Kapitel 25 - Fang

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Schweren Herzens hatte Fang sich von den Frauen verabschiedet und sich auf schnellstem Wege in Richtung Rudel geschlagen. Um schneller voranzukommen hatte er sich noch in Kayas und Lilis Haus in einen Wolf verwandelt und war geradewegs losgelaufen.

Jetzt pieksten die auf dem Boden liegenden Äste und Kiefernadeln lästig in den Sohlen seiner Pfoten, während er durch den ihm so bekannten Wald eilte.

Tief in ihm hatte er ein ungutes Gefühl, das immer lauter wurde und hauptsächlich daher rührte, dass es im Wald gespenstisch still war. Fang hörte keinen einzigen Vogel zwitschern, keine Maus im Gebüsch rascheln und keine Flügen schlagen. Es war, als wären die Tiere des Waldes alle irgendwo in Sicherheit geflohen und diese Beobachtung veranlasste ihn dazu besonders vorsichtig zu agieren. Alle zwei Minuten blieb er stehen und vergewisserte sich, ob die Geräusche zurückkehrten und ob er einen neuen Geruch wittern konnte.

Und die erste halbe Stunde seines Weges roch er überhaupt nichts. Je näher er der Barriere kam, desto unruhiger wurde er. Irgendetwas stimmte hier gewaltig nicht. Und es war nicht so, als hätte er den Gedankengang nicht bereits tausende Male zu Ende gespielt, als Maeve und er die Nachricht von seiner Schwester erhalten hatten, die darum gebeten hatte, dass er zurückkehrte. Aber er hatte vermutet, dass seine erwartete Rückkehr etwas mit dem geschwächten Rudel zu tun gehabt hatte. Vermutlich waren einige Jäger ausgefallen und sie benötigten jemanden, der für das Rudel sorgte. Das war seine naheliegenste Möglichkeit gewesen. Aber das Fehlen der Tiere und das rege Treiben des Waldes sprach eine ganz andere Sprache. Gefahr.

Und während er der Barriere immer näher eilte, zogen sich über ihm dichte Schwaden zusammen und er witterte schon bald den brennenden Geruch von Rauch und verbranntem Holz und Panik ergriff seinen Körper, während er an Tempo zulegte und die Barriere passierte.
Es brannte. Und dem Geruch von Feuer und beißender Angst in seiner Nase nach, ließ keine andere Interpretation übrig, als, dass sein Rudel der Gefahr des Feuers hilflos ausgesetzt war. Bei dem Gedanken wurde ihm übel.

Fang fiel fast über seine Pfoten, als er in die Nähe der Lichtung kam und durch seine brennenden Augen kaum noch etwas erkennen konnte. Der gesamte Waldboden war verkohlt und hatte schwarze Asche hinterlassen und die Luft war erstickend heiß und es fiel ihm mit jedem Schritt immer schwerer zu Atmen.

Ein lautes Jaulen entfuhr seiner Kehle und hallte durch die gespenstische Stille und über das Knistern des Feuers hinweg und er lauschte angespannt nach jeglicher Antwort seines Rudels. Panik fuhr ihm bis in die Knochen, als er sich durch die verbrannten Büsche kämpfte und den beißenden Geruch ignorierte. Seine bernsteinfarbenen Augen brannten vom Rauch, aber die Panik trieb ihn voran. Voran über die Lichtung, auf der eine grausame Stille herrschte, die vom Knistern und Knacken des naheliegenden Feuers beherrscht wurde.

Er jaulte wieder auf und ließ seinen Blick über die Häuser schwanken. Über das schwarze Gestrüpp an Efeu, das noch Timeas und Dakos Haus schmückte und das unter all dem Ruß kaum noch zu erkennen war. Und dann hörte er plötzlich ein leises ängstliches Winseln in der Nähe der Welpenhöhle und er flog über die Lichtung, um sich in den dunklen Schlitz des Felsens zu quetschen.

Er kannte das Winseln. Es gehörte seinen Nichten an und sein Herz sprang ihm beinahe aus der Brust vor Erleichterung, als er die beiden beinahe unversehrt in ihrem dunklen Versteck erkannte und hinter ihnen noch eine ganze Hand voll an anderen Welpen seines Rudels. Ein einziger Blick verriet ihm, dass der Brand den Kleinsten einiges abverlangt hatte. Er betrachtete hastig ihr teilweise versengtes Fell und die kleineren Brandblasen in den offenen Stellen, sowie die vom erhitzten Waldboden wunden Pfoten.

Er winselte und stupste Zaza und Zeze besorgt mit seiner Nase an, um sich zu vergewissern, dass es ihnen ansonsten gut ging, aber er konnte nichts anderes als ihre wummernden Herzschläge und den beißenden Geruch ihrer Angst wahrnehmen. Sie alle brauchten dringend eine Heilerin.

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