Fahrt nach Hogwarts

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Es hatte eine Ewigkeit gedauert, bis eine schrullige Hexe mit einem Servierwagen aufgetaucht war und sie endlich etwas zu Essen kaufen konnten.
Schließlich waren sie satt und zufrieden und tranken noch gelangweilt ihren Kürbissaft.
Vincent und Greg verputzten gerade den gefühlt hundertsten Schokofrosch. Auf dem Sitz neben ihnen stapelten sich die Sammelkarten.
Theo und Draco bekamen kaum noch einen Bissen herunter, aber sie amüsierten sich, indem sie ein paar Bertie Botts Bohnen naschten und lachten, wenn sie sich bei einem besonders ekligen Geschmack schütteln mussten.
Langsam wurde es dunkler draußen, trotzdem wusste Draco, dass sie sicherlich noch eine Weile unterwegs sein würden.
Vorhin hatten verschiedene Vertrauensschüler und -schülerinnen die Waggons abgeklappert - sie trugen bereits Schuluniformen, so dass Draco ihre Häuserzugehörigkeit erkennen konnte, außerdem prangte eine Anstecknadel mit dem Buchstaben V auf ihrer Brust - und auch Pansy versuchte noch einmal, sie besuchen zu kommen, dieses Mal hatte sie Millicent Bulstrode im Schlepptau, die unglaublich wuchtig und grobschlächtig neben der zarten Pansy wirkte. Beide wurden erfolgreich von Vincent und Gregory abgewehrt, da half ihnen auch nicht, dass sie irgendetwas davon faselten, dass angeblich Harry Potter im Zug sei und sie die Jungs fragen wollten, ob diese gehört hatten, dass an den Gerüchten etwas dran war.
Harry Potter.
Ein Name, den Draco in seinem Leben immer wieder gehört hatte. Der Name war so sagenumwogen, dass er sich nicht sicher war, ob es diesen Jungen tatsächlich gab. Manchmal glaubte er, irgendjemand hatte sich diese Figur bloß ausgedacht, um den Tod von dem, dessen Name nicht genannt werden darf irgendwie zu erklären. Wer weiß, vielleicht war dieser unaussprechliche dunkle Zauberer einfach eine Treppe hinunter gestürzt und hatte sich das Genick gebrochen, und da das so furchtbar peinlich war, hatte man sich diese Geschichte ausgedacht von dem Jungen, der überlebte, und der angeblich so mächtig war, dass er einen Todesfluch nicht nur überleben, sondern sogar selbst zurückwerfen konnte. Klang auf jeden Fall spektakulärer als: Also, der, dessen Name nicht genannt werden darf ist auf einem Haufen Eulendreck ausgerutscht und hat sich leider das Genick gebrochen.
Denn, wenn es diesen Jungen wirklich gab, dann musste er doch irgendwo leben, er war schließlich ein Zauberer, der derzeit bekannteste überhaupt, aber niemand hatte ihn jemals gesehen. Ziemlich unrealistisch, die ganze Geschichte, fand Draco.
Selbst irgendein dunkler Zauberer, dessen Name nicht erwähnt wurde, erschien Draco wie eine mythologische Figur, obwohl er wusste, dass es ihn wohl tatsächlich gegeben hatte. Sein Vater hatte von ihm erzählt, er hatte ihn persönlich gekannt, und sein Vater log ihn nicht an, das wusste Draco.
Aber das ganze erschien Draco so fern, so weit weg, dass er sich keine Gedanken darüber machte.
Sein Vater hatte ihm erklärt, dass er, sollte Harry Potter tatsächlich in Hogwarts auftauchen, sich mit ihm gut stellen sollte, denn er musste sehr mächtig sein und es war immer von Vorteil, mächtige Freunde zu haben.
Draco hatte brav genickt und nicht daran geglaubt, dass dieser Junge tatsächlich auftauchen würde.
Als aber kurze Zeit später Marcus Flint und Adrian Pucey über den Gang schlenderten und Draco in ihren Gesprächsfetzen auch wieder etwas über diesen Potter auffing, wurde er doch neugierig.
Ehe er sich aber weitere Gedanken machen konnte, klopfte es an der Scheibe ihrer Abteiltür und Draco war überrascht, als er eine üppige, braune Lockenpracht entdeckte.
Sie blickte durch die Scheibe, und ihr Blick blieb an ihm hängen, ehrliche Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Dann lächelte sie und instinktiv erwiderte er das Lächeln.
Sie schien dies als Einladung zu verstehen, denn sie zog die Abteiltür auf.
„Hey! Mädchenfreie Zo-"
„Klappe, Crabbe", schnarrte er rasch und war selbst erstaunt, dass er plötzlich auf den Beinen war, um zu verhindern, dass Vincent das Mädchen wie Pansy aus dem Abteil drängelte.
Dieser war allerdings so langsam und schwerfällig, dass er nicht einmal aufgestanden war.
Draco hatte schon häufiger bemerkt, dass er selbst und auch Theo sowohl körperlich als auch geistig um einiges schneller waren als ihre beiden Freunde.
„Entschuldigt die Störung", sagte das Mädchen und Draco war erstaunt über ihre höfliche und wohlerzogene Art. „Wir suchen eine Kröte. Habt ihr eine gesehen?"
„Ja, es steht gerade eine vor mir", grinste Greg und Vincent lachte.
Das Mädchen warf den beiden einen Blick zu, den Draco ihr nicht zugetraut hatte. Kühl und gleichzeitig feurig. Deutlich sah er, sie war beleidigt, aber ihr Kinn hob sich trotzdem stolz.
Mit ihr sollte man sich lieber nicht anlegen, schoss es ihm durch den Kopf.
„Ihr seid jedenfalls keine Kröten, denn selbst die haben ein Hirn", schoss sie zurück.
Draco konnte ein Prusten nicht unterdrücken.
Vincent und Greg starrten finster.
Theo beobachtete die Szene still und aufmerksam, sah von Vince und Greg zu Draco und dann zu dem Mädchen und wieder zurück.
„Wer bist'n du überhaupt?", maulte Gregory beleidigt und Vincent musterte sie feindselig.
Das Mädchen ignorierte sie.
„Also", sagte sie, nun wieder an Draco gewandt. „Habt ihr eine gesehen? Eine Kröte? Neville hier-"
Sie brach ab, als sie neben sich deutete und bemerkte, dass dort überhaupt niemand stand.
Ungeduldig schnalzte sie mit der Zunge, angelte mit ihrer Hand nach irgendetwas außerhalb des Abteils und zog einen Jungen am Ärmel hinein.
„Was'n das für einer?", jaulte Vincent und der Junge lief rot an.
Er wirkte verschüchtert, auf seinen Wangen waren Tränenspuren zu sehen. Dunkelblondes Haar mit einem schrecklichen Haarschnitt zierte einen Kopf mit rundlichem Gesicht.
Alles an ihm schrie für Draco nach Hufflepuff, was für ihn das absolute Versagerhaus war.
Erneut ernteten Vincent und Greg einen bösen Blick von dem Mädchen.
„Neville sucht seine Kröte", erklärte sie. „Also, habt ihr eine gesehen?"
Draco dachte kurz an das huschende Wesen, das von den beiden rothaarigen Zwillingen und dem Jungen mit den lustigen Haaren verfolgt worden war, aber das war eindeutig keine Kröte gewesen.
„Tut mir leid, nein."
Das Mädchen schien enttäuscht.
„Komm, Neville", sagte sie und dann, in Dracos Richtung gewandt: „Danke."
Sie wandten sich um.
„Tut mir leid, Neville", sagte sie im Hinausgehen zu dem weinerlichen Jungen.
„Naja", sagte dieser leise. „Dafür hast du Harry Potter sehen können."
Draco horchte auf.
„Hey, warte mal!"
Er hastete hinter den beiden her.
„Ja?"
Sie drehte sich auf dem Gang zu ihm um und sah ihn an.
„Habt ihr eben über Harry Potter geredet?", fragte er.

A Death Eater's Tale Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt