Ein hitziges Spiel

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Es gab ein großes Hallo, als Draco schließlich nach - ziemlich öden - Ferien nach Hogwarts zurückkehrte. Vincent, Gregory, Pansy und Millicent mussten alle ziemlich Spaß gehabt haben, denn sie redeten davon, dass sie gerne längere Ferien gehabt hätten, aber Draco war froh, wieder in Hogwarts zu sein.
Theo hatte sich in der Zeit ihrer Abwesenheit mit den wenigen verbliebenen Slytherins zusammegeschlossen und dadurch wohl auch ganz nette Gesellschaft gehabt, aber er hatte seine Freunde vermisst, das merkte Draco. Blaise wirkte einfach nur erleichtert, wieder zurück zu sein, und tat Nachfragen über seinen zukünftigen Stiefvater lediglich mit einem genervten Augenrollen und einer abwinkenden Handbewegung ab.
In ihrem Schlafsaal räumte Draco die mitgebrachten Instrumente aus - seine beiden Flöten und die Handpan, die er sich als Weihnachtsgeschenk ausgesucht hatte.
Greg und Vince hatten nur einen flüchtigen Blick dafür über, aber Blaise und Theo waren begeistert und reichten das Instrument immer wieder hin und her, um es auszuprobieren. Da beide, wie Draco, musikalische Früherziehung genossen hatten (beziehungsweise von ihren Eltern dazu gedrängt worden waren), benötigten sie nicht lange, um sich in das Instrument einzufühlen.
Während sie spielten, warf Draco immer wieder abwartende Blicke Richtung Fenster, obwohl ihm irgendwie klar war, dass kein Wassermensch dort erscheinen würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit konnten die Wesen die Instrumente durch die Scheibe gar nicht hören.
Theo meinte, sie seien wohl insbesondere dämmerungsaktiv, und da derzeit noch tiefster Winter war, hatte keiner von ihnen Lust, sich in der Dämmerung an den See zu setzen und Musik zu machen. Sie würden wohl mit der Kontaktaufnahme erst im Frühjahr beginnen können. Wenn es denn überhaupt funktionierte.
Der Schulalltag hatte sie ziemlich schnell wieder im Griff und Draco wunderte sich nicht, dass er innerhalb kürzester Zeit immer wieder mit Potter und Weasley aneinander geriet.
Einmal bekam Marcus Flint einen Schlagabtausch zwischen ihnen mit, der damit endete, dass Potter und Weasley wieder einmal aufsprangen, wie um sich auf Draco zu stürzen - Draco war tatsächlich schockiert über die Gewaltbereitschaft der Gryffindors, in diesem Haus kam es auch untereinander immer mal wieder zu Prügeleien, hitzköpfig, wie sie nun einmal waren - und er gab ihm den Tipp eines Verteidigungs-Fluches, falls Potter oder Weasley ihn tatsächlich einmal angreifen sollten, denn in diesem Fall war es nur der raschen Intervention von Hermine Granger zu verdanken, dass ihre beiden Freunde sich nicht auf ihn stürzten.
„Eigentlich lernt man den Fluch erst in der Fünften", erklärte Marcus. „Er heißt Locomotor Mortis. Es ist der Beinklammerfluch. Komm, ich zeige ihn dir."
Adrian erklärte sich bereit, den Fluch einmal an sich zeigen zu lassen und ließ danach sogar zu, dass Draco ihn einmal an ihm übte, woraufhin Draco sich bei den beiden älteren Jungen bedankte.
Der Fluch konnte tatsächlich praktisch sein, denn wusste man den Gegenzauber nicht, musste man sich vorerst hüpfend oder kriechend fortbewegen.
Draco rechnete allerdings nicht damit, dass sich bereits am nächsten Tag die Chance ergab, den Fluch zu üben, wenn auch auf andere Weise, als er es gerne getan hätte, sollten seine Opfer doch eigentlich Potter oder Weasley sein.
Er lernte mit den anderen gerade in der Bibliothek, als er diese blöde Schnepfe, Milana aus Ravenclaw, mit ihren Freundinnen sah. Tatsächlich ließen sie ihn seit ihrem letzten Aufeinandertreffen in Ruhe, aber das, was sie gerade taten, ärgerte Draco auch ungemein: Lu Baddock ging zusammen mit einer Freundin in der Nähe von Milana vorbei, und Draco sah deutlich die Blicke, mit denen die Ravenclaws das Slytherin-Mädchen musterten: Einerseits abfällig, aber andererseits sah Draco auch einen gewissen Neid in den Blicken.
Sie lästerten.
Er sah deutlich, dass sie über Lu tuschelten und nicht gut über sie redeten, und er konnte nicht widerstehen, also stand er auf und schlich sich zwischen den Regalen näher, um zu hören, was sie sagten.
„...kommt sich total toll vor."
„Ja, dabei ist sie gar nicht so toll und die Jungs stehen nur auf sie, weil sie so leichtes Spiel bei ihr haben."
„Die macht es ja sowieso mit jedem."
Er wusste nicht, warum, aber es erfüllte ihn mit unfassbarer Wut, dass sie so schlecht über Lu redeten.
Schnell hastete er hinter dem Regal hervor.
„Locomotor Mortis!", sagte er rasch.
Es war das erste, was ihm eingefallen war, und im Prinzip auch das Sinnvollste, alle anderen Zauber, die sie bisher gelernt hatten, hätte ja keinen Schaden angerichtet.
Leider hatte er im Vorfeld nicht gesehen, wohin er eigentlich zielte, der Fluch zischte großzügig an den Mädchen vorbei - und traf Neville Longbottom, der in der Nähe an einem Regal gestanden hatte.
Die Mädchen quiekten erschrocken auf und beeilten sich, wegzukommen, während Longbottom versuchte, einen Schritt zu machen und natürlich einfach umkippte, da seine Beine aneinander geklammert waren.
Mit ein paar raschen Schritten war Draco bei ihm und sah auf ihn herab.
„Super, ich wollte den Fluch sowieso noch mal an irgendjemandem üben", sagte er und musste über Longbottoms dummes Gesicht grinsen.
Da Marcus ihm den Gegenzauber nicht gezeigt hatte, ließ er Longbottom einfach liegen.
Zusammen mit seinen Freunde beobachtete er amüsiert, wie Longbottom sich mühsam am Regal hochzog und dann begann, aus der Bibliothek zu hüpfen.
„Idiot", kommentierte Vincent und Greg grunzte zustimmend.
Draco schnaubte lediglich, aber kurz zuckten seine Gedanken zu Hermine Granger. Sie war mit Longbottom befreundet und wenn sie herausfand, dass Draco-
Er unterbrach seinen eigenen Gedankengang.
Ja, und wenn sie es herausfand? Es konnte ihm egal sein, was dieses Schlammblut von ihm dachte.
„Hey, alles klar bei euch?"
Terence Higgs glitt zu ihnen an den Tisch und grinste sie an.
Draco war froh, ihn so fröhlich zu sehen.
Nach seiner Niederlage beim Quidditch-Spiel Slytherin gegen Gryffindor war Terence lange frustriert gewesen. Es nagte an seinem Stolz, dass er als Drittklässler gegen eine Erstklässler verloren hatte. Draco hatte mitbekommen, dass er kurz nach dem Spiel sogar seine Position als Sucher aufgeben wollte, so sehr machte ihm das ganze zu schaffen, aber Marcus hatte es nicht erlaubt und ihm immer wieder versichert, dass er der beste Sucher sei, den sie sich wünschen konnten und es nicht seine Schuld war, dass Potter so unfair gewonnen hatte.
Noch ehe jemand von ihnen antworten konnte, redete Terence bereits weiter.
„Ich wollte nur fragen... Ihr kommt doch auch zum Spiel, oder?"
„Zu welchem Spiel?", fragte Theo.
„Na, zu welchem Spiel wohl?", echauffierte sich Terence. „Hufflepuff gegen Gryffindor natürlich."
„Wozu?", meinte Draco. „Die Mannschaften interessieren uns nicht."
„Aber es ist wichtig, dass Gryffindor so wenig Spiele wie möglich gewinnt und wir so viele wie möglich von den zukünftigen", erklärte Terence.
„Ah, du meinst, Gryffindor sollte gegen Hufflepuff verlieren, damit dann unsere Mannschaft als nächstes gegen Hufflepuff spielen kann?"
„Genau, und die machen wir dann platt", strahlte Terence. „Damit wir uns so weit nach oben arbeiten wie möglich."
„Aber warum sollen wir uns dafür das Spiel antun?", maulte Draco. „Ich habe keine Lust, diesen dämlichen Potter wieder auf dem Besen zu sehen."
Und das Schlammblut, wie es ihn anhimmelt, ergänzte er in Gedanken.
Terence beugte sich verschwörerisch vor.
„Weil das vermutlich ein sehr interessantes Spiel wird", grinste er. „Snape macht den Schiedsrichter."
„Snape?", entfuhr es Blaise laut.
„Shshsh!", machte Terence.
„Warum macht Snape den Schiedsrichter? Ist irgendwas mit Hooch?", fragte Theo.
„Nein."
„Aber warum macht Snape es dann?", erkundigte Draco sich leise. „Er... nun, er hat doch gar keine Ahnung von Quidditch."
„Keine Ahnung", meinte Terence fröhlich. „Aber er wird jede Chance nutzen, Gryffindor Punkte abzuziehen und Hufflepuff zu bevorzugen, damit Gryffindor verliert."
„Damit Slytherin dadurch weiter aufsteigen kann!", wisperte Draco begeistert und auch die anderen Jungs freuten sich.
„Genau. Also, kommt ihr?"
„Klar!", meinte Theo. „Das müssen wir sehen!"
„Super", befand Terence, erhob sich und tippte sich zum Abschied kurz mit zwei Fingern an die Stirn.
Draco spürte Vorfreude und Genugtuung.
Ja, vielleicht war das Snapes Rache für den unfairen Sieg von Gryffindor.
Mühsam versuchte er, die leisen Zweifel in seinem Innern zu ersticken.
Aus welchem Grund sollte die Schulleitung Snape erlauben, den Schiedsrichter zu machen? Er war dafür nicht qualifiziert. Hooch war da im Grunde genommen die bessere Wahl, sie unterrichtete ausschließlich Flugunterricht, war früher selber Profispielerin gewesen und lebte sozusagen für Quidditch.
Es machte keinen Sinn. Draco bezweifelte, dass es ein Entgegenkommen der Schulleitung wegen des letzten Spiels war.
Er versuchte, den Gedanken an Hermine Grangers Satz zu verdrängen... Snape habe versucht, Potters Besen zu verhexen...
Sollte das wirklich möglich sein?
Nein, so seltsam und düster sein Hauslehrer ihm auch vorkam, Draco sah keinen Grund, warum er vor den Augen so vieler Potters Besen verhexen sollte.
Tatsache war aber, dass jemand den Besen verhext hatte.
Und es war nicht das einzig Unerklärliche, was passiert war.
Ein Troll war sicherlich auch nur mit Hilfe von jemandem hier eingedrungen.
Irgendetwas ging hier an der Schule vor sich. Etwas Merkwürdiges.
Und scheinbar hatten Potter und seine Freunde irgendwelche wahnwitzigen Ideen dazu.
Oder wussten sie mehr als Draco? Was hatten sie herausgefunden?
Er würde die drei - Potter, Weasley und Granger - in der nächsten Zeit besonders im Auge behalten.
Irgendetwas war hier gewaltig faul.

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