-Kapitel 15-

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-Kapitel 15-
Flores

Während ich mir die letzte und vierte Puddingbrezeln aus der Ablage reinpfeife, hat Kai aus der Kasse der Tankstelle, des Cafés und aus dem ATF das Geld geplündert und zählt dies am Nachbartisch durch. Den Geldautomaten hab ich mit einem einfachen Öffnungszauber geöffnet, damit die Farbpatrone uns nicht in die Quere kommen konnte.

Der Stapel zwanziger wird zur Seite geschoben, dann greift Kai nach dem Kaffeebecher und trinkt einen Schluck. »Und? Reicht es für Disneyland?«

»Konnten wir uns nie leisten. Keine Ahnung.«

»Reichtumzauber? Geld-wächst-doch-auf-Bäumen Zauber?«

»Geldzauber hat's gegeben. Ist aber verpönt bei uns im Zirkel. College durch Stipendien oder direkt harte Arbeit nach der Highschool ist ganz normal gewesen.«

Ich drehe mich zu Kai. »Bist du auf dem College gewesen?«

Er schüttelt seinen Kopf. »Direkt nach dem ersten Semester geflogen. Bin angeblich zu hitzköpfig. Seitdem hab ich im Sägewerk gearbeitet und habe Hunde in meiner Nachbarschaft ausgeführt. Hatte für ein halbes Jahr eine Wohnung in Portland gehabt.«

»Das erste glaubwürdig. Das letzte absolut nicht«, gluckse ich.

»Das ist wahr. Echt jetzt. Mich hat man auch den Hundeflüsterer genannt. Ab und an mal hab ich Kassen leer geräumt, oder reiche Typen die Geldbörse geklaut, aber sonst war ich damals echt normal. Wenigstens ein bisschen.«

»Hm. Glaub ich dir mal.«

»Und du so?«

»College. Kein Stipendium. Wie gesagt mit zwölf und nach dem Mist den ich verzapft habe, hat man mich regelrecht rausgeschmissen, also meine Abuela, weil mein Vater mir die Kräfte vergeblich geraubt hat und mich dann töten wollte, weil ich eine Gefahr sein könnte.«

»Warst du's?«

»Nicht wirklich. Hab eine Zeit lang Los Angeles bei einem kinderlose Paar gewohnt. Bis ich aufs College gegangen bin. Hielt auch nicht lange, nachdem meine Schwester auf der Matte stand. Wir sind nach Virginia. Unsere Wege trennten sich. Sie blieb dort. Ich ging mit nach New Orleans. Danach wurde es ziemlich chaotisch.«

»Weil deine Schwester zu einem Vampir verwandelt wurde und du wegen einer Verwechslung draufgegangen bist, richtig?«

Ich nicke. »Richtig. Eve hinterlässt bestimmt noch immer eine Schneise der Verwüstung, falls sie nicht schon irgendwie ins Gras gebissen hat.«

Kai seufzt. »Man kann sich die Familie wirklich nicht aussuchen und irgendwie, tja, sind die Schuld daran, wie die Kinder werden.«

»Wie du bist, was?«

Jetzt nickt er. »Ich war schon immer ein bisschen auffällig, aber mit der Zeit, wie mich mein Vater behandelt hat, der Zirkel und nach dem Tod meiner Mutter, ging's mit mir vom Kopf her bergab. Wie ich bereits erwähnt habe: in den Augen meines Vaters bin ich noch immer eine Mistgeburt.«

»Willkommen im Club.«

Dann schweigen wir beide wieder eine Weile. Kai tippt ungeduldig auf den Lederlenkrad herum, während er sich weiter auf die Straße konzentriert. »Trotzdem check ich eins noch immer nicht.«

»Das wäre?«, frage ich und mustere sein ansehnliches Seitenprofil.

»Diese Gefängniswelt wurde extra für mich erschaffen, wegen meines Blutbades. Warum zum Henker bist du hier gelandet?«

Ahnungslos zucke ich mit der Schulter. »Das frage ich mich auch. Ich bin abgekratzt. Normalerweise müsste ich mich wie ein Kebabspieß in der Hölle drehen. Aber ich bin hier.« Auch ich denke nach. »Vielleicht, weil wir vor einigen Jahren etwas miteinander gehabt haben, oder so?«

»Der Gedanke ist mir auch schon in den Sinn gekommen, aber das macht doch keinen Sinn. Die haben mich hier reingesteckt, damit das meine persönliche Hölle ist und nicht, dass ich mich zwanzig Jahre später endlich mal vergnügen kann.«

»Unter Vergnügen verstehe ich was anderes«, kommentiere ich murmelnd und wechsle das Thema. »Ist ja auch egal. Ich bin hier. Yeih. Klappt das eigentlich mit dem ganzen Geld, was wir gebunkert haben?«

»Ob wir das mit rüber nehmen können? Ja, dass klappt. Hab ich damals schon ausprobiert.«

»Dann nehme ich so viel mit, wie es geht. Da ist dann hoffentlich ein neues Auto drinnen.«

»Hattest du keins?«

»Meine zurückgebliebene Schwester hat es in die Luft gejagt. Erinnere mich daran, dass ich das mit ihrem Auto und ihrem Gesicht mache.«

Kai verzieht die Lippen zu einem Schmunzeln. »Werde ich definitiv und ein neues Auto wird sicherlich drinnen sein. Ich glaube, ich hole mir auch eins und eine Wohnung, in der keine Ratten umherirren.«

Sein Schmunzeln weicht und er blickt nachdenklich aus dem Fenster hinaus. »Ich werde dich wirklich nicht umbringen. Versprochen, Flores.«

»Ich glaube dir das schon. Danke, dass du mich drüben am leben lässt.«

Er nickt nur und dann schweigen wir uns wieder an. Ich stelle sogar ein bisschen die Musik im Radio lauter. 

Closer | Kai Parker FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt