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Während ich langsam durch die Straßen ging, überkam mich eine seltsame Ruhe. Die Tränen waren versiegt, und obwohl der Schmerz noch tief in mir saß, fühlte ich mich ein wenig gefasster. Ich versuchte, meinen Kopf frei zu bekommen, indem ich mich auf meine Umgebung konzentrierte – die alten Häuserfassaden, die Laternen, die sanftes Licht auf den Gehweg warfen, und die vereinzelten Menschen, die an mir vorbeigingen.

In meinem Kopf drehte sich alles um die letzten Wochen und Monate. Ich dachte an die schönen Momente mit Amo, aber auch an die Enttäuschungen und das Unausgesprochene, das wie eine schwere Last auf unserer Beziehung gelegen hatte. Vielleicht hätte ich mehr kämpfen sollen, vielleicht hätte ich ihn nicht einfach gehen lassen sollen. Aber jetzt war es zu spät für diese Gedanken. Was geschehen war, war geschehen.

Ich versuchte, mir einzureden, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert war, dass es irgendwie Teil meines Lebensweges sein musste. Doch in dieser Nacht fühlte es sich einfach nur schmerzhaft und unfair an.

Als ich schließlich meine Wohnung erreichte, stand ich eine Weile vor der Tür, bevor ich den Mut fand, sie zu öffnen. Drinnen war es still, fast unheimlich ruhig, und die Dunkelheit schien mich zu umarmen. Ich zog meine Jacke aus und ließ sie achtlos auf den Boden fallen, bevor ich direkt ins Schlafzimmer ging und mich auf das Bett legte.

Die Decke über mir wirkte plötzlich bedrückend, und ich schloss die Augen, in der Hoffnung, dass der Schlaf mich bald übermannen würde. Aber anstatt Ruhe zu finden, kamen die Gedanken zurück – stärker und intensiver als zuvor.

Amo. Seine roten Augen. Der Schmerz in seinem Blick. Die Art, wie er meinen Namen sagte, als hätte er Angst, ich könnte ihn jedes Mal, wenn er ihn aussprach, ein Stück weiter verlassen.

Ich drehte mich zur Seite und zog die Decke fest um mich. Ich wollte diesen Schmerz nicht spüren, wollte nicht, dass die Erinnerungen mich in den Schlaf verfolgen. Doch es gab kein Entkommen.

„Es tut mir leid", flüsterte ich in die Dunkelheit, als könnte ich damit etwas ungeschehen machen.

Doch die Worte verhallten in der Stille, ohne eine Antwort. Und so lag ich da, mit einem Herz, das sich anfühlte, als würde es in tausend Stücke brechen, aber noch irgendwie weiter schlagen.

Es dauerte Stunden, bis ich endlich in einen unruhigen Schlaf fiel, doch selbst im Traum holte mich die Realität ein. Amo, seine Stimme, sein Blick – alles war noch da. Der Schmerz verfolgte mich selbst in meine Träume.

Am nächsten Morgen wachte ich erschöpft und verwirrt auf. Das Bett war ein einziges Chaos, die Decken zerwühlt, und mein Kopf fühlte sich schwer an. Ich setzte mich auf und starrte eine Weile ins Leere, bevor ich den Mut fand, aufzustehen. Die Sonne schien durch die Vorhänge und tauchte das Zimmer in ein warmes Licht, das in krassem Gegensatz zu meiner inneren Dunkelheit stand.

Ich wusste, dass ich nicht ewig so weitermachen konnte. Irgendwann musste ich wieder auf die Beine kommen, mich meinem Leben stellen und einen Weg finden, mit allem umzugehen. Aber in diesem Moment schien es mir wie eine unüberwindbare Aufgabe.

Ich entschied, mich unter die Dusche zu stellen, in der Hoffnung, dass das warme Wasser die Schwere von mir abwaschen würde. Doch als das Wasser auf meine Haut prasselte, spürte ich nur die Tränen, die sich wieder ihren Weg bahnten, vermischt mit dem Wasser, das über mein Gesicht lief.

Ich lehnte mich gegen die kühle Fliesenwand und ließ alles einfach laufen – das Wasser, die Tränen, die Gedanken. Es war, als müsste ich all den Schmerz rauslassen, bevor ich irgendwie weitermachen konnte.

Als ich schließlich aus der Dusche trat, fühlte ich mich ein wenig leichter, aber auch leerer. Ich zog mich an und machte mir einen Kaffee, obwohl ich wusste, dass er mir nicht wirklich helfen würde. Die Tasse wärmte meine Hände, aber nicht mein Herz.

Ich setzte mich ans Fenster und blickte nach draußen. Die Welt schien normal weiterzulaufen, als ob nichts geschehen wäre, während in mir ein Sturm tobte. Es fühlte sich ungerecht an, dass alles so weiterging, obwohl sich in meinem Leben so viel verändert hatte.

Aber genau das war es: Die Welt würde sich weiterdrehen, ob ich wollte oder nicht. Und irgendwie würde auch ich mich wieder bewegen müssen, Schritt für Schritt, egal wie schwer es war.

Mit diesem Gedanken nahm ich einen tiefen Atemzug und beschloss, dass ich den Tag überstehen würde – irgendwie. Es war kein großer Plan, aber es war ein Anfang.

Und vielleicht, nur vielleicht, würde der nächste Tag ein kleines bisschen einfacher werden.

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Ein Kapitel was nochmal gut ihre Gefühle beschreibt.

Amo 2-Wenn nicht du,wer dann?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt