KAYA

Kapitel 27 - Fang

Vorsichtig tastete Fang sich vor, als sie Rosas Hütte verließen und bedeutete Kaya ihm zu folgen.
Sein Herz schlug wild und entschlossen in seiner Brust und seine Kratzer hatten sich soweit verschlossen, dass sie nicht mehr bluteten, geschweige denn noch großartig brannten.

Das alles hatte er Kaya zu verdanken. Kaya, die sich so furchtlos auf die Suche nach ihm begeben hatte und sich zwischen ihn und einen fremden Wolf gestellt hatte, um ihm die nötige Sekunde Ablenkung zu besorgen, die er brauchte, um sein Leben zu retten.

Bei dem Gedanken daran, dass sie genauso hätte sterben können, wurde ihm übel, aber er brachte es einfach nicht über sich, darum zu bitten, dass sie hier auf der Lichtung zurückblieb.

Obwohl der Gedanke ihm definitiv durch den Kopf gegangen war. Kurz hatte er damit gespielt, sie mit der Aufsicht der Welpen zu betreuen. Aber dann hatte er in ihre blitzende Augen gesehen und darin die absolute Entschlossenheit brennen sehen, die er auch durch seinen Körper wirbeln spürte. Also hatte er den Mund gehalten und nur genickt. Aber sie würden vorsichtig vorgehen müssen und er würde nicht zulassen, dass sie sich ein weiteres Mal dem Tod vor die Füße warf, um ihn zu retten. So weit würde er es niemals wieder kommen lassen. Das versprach er sich selbst.

Fang warf einen Blick über seine Schulter zu Kaya, die sich ihre Haare inzwischen geschickt hochgebunden hatte, so dass sie nicht an ihrer Verletzung rieben. Er war sich nicht sicher, ob sie noch einmal in der Lage sein würde, sich zu verwandeln. Nicht so kurz nacheinander und auch nicht in ihrem derzeit geschwächten Körper. Er schluckte schwer. In ihren menschlichen Körpern durch das Terrain zu wandern, barg ein viel größeres Risiko, falls sich hier noch mehr Wölfe vom Berg-Rudel versteckten.

Fang bog in Richtung See ab und sie ließen die Stelle zurück, an der er in den Kampf mit dem anderen Wolf verwickelt wurde und wo er den leblosen Körper des anderen Wolfes zurückgelassen hatte, nach dem er sich wieder auf seine Pfoten gekämpft hatte, und ihn in einem wilden Anflug von Aggression erledigt hatte, bevor er zu Kayas regloser Gestalt gerannt war.

"Da!", stieß er hervor und deutete nach vorne, als er die Witterung seines Rudels aufnahm. Kaya, von dem Hinweis abgelenkt, wandte sich mit verzogenem Gesicht von dem Schlachtfeld ab, dass sie hinterlassen hatten und holte in großen Schritten zu ihm auf.

Mit einem kurzen aufmunternden Lächeln in ihre Richtung machte er sich daran, sich in einen Wolf zu verwandeln und bedeutete ihr, das selbe zu versuchen, als eine zierliche Frauengestalt zwischen den Büschen hervor preschte und auf sie zu humpelte. Er hielt in der Bewegung sofort inne und er spürte, wie Kaya sich neben ihm sofort anspannte, als sie die Bewegung im Augenwinkel wahrnahm.

"Fang!", rief eine ihm vertraute Stimme und er brach vor Erleichterung fast zusammen, als er das wehende lange Haar seiner Schwester wahrnehmen konnte und kurz darauf auch Rosas blonder Haarschopf hinter den Büschen auftauchte und auf sie zu eilte.

Mit Tränen der Erleichterung in den Augen, schloss er die Arme um den zitternden Körper von Zena Aarling und stieß ein stilles Danke-Gebet in den Himmel, dass sie noch lebte.

"Geht es euch gut?", flüsterte er in ihr von Erde verschmutztes Haar und schob sie einige Zentimeter von sich, um sie von oben bis unten nach potenziellen Wunden zu betrachten. Ihr Körper war zwar von kleinen Schrammen geziert und ihr linker Knöchel leicht bläulich und angeschwollen, aber ansonsten konnte er keine schlimmere Verletzung an ihr feststellen. Sein Blick schwang zu Rosa, aber auch sie schien in Ordnung zu sein, abgesehen von einer widerlichen Brandwunde, die sich über ihren Arm schob und die bereits Blasen geschlagen hatte.

"Wo sind die anderen?" Kaya trat einen vorsichtigen Schritt näher, während er immer noch damit beschäftigt war nach versteckten Wunden zu suchen.

"Haben sich versteckt, als klar wurde, dass wir nicht gewinnen konnten.", entgegnete Rosa knapp und sah dann zwischen ihr und ihm selbst hin und her, als erwartete sie selbst Antworten, "Sind sie weg?"