Ein Pilot.
Er ist Kampfpilot.
Er ist Titan.
Eines Tages werden er und die anderen Piloten seiner Staffel zu einem Einsatz gerufen, der ihre Leben, und die aller Menschen für immer verändern wird. Denn ein mysteriöser Radarkontakt ist aufgetaucht.
...
Wie in Trance stehe ich da und starre in den Tunnel vor mir. Vor den Fenster vor mir manövrieren die Kampfjets in dem abgedunkelten Tunnel, der nur von den weißen, grünen und roten Lichtern der Rollbahnbefeuerung erleuchtet wird.
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Das gleichmäßige Röhren der Triebwerke hallt in meinen Ohren wider. Wenn man selbst drin sitzt vergisst man das Geräusch, dass diese Maschinen erzeugen.
Der Helm und die integrierte doppelte Schallisolierung lassen einen schnell vergessen, welch archaische Gewalt hinter dem Schub steckt, der uns antreibt. Und doch ist es wie Musik in meinen Ohren. Es ist das Geräusch von Kraft, Schnelligkeit und ungezähmter Freiheit.
„Tower, this is Golf-Lima zero zero. Ready to take off." dröhnt es über die Lautsprecher an der Decke des Launch Controls. Um mich herum murmelt ein halbes Dutzend Flugsicherheitsoffiziere in Headsets, verschieben taktische Karten auf ihren übergroßen Monitoren oder studieren aufmerksam das Manöver, bei dem Blackhole und Blaster gerade auf ihre Startposition rollen.
Während hinter ihnen die Barrikaden hochfahren, die den Effekt des Afterburners eindämmen sollen, tauchen auch schon die Eurofighter von Hera und Crimson im Schacht dahinter auf.
„Launch Control, clear for take off. Contact operations command service. Viel Glück da draußen." antwortet einer der Offiziere, ein junger Mann mit braunen, kurz geschorenen Haaren, der nervös mit einem Stift herumfummelt.
Das gleichmäßige Dröhnen erhöht die Frequenz und mit einem unglaublich Zischen schießen die beiden Kampfjets in schneller Abfolge aus dem Tunnel.
„Clearing Flight Line." meldet eine junge Frau von vorne. Ihre schwarzen, zusammengebundenen Haare wirbeln dabei im Raum herum. Immer noch reaktionslos in den Tunnel starrend verfolge ich, wie sich das Katapult wieder zurückzieht und sich der Rauch des vorherigen Abschusses im Tunnel auflöst.
„Sie machen das schon, keine Sorge." Angels Hand berührt sanft meine Schulter, was mir für einen kurzen Moment einen Schauer gibt.
Ich seufze nur lautlos und schaue genauso wortlos zu, wie auch Hera und Crimson und zuletzt Jumper hinausschießen.
„Ich sollte bei Ihnen sein, Angel." murmle ich so leise, dass nur sie es hören kann, „Seitdem mein Vater wieder da ist...ich...ich" meine Stimme fängt an zu beben, „Ich will das alles nicht mehr."
Sie mustert mich und ein Ausdruck von tiefer Sorge und Mitleid zieht auf ihr so schönes Gesicht auf. Verdammt, lächel wieder. Dann würdest wenigstens du mich von dieser beschissenen Welt ablenken. Für einen kurzen Augenblick treffen sich unsere Blicke und für den Bruchteil einer Sekunde habe ich das Gefühl, in ihren großen meerblauen Augen zu ertrinken.
Fuck ist sie schön.
„Ich weiß." sie greift meine Hand und drückt sie fest, was bei ihren dürren Armen nicht mehr als ein leichter Druck ist. Sie ist noch dünner als sonst. Vielleicht isst sie nicht mehr richtig? Wer könnte es ihr bei dem Fraß, den der Fressladen mittlerweile auftischt, verübeln? Ich jedenfalls nicht.
Stattdessen lächele ich einfach nur angestrengt und seufze.
„Komm, setzt dich hin." Sie setzt sich wieder an ihre Station und setzt sich das Headset auf. Wortlos lasse ich mich auf den Sessel daneben sinken. Eine tiefe Traurigkeit überkommt mich.
