30 ~ Rückkehr

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„Abschuss!" meldet mein Wingman. Der Eurofighter jagt noch durch die Rauchschwaden und das Trümmerfeld, was von dem Raumschiff übrig ist, was er gerade mit einer Iris-T zerstört hat.

Man sollte meinen, dass man das alles hier ein bisschen ernster nehmen sollte, Jumper, der scheint da anderer Meinung zu sein. Nachvollziehbar irgendwie. Man sollte jeden Erfolg feiern, sei er noch so klein, aber man sollte auch den nötigen Respekt vor der Mission haben, vor dem Kampf...vor dem Tod. Es macht zwar Spaß hier oben zu sein, aber ein Pilot darf nie vergessen, warum er hier ist. Um zu kämpfen, um zu verteidigen. Und nicht zuletzt, um zu töten.

„Bleib ruhig, Sechs." Mit einem abfälligen Blick verfolge ich das brennende Wrack des feindlichen Flugeräts. Ich habe immer noch keine Ahnung wie ich diese Fliegenden TickTacks nennen soll. Und sie kommen in allen möglichen Größen und Formen. Manche haben im Zentralbereich eine Art Antenne, andere haben Flügel, einigen haben fette Kanonen an der Unterseite und wiederum andere haben die scheibenförmige Form, an die man bei UFOs so denkt normalerweise. Das sind die schlimmsten. Sie können auf der Stelle drehen, sich von Null auf Mach 1 innerhalb von einer Sekunde beschleunigen, vielleicht auch mehr? Eins dieser Dinger hat zwei der fünf verbleibenden Tornados der Daggers ohne Probleme vernichtet, jedenfalls bis Blackhole dem Hosenscheißer da drin mit einer IRIS-T den Tag versaut hat, nachdem Hera seine Schilde abgelenkt hatte.

Man sollte meinen, dass die Aliens jeden ihrer Jäger so bauen sollten, auf die Idee scheinen diese Viecher aber nicht gekommen zu sein, oder sie waren zu arm um es zu tun. Muss ein Vermögen kosten so ein Ding zu bauen.

„Alles klar, Geister." meldet sich Blackhole und reißt mich aus den Gedanken, „Ab nach Hause."

Ich führe einen Kurvenflug durch und führe das Rendevouz mit meiner Staffel durch.

„Was machen wir, wenn sie uns tracken?" fragt Hera diese durchaus berechtigte Frage. Mir ist schon der selbe Gedanke gekommen. Wir würden sie direkt zu uns führen.

„Der ECR stört jede Frequenz, die ihnen zur Verfügung steht, alles. Wir gehen auf Tiefstflug und hauen ab." befiehlt Blackhole. Dem hat niemand mehr was hinzuzufügen, also lege ich den Jet auf den Rücken und gehe in den Sturzflug. Triebwerke in Leerlauf, die Geschwindigkeit steigt trotzdem rasant an.

Die ersten Alarmsignale schlagen an und auf meinem Head-Up Display formt sich ein Pfeil, der nach oben zeigt. Dazu meldet sich mal wieder die Liebe Bitching Betty. „Terrain, Pull-Up. Terrain, Pull-Up."

Ich ignoriere die Computerstimme und bringe den Jet wieder auf Horizontalen Kurs. Mitten durch ein Gewusel aus Hügeln und Bergen schlängeln wir uns langsam wieder Richtung Basis.

„Mir nach, Geister." Blackhole geht aufs Ganze. Die Afterburner leuchten auf und seine Maschine fliegt mir davon.

„Pull Up, Pull Up!" beschwert sich wieder mal das System. Mir ist selber klar dass mein ganzes Sichtfeld von dem Berg da vorne eingenommen wird. Ich lege meinen Jet auf den Rücken und jage über das Hindernis hinweg.

Im Tiefflug durch die bergige Landschaft Süddeutschlands zu fliegen war schon immer etwas besonderes. Trotzdem ist es sehr sehr lange her, dass wir so fliegen konnten, wie wir quasi wollten. Der sonst so rammelvolle Luftraum ist menschenleer. Nichts ist am Himmel. Jedenfalls nichts was wir sehen könnten. Wir sind jetzt die Meister des Himmels.

„Geist Squadron, Contact Bravo 17 Radar, bearing 237, proceed at path. Sky is clear on all altitudes." Der Kerl am anderen Ende des Funks weist uns bereits für die Landung ein. Wie angeordnet schalten wir auf den Kanal des Shatterdomes um.

Keine sechs Minuten später schlägt meine Maschine krachend auf der Landebahn auf und der Fanghaken trifft das dazugehörige Fangseil punktgenau. Während ich mich von der ziemlich ungemütlichen Landung erhole und auf den Parkstreifen rolle, öffne ich das Helmvisier und nehme die Atemmaske ab. Ein paar Momente sitze ich einfach da und lasse die kalte, angefeuchtete Luft dieses Ortes durch meinen Körper dringen. Es ist ein herrliches Gefühl nach so einem Einsatz wieder „echte" Luft zu bekommen, statt dem Gemisch aus den Lebenserhaltungssystemen.

Als der Jet endlich in der Box anhält vibriert mein Körper immer noch. Meine Fliegermontur klebt mir wortwörtlich auf der Haut, meine Füße sind eingeschlafen. Das nervende Kribbeln der beiden Beine lässt meine Motivation für den Resttag nur noch mehr sinken. Ich lasse meinen Kopf kreisen, ein viel zu lautes Knacken lässt mich innehalten. Aua. Das war wohl ein bisschen zu viel des Guten.

Nach ein paar Momenten öffne ich endlich die Cockpithaube und steige über die Leiter aus dem Flugzeug. Ich klopfe ein letztes Mal anerkennend auf den Rumpf der 30-96, dem einzigen Eurofighter mit der „Sword of Boelcke" genannten Lackierung. Sie hat ihren Dienst getan, erstklassig, wie man es von ihr erwartet.

 Sie hat ihren Dienst getan, erstklassig, wie man es von ihr erwartet

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Das Wasser plätschert, fließt mir in Strömen am Körper herab. Alles woran ich denken kann sind die Leben, die in den letzten Tagen einfach aufgehört hatten zu sein. Jedes einzelne von ihnen. Wie es meinem Vater geht weiß ich immer noch nicht. Der Gedanke daran, ihn nie wieder zu sehen macht mich krank. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht gleich meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Die ein oder andere Träne kann ich dann doch nicht mehr zurückhalten. Dafür war das alles einfach zu viel in den letzten Tagen.

Ich drehe das Wasser ab und verharre weiter in der kargen betonumgebenen Dusche des Quartiers. Jeden einzelnen Tropfen, der von mir abfließt spüre ich plötzlich. Ich starre ins Nichts, in die Leere. Es ist das Verhalten, dass der Psychologe damals als Zeichen für Depression wertete. Wenn dem so ist, tja, dann bin ich wohl seit fast 10 Jahren depressiv. Der Fliegerarzt hatte da wohl ne andere Meinung, sonst stünde ich nicht hier, wo ich jetzt stehe.

In meinem Kopf herrscht die gleiche Leere wie in meinem Blick und nicht zuletzt auch irgendwie in meinem Herzen. Die Hoffnung auf sowas wie eine Bilderbuchbeziehung  habe ich schon vor langer Zeit begraben. Kampfpilot zu sein ist natürlich was, was Eindruck schindet, aber am Ende ist trotzdem immer irgendwas. Außerdem verursachen die Damen mir immer nur mehr Schmerzen, mehr Unsicherheiten und mehr Angst.

Nichts davon kann ich im Cockpit gebrauchen.
Wer nicht voll bei der Sache ist, wird einen Fehler machen. Wer einen Fehler macht, der wird sterben.
Und ich werde nicht zulassen, dass ich oder einer meiner Freunde, dieser Piloten, die mir so am Herzen liegen, wegen mir draufgeht.

Six StrongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt