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So ließ sie mich dort sitzen, verzweifelt. Ich wusste nicht, was ich wollte, und das war das Problem. Meine Familie braucht mich, sie ist abhängig von mir.

Ich stand auf und wollte sicherstellen, dass Amo weg war, um mich rausschleichen und etwas frische Luft schnappen zu können. Das brauchte ich gerade dringend.

Ich betrat das Schlafzimmer und holte mir einen Jogginganzug, den einzigen, den ich finden konnte. Zwischen all den teuren Kleidern, Schuhen, Taschen und allem anderen fand ich mein Lieblingskleidungsstück – den Jogginganzug. Es war ein einfacher Anzug, nicht von Gucci, Chanel oder was auch immer. Nein, er war einfach von Zara (Boykott Zara). Genau das wollte ich. Ich wollte nicht Geld für Kleidung ausgeben, sondern um zu spenden. Für Leute, die es gerade dringender brauchen als wir, nur weil wir neue Klamotten wollen.

Ich zog ihn an, und was soll ich sagen – er war einfach perfekt. Dazu zog ich mir noch meine Nike Air Force an und ging auf den Balkon. Von da aus gab es einen schmalen Weg, der zum anderen Balkon führte. Der Sprung hinunter war ungefähr 2,80 Meter hoch.

„Das schaffe ich locker," sagte ich leise zu mir.

Mit zusammengekniffenen Augen sprang ich runter und fiel hin. Es brachte mich so zum Lachen, dass ich es erstens geschafft hatte und zweitens, wie ich hingefallen war.

Langsam stand ich wieder auf und strich den ganzen Dreck von meinen Knien. Ich kannte mich hier null aus, aber es war egal. Ich hatte nicht mal mein Handy dabei.

Bestimmt lief ich schon 20 Minuten herum, als ich an einem Schild stehen blieb, auf dem „Palma" stand. Ich hatte fünf Jahre Spanisch in der Schule und wusste deswegen, dass Palma in Spanien ist. Warte mal, ich bin in motherfucking Palma.

Die Sprache beherrschte ich also sollte es kein Problem sein, mich hier zu orientieren. Ich lief weiter und weiter, bis ich eine Mercedes G-Klasse sah. Willst du mich verarschen? Was ist das denn für ein geiles Auto?

Ich starrte es an, bis sich das Fenster öffnete.

„Ey, Puppe, komm mal her," sagte ein Typ. Ich könnte kotzen. (Das Gespräch findet auf Spanisch statt.)

„Verpiss dich," sagte ich wütend.

„Komm schon, Hübsche," sagte er.

„Geh weg, du Bastard," schrie ich.

„Nicht so frech, meine Schöne," sagte er, während er aus dem Auto stieg.

„Wenn du es wagst, mir auch nur einen Meter zu nahe zu kommen, poliere ich dir die Fresse," sagte ich.

„Ich mag freche Mädchen," sagte er. Als er mir viel zu nahe kam und meine Haare zur Seite schieben wollte, drückte ich ihm eine Faust ins Gesicht. Er schrie dramatisch auf, und ich lief so schnell wie möglich in Richtung Villa.

Tränen flossen mein Gesicht hinunter, während ich rannte und keine Luft mehr bekam. Es war mir aber egal; ich wollte einfach schnell nach Hause und dann zu meinen Eltern zurückkehren.

Ich lief und lief, bis ich endlich an dem Haus angekommen war. Zum ersten Mal war ich erleichtert, dort zu sein.

Ich klopfte ohne Ende und schaute mehrmals panisch hinter mich.

Ein Sicherheitsmann öffnete mir die Tür und schaute mich mit großen Augen an.

„Amo, Soraya ist da," sagte er. Ich schob ihn nur weg und trat ein.

„Soraya, willst du mich verarschen? Wo warst-" Amo stoppte plötzlich, als er mein verheultes Gesicht sah.

„Was ist los? Warum weinst du?" fragte er mich.

„Amo, bitte bring mich einfach hoch."

„Alles, was du willst, Prinzessin," sagte er, während er beschützerisch seine Hand über mich legte.

Es war ja nichts Schlimmes passiert, aber es machte mir Angst.

„Komm, setz dich, Habibti," sagte er und führte mich vorsichtig ins Schlafzimmer.

,,Was ist passiert?"fragte Amo mich.

,,Ich will nicht darüber reden."sagte ich.

,,Warum bist du überhaupt weggegangen.Wärst du hier geblieben wäre das nicht passiert."sagte er.

,,Willst du mich grade verarschen du Hund.Hättest du mich nicht nach Spanien gebracht wäre das genauso wenig passiert."

,,WARUM GEHST DU AUCH RAUS OHNE UNS BESCHEID ZU SAGEN."sagte er wütend.

,,Fick dich weißt du ich dachte du würdest mich verstehen.AUSSERDEM WILLST DU MIR GRADE WIRKLICH SAGEN DAS ES MEINE SCHULD IST DAS DIESER BASTARD KEINE AHNUNG WAS MIT MIR MACHEN WOLLTE.ICH HASSE DICH UND DEIN VERFICKTEN STOLZ."sagte ich sauer und meine Stimme bebend von dem ganzen weinen.

,,Wer war das?"fragte er mich.

,,SOLL DICH NICHT JUCKEN ES IST JA OFFENSICHTLICH MEINE SCHULD."sagte ich während ich gegen seine Brust schlug.

,,Soraya es tut mir leid ich meinte das nicht so.Ich hab mir nur sorgen gemacht."sagte er.

,,Juckt mich nicht."

,,Wer wollte etwas mit dir machen?"fragte er mich.

,,Nerv nicht."sagte ich während ich aufstand und den Raum verließ.

Ich stürmte aus dem Raum und ließ Amo stehen. Meine Gedanken rasten, mein Herz schlug wild, und die Tränen wollten einfach nicht aufhören. Warum musste alles so kompliziert sein?

Ich lief die Treppe hinunter und ging nach draußen in den Garten. Die kühle Nachtluft half mir, mich ein wenig zu beruhigen. Ich setzte mich auf eine der Gartenbänke und schlang meine Arme um mich. Es fühlte sich alles so surreal an – hier in diesem fremden Land, mit diesen fremden Menschen, die ich eigentlich gar nicht kannte, und einem Mann, den ich nicht lieben wollte, aber irgendwie doch nicht hassen konnte.

Ich hörte Schritte hinter mir und drehte mich um. Es war Amo. Er hielt ein paar Schritte Abstand und schaute mich mit einer Mischung aus Sorge und Schuld in den Augen an.

„Soraya, bitte. Es tut mir wirklich leid. Ich hätte nicht so reagieren sollen," sagte er leise.

„Es ist nicht nur das, Amo. Es ist alles. Du verstehst es einfach nicht. Ich fühle mich hier so gefangen. Ich will mein Leben zurück, meine Familie, meine Freunde. Du hast mir alles genommen," sagte ich, meine Stimme zitterte immer noch.

„Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Große Fehler. Aber ich liebe dich wirklich, Soraya. Ich möchte, dass du glücklich bist. Ich möchte dir zeigen, dass wir zusammen glücklich sein können. Bitte gib mir eine Chance," sagte er flehend.

„Eine Chance? Amo, du hast mich entführt. Du hast mein Leben auf den Kopf gestellt. Das kann man nicht einfach so wiedergutmachen," sagte ich und schüttelte den Kopf.

„Ich weiß, und ich bereue es jeden Tag. Aber ich kann die Vergangenheit nicht ändern. Ich kann nur versuchen, die Zukunft besser zu machen. Bitte, lass mich dir beweisen, dass ich es ernst meine," sagte er.

„Ich weiß nicht, Amo. Ich weiß einfach nicht," sagte ich und schaute weg.

Er trat einen Schritt näher und kniete sich vor mich hin. „Soraya, ich werde alles tun, um dein Vertrauen zurückzugewinnen. Bitte, gib mir diese eine Chance," sagte er und nahm meine Hände in seine.

Ich schaute in seine Augen und sah die aufrichtige Reue und Liebe darin. Mein Herz war zerrissen zwischen dem Wunsch, ihm zu glauben und der Angst, wieder verletzt zu werden.

„Wir werden sehen, Amo. Aber erwarte nicht, dass es leicht wird," sagte ich schließlich.

„Danke, Soraya. Danke, dass du mir überhaupt eine Chance gibst," sagte er und zog mich sanft in seine Arme.

Ich ließ mich für einen Moment von ihm halten und spürte, wie ein kleiner Funken Hoffnung in mir aufkeimte. Vielleicht, nur vielleicht, könnte sich alles zum Guten wenden. Aber es würde ein langer Weg sein, das wusste ich.

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Ihr habt euch längere Kapitel gewünscht und ihr kriegt welche.🫣

Amo 2-Wenn nicht du,wer dann?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt