Kapitel 36

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Nach einem langen Tag im Zentrum ist Ava gerade nach Hause gekommen und fährt mit dem Fahrstuhl nach oben. Es war ein sehr anstrengender und emotionaler Tag gewesen, sie ist nicht durch die Arbeit ausgelaugt, sondern wegen dem Schreiben, was sie erreicht hatte. Das Schreiben enthielt eine Vorladung vom Gericht für den Prozess gegen Philipp Böhm. Somit war es bald soweit und sie würde IHM wieder gegenüberstehen. Aber die Stärke, die Ava sich zurückgekämpft hatte, ließ sie nicht wanken in ihrem Willen, diesen Mann verurteilt zu sehen. Zudem hatte sie durch Chiara und ihre Freunde viel Halt und Verstärkung.
Als sie die Tür aufschließen will, tritt ihr Nachbar Fred in den Flur und spricht sie an. “Hey Ava, ich hab da ein Paket für euch angenommen." "Chiara war wohl nicht da und für mich ist das kein Problem.” “Soll ich es dir rein tragen?” “Du darfst ja in deinem Zustand nichts Schweres heben oder tragen, also wäre es doch besser, wenn ich das für dich erledige.” plappert der junge Mann ohne Pause. “Hi Fred, ja, das wäre wirklich nett, wenn du das eben machen könntest." “Chiara hat vermutlich wieder Klamotten bestellt.” antwortet Ava und öffnet die Tür. Das Paket, das Fred Ava hinterher trägt, ist ca. 60x40x40cm groß. “Ach Du meine Güte, was hat meine Frau da bloß alles gekauft." kommt es verblüfft von der Blonden.
Fred stellt es auf den Esstisch und verabschiedet sich leider nicht so schnell, wie es Ava am liebsten gewesen wäre. Er ist zwar nett, aber auch eine echte Plaudertasche. Ava geht erstmal unter die Dusche, um den anstrengenden Tag von sich abzuwaschen. Im Bademantel und mit Handtuch Turban steht sie vorm Spiegel und betrachtet sich ausgiebig. Immer mehr beginnt sich ihr Körper zu wandeln und sie nimmt selbst die kleinste Veränderung an sich wahr. Umgezogen im legeren Outfit geht Ava in die Küche und will sich schnell eine Tasse Tee machen. Chiara ist noch immer nicht zurück und die Neugierde darüber, was in dem Paket ist, zerrt an Ava. So schnappt sie sich eine Schere und öffnet es. Etwas überrascht schaut sie in den Karton, darin sind keine Kleidungsstücke, mit denen Ava gerechnet hatte, sondern einen Korb. Der Korb ist gefüllt mit Kuscheltier, Babydecke, Windeln, Spielzeug und Cremes. Ava freut sich, dass eine Freundin von ihnen so ein schönes Geschenk macht. Eine Karte findet sie auch noch drin und kann nicht widerstehen, sie zu lesen.
Liebe Chiara, ich möchte Dir von Herzen gratulieren, dass Du bald Mama wirst und ein süßes Baby in deinem Leben hast." Ich freue mich schon sehr auf die ersten Familientreffen mit meinen Geschwistern, Dir und dem neuen Erdenbewohner. Von Herzen die liebsten Grüße, Deine Dich liebende Freundin Ina
Ava kann nicht fassen, was sie dort liest, von Unglauben, zu Aufgebrachtheit bis hin zur rasenden Wut sind ihre Empfindungen. Erst will diese Frau Chiara zurückzugewinnen und jetzt bildet sie sich ein, einen familiären Anspruch auf ihr Kind zu haben, reflexartig greift Ava sich an ihren Bauch. Weiß glühender Hass brennt sich durch ihren Körper, schwer und hektisch atmend schreit sie ihre aufkommende Wut heraus und schmettert das Paket mit dem Korb vom Tisch und alles verteilt sich kullernd auf den Boden. Doch es reicht noch nicht, ihrer Wut Luft zu machen, eine Vase zerspringt klirrend an der Küchenfront und ein Stuhl landet mit einem lauten Knall auf dem Holzparkett. Ava kann sich nicht zügeln, kopflos greift sie sich ihre Tasche und macht sich auf zu der Person, die ihren furien artigen Ausbruch ausgelöst hat.

“Schatz, sorry, dass ich so spät zurück bin vom Einkaufen, aber es war so unglaublich viel los und natürlich stand ich dann vor der Kasse, wo es am längsten gedauert hat.”erklärt sich Chiara in einem leeren Raum. Als sie ins Wohnzimmer kommt, sieht Chiara das Chaos, was Ava zuvor angerichtet hatte. “Oh mein Gott, was ist denn hier passiert?” Voller Panik ruft sie nach ihrer Frau, doch niemand antwortet. Chiara schaut in jedem Raum, doch Ava ist nicht aufzufinden. Große Angst macht sich in Chiara breit, sie sucht nach ihrem Handy in der Tasche und wählt die Eins in ihrem Kurzwahlspeicher. Jedes weitere Klingeln, in dem Ava nicht dran geht, macht sie nur noch nervöser. Da fällt ihr Blick auf den Korb und die verteilten Kindersachen, mitten in den Scherben, Blumen und Spielzeug sieht sie einen Brief. Vorsicht und darauf achten, dass sie sich nicht schneidet, greift Chiara sich das durchnässte Papier und liest. Vollkommen entsetzt begreift sie nun, was passiert ist, ihr ist jetzt absolut klar, wo Ava hin ist. Blitzartig setzt sie sich in Bewegung und macht sich auf zu Inas Restaurant.

Restart, Munich here we come!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt