mit Jo verschmelzen kann. Weiß der Geier, wo die beiden sich aufhalten. Die können überall sein. Das ist auch Kai bewusst. »Also, müssen wir zurück nach Portland? Glaubst du, die beiden sind da?«

Er rauft sich die Haare. »Sie können da sein, oder nicht. Die können überall sein.«

»Ihr seid blutsverwandt. Wenn du noch eine Kleinigkeit hast, was du mit Luke und Liv in Verbindung bringen kannst, kann mir das helfen, sie zu finden.«

Kai geht zu seinem Rucksack und durchwühlt diesen. Letztlich legt er mir einen abgetrennten Barbiekopf und eine Soldatenzinnfigur auf den Tisch. »Ironischerweise hat Luke gerne mit Barbies gespielt und Liv mit Soldaten«, sagt er. Ich schnaube belustigt und erspähe in dem verklebten Kunsthaar der Barbiepuppe etwas Dunkles.

»Ich habe auch nicht wirklich gerne mit Puppen gespielt, sondern mit Spielzeugautos. Eve schon. Hab ihren kostbaren Barbiepuppen immer die Haare geschnitten.«

»Nicht eher anders herum?«, hakt er nach und stützt sich auf dem Tisch ab.

»Ich schwöre dir, dass ich ihre Püppchen immer beschissen behandelt habe. Haare ab. Geköpft. Toilettenspülung. Mülleimer. Spontane Selbstentzündung.«

»Das erklärt wohl euer super Verhältnis zueinander«, murmelt er.

»Tja«, gebe ich von mir, stehe auf und suche die ganzen Sachen für den Lokalisierungszauber zusammen.

Kerzen brennen, eine Kupferschale steht in mitten einer USA-Karte. In der Schale befindet sich bereits eine Haarsträhne der Puppe. Ich reibe gerade mit dem Messer etwas Zinn von der Figur in die Schale. Kai steht neben mir und beobachtet alles haargenau. Ich lege die Figur zur Seite und halte meine Hand für Kais hin, die er sofort in meine legt. Anstatt er sich in dem Finger schneidet, bleibt mir das überlassen. Das ich ihm auch wieder die Klinge durch die Hand jagen könnte, muss er im Hinterkopf haben, so wie sein Blick auf mich gerichtet ist.

Jedoch schneide ich ihn nur in die Fingerkuppe seines Zeigefingers. Das muss reichen. Sofort sickert Blut hinaus, welches ich im die Schale tropfen lasse.

Schnell heile ich die Schnittwunde und wende mich den Zauber zu. Murmle auf Spanisch den Zauber, den mir einst meine Mom beibrachte und den ich in-und-auswendig kenne. Flammen schießen empor und augenblicklich vermischt sich das Blut, das Puppenhaar und das metallische Pulver zu einer flüssigen Masse. Kurze Zeit später fängt es an zu blubbern.

Nachdem ich den letzten Satz zu Ende gesprochen habe, endet das Blubbern abrupt. Fertig. Jetzt muss ich nur ein Tropfen auf der Karte verteilen und er würde uns zu Liv und Luke schicken. Dann wäre der Bundesstaat schon mal eingegrenzt, soweit sich die beiden in den USA befinden. Alles weitere, kann ich mit einer ausführlichen Karte der georteten Umgebung herausfinden. Mit der Spitze des Messers, gehe ich in die Flüssigkeit und lasse diese zweimal auf die Karte tropfen. Sofort machen sich die zwei Tropfen auf den Weg, wandern von der Mitte der Karte in richtig Osten. Nee, oder? Ich hebe die Kupferschale an, folge gespannt deren weg, ebenso wie Kai. Und dann lösen sich die Tropfen plötzlich im Luft auf. Einfach so verblassen sie auf dem Weg zu ihrem unbekannten Ziel. Das kann nicht sein. Das geht nicht. Nein. Nein. Nein. Kai starrt mich an. »Flores?«

Ich schnappe mir wieder das Messer, die Schale halte ich bereits in meiner Hand, um das ganze noch mal zu versuchen, aber dazu komme ich nicht. Noch bevor der erste Tropfen auf der Karte landet, geht diese mit einem Wusch in Flammen auf. Kai packt mich und zieht mich zurück. Vor Schreck lasse ich die Schale und das Messer auf den Boden fallen, bevor uns beide die Stichflamme erwischt. Ich liege unter Kai, als sich eine unerträgliche Hitze bemerkbar macht. Als ich an ihm vorbei schaue, sehe ich, dass sich die Flammen nicht beruhigt haben und bereits bis an die Decke lodern. »Mierda«, fluche ich und will Kai, der mit dem ganzen Gewicht auf mir liegt, von mir runterschubsen, aber er reagiert nicht. Er ist damit beschäftigt sich den Kopf zu halten und mir vor Schmerzen in meine Ohren zu brüllen. Hat ihm die Stichflamme so übel erwischt?. »Geh hoch!«

Gleichzeitig versuche ich einen Zauber zu sprechen, gegeben, egal welche Verletzungen, die er sich eingefangen haben muss. Aber es scheint nichts zu bringen. Bis jemand neben uns tritt. Ein groß gewachsener älterer Typ mit grauem Haar und grauen Bart. Das Feuer erlöscht. Kai gibt keinen Laut mehr von sich, aber ist noch bei vollem Bewusstsein.

Er wimmert vor Schmerzen. Zittert.

Der ältere Mann holt mit dem Fuß aus und tritt Kai grob von mir herunter. Er landet neben mir. Ich werfe einen prüfenden Blick in seine Richtung. Blut sickert Kai aus den Ohren. Der Kerl hat bei ihm anscheinend einige Hirnblutungen ausgelöst.

Kai lacht. Hysterisch und zittrig vor Schmerzen, während er sich den Kopf hält, sich windet und flucht.

Ich greife nach seinem Handgelenk, versuche ihn wenigstens ein bisschen zu heilen und von den Schmerzen zu befreien. Nicht mal drei Sekunden, berühre ich Kai am Handgelenk, lasse meine Heilungsenergie rüberschwappen. Viel bringt es nicht, da werde ich gepackt und soweit von Kai weggezogen, dass jeglicher Körperkontakt nicht mehr möglich ist. Ich kann ihn nicht mehr weiter heilen.

Der grauhaarige Mann steigt über mich rüber und schweigt noch immer. Kai starrt ihn an. »Na komm schon. Schick mich doch zurück, Dad.«

Fuck. Joshua Parker hat uns finden können? Wie das denn? Ich gehe auf Angriff über, stehe auf und will gerade Joshua Parker ins Land der Träume befördern, da kommt mir jemand zu vor. Ein Schlag auf den Hinterkopf. Dann wird alles Schwarz. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 28 ⏰

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Closer | Kai Parker FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt