Kaya war gerade dabei das Gehege zu säubern, als sie aus ihrem Augenwinkel etwas Rotes aufblitzen sah und Dr. Adams mit Maeve auftauchte. Auf ihre Lippen stahl sich sofort ein zufriedenes Lächeln, als sie erkannte, dass Dr. Adams sie wohl durch die Räume führen musste. Sie schaute in ihre Richtung und Kaya winkte ihr zu und stellte die Schaufel an der Wand ab, um Dr. Adams abzulösen.
„Hey. Hätte echt nicht gedacht, dass es so schnell geht.", sagte Maeve zur Begrüßung und Kaya folgte ihrem neugierigen Blick durch den Raum. Ihre Augen wanderten von den Labortischen zu den riesigen Kisten in der Ecke des Raumes und blieben schließlich an dem Gehege hängen, dass Kaya gerade säuberte.
„Was war da drin?" Maeve ging einen Schritt auf die große Glasscheibe zu und warf einen Blick in das Innere. „Der Wolf, von dem du mir gestern erzählt hast?"
Kaya nickte und beobachtete sie dabei, wie sie, wie selbstverständlich, durch die offene Tür in das Gehege stieg und sich einmal um ihre eigene Achse drehte. Sie begutachtete die Höhlen und den riesigen Baumstamm in der Mitte des Geheges und nahm etwas von der Erde, die Kaya noch nicht frisch eingestreut hatte, in die Hand und ließ sie dann wieder zu Boden rieseln. Ihr Gesicht wirkte dabei total konzentriert und Kaya traute sich nicht, was auch immer sie da gerade tat, zu unterbrechen. Ihre Nasenflügel blähten sich kurz auf, als sie an der Stelle stand, an dem Kaya den unverletzten Wolf das letzte Mal gesehen hatte, dann drehte sie sich ruckartig zu ihr um:
„Wie lange hast du gesagt, ist das jetzt her, seit er verschwunden ist?"
Ihre plötzliche Frage überraschte Kaya so sehr, dass sie einige Sekunden brauchte, bis sie die Tage in ihrem Kopf durchgegangen war und ihr eine Antwort geben konnte. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich überraschenderweise noch mehr, bevor sie sich schüttelte und das Gehege schweigend verließ.
Kaya erklärte ihr ihre Tätigkeiten und zeigte ihr ihren Schreibtisch und entschied sich dann dafür, sie mit zu den Kleintieren zu nehmen, damit sie auch einmal Hand anlegen durfte. Sie bereiteten in einvernehmender Stille das Futter für die Tiere vor und zu Kayas allergrößten Erstaunen, schien Maeve immer schweigsamer zu werden, je näher sie den Gehegen der Eichhörnchen und Feldhasen kamen.
„Okay, es ist Fütterungszeit, das heißt, hier wird es gleich nur so wimmeln von hungrigen Tieren." Kaya schmunzelte amüsiert, als sie ihren besorgten Blick auf ihr wahrnahm. „Keine Sorge. Die beißen auch in der Regel nicht."
Dann bedeutete sie ihr zu folgen und machte einen ersten Schritt in das Gehege der Eichhörnchen, wo sich bereits eine Hand voll in der Nähe der Futterecke tummelten und einige Mutige es sogar versuchten, an ihren Beinen hochzuklettern, um an den Futtereimer zu gelangen. Maeve sah ihr mit Verwunderung in den Augen dabei zu, bewegte sich aber keinen Millimeter in die Nähe des Geheges. Sie stand wie versteinert vor der Glaswand und sah unsicher zu Kaya herüber.
„Hier." Kaya hielt ihr den anderen vollen Eimer hin und sie kam zaghaft einen Schritt auf das Gehege zu. „Du kannst ruhig auch reinkommen. Die Eichhörnchen kennen das schon."
Maeve kam so vorsichtig wie es ihr nur möglich war in das Gehege und plötzlich wurde es um sie herum totenstill bis auf das Scharren von kleinen Pfoten auf dem Fußboden, als die Eichhörnchen von den Näpfen auf den Schutz der Bäume flohen und in den darin versteckten Höhlen verschwanden. Kaya schaute verwirrt umher, aber kein einziges Eichhörnchen war mehr zu sehen. Trotz der mit Futter befüllten Eimer in ihrer Hand, um den sie sich sonst nur so stritten. Irgendwie schienen sie die seltsamen Ereignisse in den letzten Tagen nur so zu verfolgen.
Maeve schien das sichtlich unangenehm zu sein.
Sie schaute beinahe beschämt auf den Boden und kratzte sich verlegen im Nacken, bevor sie wieder ein paar Schritte Richtung Ausgang machte.
„Ich glaube, das hat mit mir zu tun.", murmelte sie und Kaya verstand nicht ganz, aber sobald sie das Gehege verließ, blickten mehrere Paare verschreckter Eichhörnchenaugen aus ihrem Versteck und das große Gekrabbel nach Futter begann wieder von vorne. Ganz so, als hätten sie Angst vor Maeve gehabt. Dabei stand diese mucksmäuschenstill am anderen Ende des Geheges und wirkte auf sie kein bisschen, wie eine Bedrohung.
„Wie meinst du das?", fragte Kaya verblüfft, als sie das Futter verteilt hatte und wieder nach draußen ging, wo Maeve immer noch mit finsterem Gesichtsausdruck stand und die Glasscheibe zum Gehege musterte.
„Vielleicht habe ich es doch eher mit Raubtieren?", lachte sie nervös und mied Kayas Augenkontakt, „Sieht ganz so aus, als würde ich hier keine Freunde finden."
Die Verwirrung stand Kaya immer noch ins Gesicht geschrieben, aber sie befürchtete, dass sie wie bei so vielem in letzter Zeit, keine einfache Antwort auf das Geschehene finden würde, also beließ sie es dabei.
★★★
Maeve hatte den Job als Aushilfe von Dr. Adams genehmigt bekommen und würde auf ihre Bitte hin vorerst bei der Verpflegung der Raubttiere unter die Arme greifen. Dr. Adams hatte sie auf alle wichtigen Informationen hingewiesen und sie später wieder in Kayas Labor vorbeigebracht, wo Maeve ihr die Neuigkeiten mit einem freudigen Lächeln auf dem Gesicht verkündete. Sie schien wirklich erleichtert zu sein, dass sie vorerst hauptsächlich Kaya dabei half, die Käfige für neue Patienten vorzubereiten und sie schien wirklich aufrichtig erfreut.„Vielleicht können wir das am Wochenende gemeinsam feiern?", fragte sie und klimperte mit ihren feinen hellen Wimpern, bis Kaya darüber schmunzelnd nickte.
„Mal sehen." Kaya strich sich eine lose Haarsträhne hinter das Ohr. „Ich bin nicht so das Party-Tier."
„Ich auch nicht.", entgegnete Maeve, aber irgendetwas daran ließ sie stutzen. Kaya konnte sich Maeve viel besser in irgendwelchen dunklen Clubs auf der Tanzfläche vorstellen, als sie das bei sich selbst je gekonnt hatte. Irgendetwas an ihr und ihrer eher extrovertierten Art ließ sie vermuten, dass sie keine Schwierigkeiten dabei hatte, sinnlosen Smalltalk zu führen und Bekanntschaften zu schließen. Kaya und Lili hatte sie schließlich auch in kürzester Zeit davon überzeugt, dass sie eine nette Gesellschaft sein konnte.
„Ich kann dir noch nicht zusagen. Vielleicht kann ich aber spontan.", sagte Kaya schließlich und Maeve nickte strahlend, während sie sich die Jeansjacke von gestern überwarf und sich auf den Weg für den Feierabend vorbereitete.
„Vielleicht möchte Lili ja auch dazu kommen?", fügte sie noch hinzu, „Überleg es dir!"
Und dann verschwindet sie durch die Tür und Kaya machte sich schnell daran auch ihre eigenen Sachen für den heutigen Tag einzupacken, damit sie das Institut für heute verlassen konnte. Nach dem Wochenende musste sie sich unbedingt die Ergebnisse der Proben ansehen, die ihr Vorgänger ihr freundlicherweise überlassen hatte, bevor sie ihre neue Tätigkeit übernommen hatte.
Vielleicht würden diese Proben endlich ein paar Antworten geben.
Aber das konnte noch etwas warten. Zuerst wartete ein Wochenende voller Kartons auspacken auf sie – und eventuell eine Party, zu der sie sich nun beinahe verpflichtet fühlte, nachdem sowohl Lili, als auch Maeve sie dazu eingeladen hatten.
***
A/N: Seid ihr bereit? *trommelwirbel*Ab hier nimmt die Geschichte KAYA rasant an Geschwindigkeit zu.
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KAYA
WerewolfNach einer überraschenden Beförderung ist Kaya einer heißen Spur auf den Versen, die das Potenzial hat, ihre gesamte Weltsicht einzureißen. Fang glaubt an die Prophezeiung, die ihm Hilfe für sein Rudel verspricht und verlässt das erste Mal den sich...