Ich bin gefangen in einem Kampf zwischen zwei Seiten von mir.
Zwei Familien, die in mir um die Vorherrschaft kämpfen.
Mein Vater, mein so liebender Vater, auf der einen Seite, für den ich das alles aufgeben wollen würde. Einfach fliehen würde, um bei ihm zu sein.
Meine Freunde und Kameraden, mit denen ich schon so viel ertragen habe und die sich auf mich verlassen, auf der anderen. Sie sind meine neue Familie. Und nicht mit ihnen da draußen zu sein, kommt mir wie Verrat vor. Und das Gefühl hasse ich. Machtlos zugucken zu müssen, wie sie dort hinausfliegen und vielleicht nie wiederkommen. So muss sich Angel wohl jeden Tag fühlen.
Diese Frau wirkt so gebrechlich und mittlerweile so bleich wie Porzellan. Ja, das ist es, wie eine zerbrochene Porzellanpuppe. Die blasse Haut, die tiefen Augenringe und ihr ungepflegt erscheinendes Haar, sie wirkt verloren. Und doch strahlen ihre Augen immer noch diese Lebensfreude aus. Wie hält sie das nur durch?
„Copy Splash, Zulu-Alpha 1-3." Ich schaue überrascht hoch. In ihre Arbeit vertieft sitzt Angel vor dem Monitor, auf dem einzelne blaue Punkte über eine Karte Europas verteilt sind. Zulu-Alpha 1-3 muss wohl gerade einen Alienwichser gefickt haben, sonst würde sie Splash nicht verwenden.
Einer weniger. Bleiben nur Tausende weitere.
„Zulu-Alpha 1-3, turn back immediately. MULTI-14 detects enemy activity bearing 1-6-2." Ihre ruhige Stimme füllt sich mit professioneller Hektik.
Leise und dumpf hört man die panische Stimme des Piloten auf der anderen Seite aus dem Kopfhörer dringen.
„Zulu-Alpha 1-3, abort mission! Return to Bravo 1-7 immediately!" Sie klickt nervös auf einem Kugelschreiber herum. Stumm beobachte ich sie.
Sie wirbelt herum und verbindet sich mit einer anderen Frequenz. „Golf-Lima 0-0, this is Bravo 1-7, turn 0-9-3 immediately. Friendlies under fire. I repeat, blue forces under fire. Distance: 91 Miles!"
Ihre so heruntergekommenen, aber doch so prachtvollen Haare.
Sie dreht sich wieder dem Bildschirm zu. „Zulu-Alpha 1-3, help is underway! Hold the line! Time to arrival: 4 Minutes!"
Die kleine Schramme auf ihrer rechten Wange. Der kleine braune Fleck Dreck an ihrem Kinn.
Ein weiteres Licht blinkt an ihrer Konsole auf. Sofort schaltet sie um. „Lima-Mike 5-9, understood. Hold on." Sie blättert blitzschnell in einem Kartenstapel vor ihr, „Turn West-north-west at 0-4-1 degrees!"
Ihr so markanter Duft nach Vanille gemischt mit dem Geruch des Kerosins, der diesen Ort so prägt.
Wieder schaltet sie blitzschnell um. „Golf-Lima 0-0, Blackhole, hurry up! Increase speed to max!"
Wieder und wieder zuckt ihre Hand zwischen den Kanälen hin und her. „Zulu-Alpha!"
Ihre riesigen, tiefblauen und zu Schlitzen verengten Augen, in denen man fast schwimmen könnte.
„Zulu-Alpha 1-3, do you copy?!"
Zulu-Alpha 1-3 antwortet nicht mehr. Zulu-Alpha 1-3 ist zerstört. Zulu-Alpha 1-3s Pilot ist gestorben. Zulu-Alpha 1-3s Geschichte ist geschrieben.
Für einen langen Moment hält Angel inne, dann seufzt sie lautlos und setzt sich langsam das Headset ab.
Obwohl sie so zerstört ist, sieht sie aus wie ein Engel. Niemand wird ihr das je nehmen können.
Niemand wird je meinem Engel seine Schönheit nehmen.
