41 ~ Im Nichts

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Es ist kalt, arschkalt. Mein Kopf brummt, und das verdammt stark. Ächzend öffne ich langsam die Augen. Aua.

Meine Schulter und mein Nacken schmerzen, die
G-Kräfte beim Ausstieg müssen sie ziemlich mitgenommen haben.

Ich brauche ein bisschen, bis ich realisiere, was um mich herum passiert. Ich hänge am Fallschirm, nicht mehr am Sitz, also muss ich wohl länger als ein paar Minuten ohnmächtig gewesen sein. Ein stechender Schmerz durchzuckt meine Flanke, als ich mich umsehen will. Es ist stockdunkel. Schmerzerfüllt lasse ich einen Fluch los, der sogar für meine Verhältnisse sportlich ist.

Es dauert eine Weile, aber langsam gewöhnen sich meine Augen an die Umgebung. Erst jetzt realisiere ich, dass ich nicht mehr falle, ich hänge. Um genau zu sein hänge ich in einem Baum.

„Fuck." Ich taste nach dem Verbindungsstück des Gurtzeugs zum Fallschirm, betätige den Schalter und schon geht's bergab. Mit einem verdammt harten Aufprall lande ich im Dreck, irgendwo in einem Wald, irgendwo in Nordfrankreich oder Luxemburg. Stöhnend bleibe ich erst einmal liegen. Der Schmerz ist überwältigend, irgendwas muss mich getroffen haben, Schrapnelle oder so? Keine Ahnung. Der stechende Schmerz in meiner rechten Flanke wird nur noch stärker.

Mit zittrigen Händen taste ich in der Dunkelheit nach der Notfall-Taschenlampe an meinem Gürtel. Als ich sie einschalte und auf das Epizentrum des Schmerzes lenke kommt es mir fast hoch. Ein locker fingergroßer Metallsplitter steckt mir in der rechten Flanke auf Höhe des Bauchnabels. Fluchend verziehe ich das Gesicht. Das darf doch wohl nicht wahr sein.

Ich habe zwar einen minimalistischen Verbandskasten an meinem Gürtel, aber der hat weder Morphium, noch sonst irgendwas, was den Schmerz eines fetten Splitters in dir lindern könnte.

Schwer atmend befreie ich mich unter fucking Höllenschmerzen aus dem Gurtzeug. Ich muss hier weg, diese Wichser werden nach mir suchen und ich habe wenig Lust darauf, von einem hässlichen Alien in irgendeinem Wald hingerichtet zu werden.

Mit einem unterdrücktem Stöhnen rappele ich mich auf und humpele, so schnell es dieser beschissene Splitter in mir erlaubt, davon. Egal wo hin, Hauptsache weg hier.

Je länger ich laufe, desto schwindliger wird mir. Ich verliere Blut, viel davon. Angst steigt in mir auf. Ich will nicht so enden. Nicht hier. Nicht heute. Meine Beine zittern, ich verliere das Gefühl in den Fingern. Scheiße, warum ich? Was habe ich getan, um so eine Scheiße zu verdienen. Ihr verfickten Hurensöhne. Ihr dreckigen Wichser. Ihr schwanzlutschenden Dreckssäcke, Was habe ich euch getan?!

Ich muss diesen beschissenen Splitter abdecken, also hole ich mit zitternden Händen das Medikit hervor, öffne es und hole die Bandage heraus. Begleitet von einem schmerzerfülltem Fluch binde ich mir die Bandage um. Rausziehen kann ich den beschissenen Splitter nicht. Es könnte sein, dass er irgendwelche lebenswichtigen Adern oder so durchtrennt hat und nur er noch das Blut darin davon abhält, rauszuspritzen.

Ächzend stehe ich wieder auf, ich muss weiter.

Eine erneute Welle des Schmerzes lässt mich zu Boden gehen. Tränen laufen meine verdreckte Wange herab. Meine Sicht verschwimmt langsam. Nur noch Schatten tanzen durch meine immer verschwommenere Sicht. Mit letzter Kraft lehne ich mich an einen Baum.

Bilder von meiner Kindheit schießen mir durch den Kopf. Von mir, wie ich als kleiner Junge mit großen Augen am Zaun vom Fliegerhorst stand und den Piloten gewunken habe. Wie ich geträumt habe, eines Tages einer von ihnen zu sein.

Wie meine Mutter mich ausschimpfte, weil ich mich zum Fliegerhorst weggeschlichen habe.
Wie sie weinte, als ich ihr von meiner Bewerbung erzählte.

Es kommt alles wieder. Die schönen, und die traurigen Momente. Wie eine Flut überwältigen sie mich. Crown, meine Freunde, mein Vater, die Zerstörung, der Krieg, die Angst, der Stress, die Sirenen, die Hoffnungslosigkeit, der Schmerz, der Geschmack meines eigenen Blutes, Angels wunderschönes Gesicht...
Schwärze.

Six StrongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt