Closer | Kai Parker FF

-Kapitel 2-

-Kapitel 2-
Flores

August 2012

Tage, Wochen, Monate, nach meiner Ankunft in meiner kleinen persönlichen und einsamen Hölle, mache ich im Cloud-9, einen Supermarkt etwas außerhalb der Stadt und direkt an der Interstate eine weitere Entdeckung, die nur noch mehr fragen aufwirft - und die meine Intelligenz in Frage stellt. 

  Ich bin die Tage und Wochen so in Gedanken meiner eigenen Trauer versunken, nach Liebeskummer, dass ich alles weitere nur als Verschwommen wahrgenommen habe. 

  Die gleiche Zeitungsanzeige auf der Klatschzeitung der Falls News. Ich habe die drei Tage zuvor, immer wieder dieselbe Anzeige gesehen. Immer wieder dasselbe Titelblatt, aber ich habe nie auf das Datum geachtet, oder mich anderweitig dafür interessiert. Hätte ich das mal getan, dann wüsste ich, dass ich jeden Tag denselben Tag erlebe. Eigentlich hätte es mir schon vorher auffallen müssen. Kurt Cobain ist tot!

Die Sonnenfinsternis, die bisher jeden Tag um die selbe Uhrzeit stattgefunden hat - ich bin der festen Annahme gewesen, dass es einfach nur Wolken gewesen sind die sich vor die Sonne geschoben haben - zu den Zeitpunkten bin ich auch nie draußen gewesen, sondern habe heulend vor dem Kamin des Salvatore Anwesens gehockt. 

Mai 1994. Zu diesem Zeitpunkt bin ich nicht mal 6 Jahre alt gewesen. 

Ich stecke in einer einsamen Parallelwelt im Jahre 1994 fest. Warum? Hätte ich nicht direkt in der Hölle schmoren können? 

Fluchend knülle ich die Zeitung zusammen und schmeiße den Zeitungsball über die ganzen Regale ins Nirvana. Dann greife ich nach dem Einkaufswagen, welchen ich mit Trockenbacon, Cappuccino im Einwegbecher und einem 12-er Paket stilles Wasser gefüllt habe und mache mich auf den Weg zur Obstabteilung. 

Das Gute ist, ich muss für meinen Einkauf nichts blechen. Wer will mich aufhalten? Ich bin doch allein und kann hier tun und lassen was ich will. 

Ich könnte auch die ganze Stadt in die Luft jagen, aber das wäre zu übertrieben. 

Mystic Falls werde ich so oder so verlassen. Ich bezweifle, dass ich in New Orleans fündig werde, was irgendeine andere Person angeht, aber diese Stadt ist nun mal mein letztes Zuhause. Dort habe ich mein Apartment, welches ich mir mit Elijah geteilt habe. Gott, wie ich ihn vermisse. 

Automatisch greift meine Hand nach der Halskette, ein Geschenk von Elijah, die ich immer gerne bei mir trage.

Die Goldkette mit dem Anhänger und den blau-grünen Diamanten, ist mein Heiligtum. Elijah erzählte mir, dass der Diamant „Ocean Dream" heiße und einer der seltensten Diamanten der Welt sei. Bezahlt hat er für das Ding nichts - er hat's vor Jahrzehnten mal in Südafrika dem verfeindeten amerikanischen Finder geklaut, weil diese im Streit gelegen haben. Der Finder lebt natürlich nicht mehr.

  Ich seufze und gehe durch die Chips-Abteilung. Tortillas mit Chili. Darauf habe ich Hunger. 

Jedoch halte ich mitten im Gang inne, als ich auf eine Tüte Bacon-Chips auf den Boden liegen blicke. Wie kommt die dahin? 

Wenn ich was aus dem Regal nehme, ist die Sache am nächsten Tag wieder da, da der ein und derselbe Tag jedes Mal aufs Neue beginnt. Eine endlose Schleife. Mai 1994. Vierundneunzig. 

Aber vermutlich ist die Tüte aus dem überfüllten Regal einfach nur runtergeflogen. Durchzug. Das muss es sein. Ich hebe diese auf und stelle sie zurück ins Regal. 

  Dann gehe ich weiter, hole mir die Chili-Tortillas, etwas Obst und Gemüse und gehe zur Kasse. Wie gewohnt will ich diese plündern - wie die Tage zuvor auch. Das geplünderte Geld im Anwesen verschwindet komischerweise nicht, aber dafür sind jeden Tag die Kassen im Supermarkt prall gefüllt. An Kasse 1 321,89$, an Kasse 2 478,71$ und in Kasse 3 571,66$. In Kasse 4 befinden sich knapp 400$. Jeden Tag die gleichen Beträge. Auch dieses mal sacke ich neben den Lebensmitteln, die 320$, 475$ und 570$ aus den drei Kassen ein. Wenn ich einen Weg hier rausfinden kann, mit dem ganzen Geld, und ich hoffe, ich kann es behalten, dann werde ich mir davon ein neues Auto holen. Mein Mercedes ist dank meiner Schwester in die Luft geflogen.