Fang war von Kayas plötzlichem Auftauchen mehr als nur überrascht gewesen. Wenn er ehrlich war, hatte er gedacht, dass sie nach dem gestrigen Tag eine ganze Weile brauchen würde, bis sie sich von den Neuigkeiten erholt hatte.
Aber Fang hatte ihren unverkennbaren Geruch bereits wahrgenommen, weit bevor sie die Klingel zu seiner Wohnung betätigt hatte. Und es hatte ihn Mühe und Not gekostet, nicht bereits bei der ersten Witterung zur Haustür zu fliegen und sie aufzureißen und darin stehend, wie ein verdammter Loser, auf ihre Ankunft zu warten.
Und er musste zugeben, dass ihm trotz anfänglicher Skepsis, gefiel, wohin sie ihn entführt hatte. Das Café war klein und gut überschaubar, die Polster der Sitzbank gemütlich und die Gerüche, die durch den Raum waberten, sorgten dafür, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.
Keine einzige Sekunde hatte er an die Möglichkeit geglaubt, dass Kaya etwas bestellen würde, dass ihm nicht schmecken würde. Außer vielleicht den herben Kaffee, den seine Geschmacksknospen nicht ausstehen konnten und zu dem Maeve ihn bereits kurz nach ihrer Ankunft in Oryon genötigt hatte. Nein danke. Darauf konnte er geflissentlich verzichten. Aber Kaya, die ihn während ihres gesamten Weges hierher schon so ausführlich gemustert hatte, hatte ein braunes Stückchen Kuchen bestellt, das jetzt vor ihm auf dem weißen Porzellanteller lag und himmlisch duftete. Sie hatte ihn bereits so gut durchschaut.
Kaya tippte ihm Gegenüber ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden und lehnte sich auf ihrem Armen abgestützt neugierig etwas zu ihm herüber über den Tisch. Ihre Augen wanderten von dem Kuchen zu seinen Lippen und Fang machte sich einen Spaß daraus, die Gabel neben seinem Teller in Zeitlupe zu dem Kuchen zu heben, ein Stückchen abzuschneiden und auf dem Teller erst einmal hin und her zu schieben, als wäre er sich nicht ganz sicher, ob ihn das Stück nicht vergiften würde.
Kaya seufzte rastlos und er konnte das unterdrückte Schmunzeln nicht verhindern, das sich auf seinen Lippen ausbreitete und ihm einen entrüsteten Klaps seitens Kaya auf den Unterarm einhandelte. Also gut. Genug Show.
Fang schob sich das Stückchen Kuchen, das wie er jetzt erkannte mit Schokolade glasiert war, in den Mund und kaute genüsslich darauf herum.
"Und?", Kaya rutschte noch ein Stückchen näher an die Kante ihres Sitzpolsters und ihr Knie stieß unter dem Tisch gegen seines und sorgte dafür, dass ein elektrischer Stoß seine Wirbelsäule hinaufschoss. Sie schien die Berührung nicht einmal bemerkt zu haben, so fixiert war sie auf sein Gesicht und das entstehende Urteil über den von ihr bestellten Kuchen.
Davon amüsiert leckte er sich über die mit Schokolade verschmierten Lippen und legte die Gabel mit einem Klirren nieder, als sich ihr Blick intensivierte und ihre Augen der Bewegung folgten. Ihr Geruch hatte sich augenblicklich verändert und Fang ballte unter dem Tisch eine Hand um das Ende seines Sitzpolsters.
"Es schmeckt scheußlich.", erwiderte er und versuchte das Grinsen zu verstecken, dass sich einen Weg auf seine Lippen stehlen wollte.
Kaya sah ihn entrüstet an und sie holte aus, um ihm einen weiteren Klaps auf den Unterarm zu verpassen, aber Fang war schneller und er drehte gekonnt seine Hand und fing ihre in der Luft ab, in dem er seine Finger um ihr blasses Handgelenk schob.
Kaya riss die Augen überrascht auf und blickte dann zu der Stelle herunter, an der sie sich berührten.
Fang unterdrückte das Verlangen, sie an ihrem Handgelenk über den Tisch näher zu sich zu ziehen und strich stattdessen sanft mit dem Daumen über die Unterseite ihres Armes - dort wo ihre Pulsader verlief und er spürte regelrecht wie Kaya erschauerte, bevor sie ihm mit geröteten Wangen die Hand entriss und auf ihrem Polster zurück rutschte.

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KAYA
Người sóiNach einer überraschenden Beförderung ist Kaya einer heißen Spur auf den Versen, die das Potenzial hat, ihre gesamte Weltsicht einzureißen. Fang glaubt an die Prophezeiung, die ihm Hilfe für sein Rudel verspricht und verlässt das erste Mal den sich...