Heute würden die Rekrutierer der Akademie kommen.
Am Vorabend hatten die Bewohner der kleinen Hafenstadt die Straßen gefegt, alle Kerzen in den staubigen Straßenlaternen aufgefüllt, die restlichen Marktstände beisammen geschoben um Platz zu schaffen und selbstgebastelte, bunte Girlanden in den Gassen nahe des Hafens aufgehangen.
Die Stadt glänzte in ihrer vollen Pracht - wie jedes Jahr zu Beginn des Sommers.
Es war nicht nur der Tag der Auswahl - es war ebenfalls der Tag des Sommerfests, welcher in ganz Veriath an dem heutigen Tag, dem längsten Tag des Sommers - gefeiert wurde. Ein aufgetürmter Holzhaufen ragte bis beinahe über die Dächer der Stadt, bereit, am heutigen Abend zur Feier des Tages entzündet zu werden. Ich bestaunte diesen, während ich den schmalen, von Wildblumen gesäumten Schotterweg vom See bis ins Innere der Stadt lief.Ich hatte mich in die feinste Kleidung geworfen, welche ich besaß - denn das erste Mal, seit ich in Veles zu Hause war, begab ich mich zur großen Auswahl an den Marktplatz.
Ich trug ein ledernes Korsett, welches ich eng um meine Hüfte geschnurrt hatte, eine helle Leinenhose und mein sauberstes Hemd, welches ich am Vorabend noch im See gewaschen hatte.
Meine Hände zitterten, als ich an den ersten Holzhäusern vorbei, auf den Marktplatz zulief.
Sie waren noch nicht da, doch hatten sich bereits alle Bewohner von Veles auf dem Marktplatz versammelt und warteten auf die Rekrutierer der Akademie.
Ein wildes Getuschelt und Gemurmel ging durch die Menge, als sie mich erblickten.Keiner von ihnen hatte mich je verraten. Sie taten dies nicht nur meinetwegen - sie wussten ebenfalls, dass Imgur ihnen die Köpfe abreißen würde, sollten sie den Rekrutierern verraten, dass noch eine Elementare in Veles heimisch war.
Isa - eine wohlgeformte Frau mit schulterlangem hellbraunem Haar, griff mir an die Schulter.
«Ela!», flüsterte sie entsetzt, «Weiß Imgur, dass du hier bist?» Ich nickte und umfasste ihre faltige Hand, um sie zu beruhigen.
Auch sie hatte letztes Jahr ihren Sohn an die Akademie geschickt. Sie hatte geweint und geschrien, so laut, dass ich es bis in die Hütte gehört hatte.
Doch er hatte sich gefreut. Er hatte bis zu seinem 21 Geburtstag gewartet, um sich endlich freiwillig zu melden.
Isas Sohn war ein netter Junge mit blondem Haar, welcher schon immer davon geträumt hatte, das fünfte Königreich - wie die Bewohner des Landes die Akademie inoffiziell nannten - endlich mit eigenen Augen zu sehen.
Imgur bahnte sich einen Weg durch die Menge, kam dicht hinter mir zum Stehen und legte mir seine warme, große Hand auf die Schulter. Er widmete mir keines Blickes sondern starrte nervös auf den Marktplatz - auf den Ort, an welchem sie jeden Moment eintreffen würden.
Mein Herz schlug bis zum Hals, ich versuchte angestrengt meinen Puls zu beruhigen und meine Nervosität zu lindern.Das Getuschel auf dem Marktplatz verstummte abrupt, als festes Hufschlagen aus der Ferne ertönte.
Und dann kamen sie.
Es waren einige Pferde - Nachtschwarz, mit goldenen Masken über den Ohren, welche leicht geschnörkelt bis knapp über ihre Augen reichten. Ihre Reiter trugen allesamt dunkles Leder, schwarze, seidene Umhänge waren über ihre breiten Schultern geworfen.Vier Karawanen an Rekrutierern zogen zu Beginn eines jeden Sommers in jedes der vier Königreiche, um die Auswahl in jeder ihrer Städte zu treffen.
Veles war die letzte Stadt des vierten Königreiches, welche die Rekrutierer bereisten.
Aus diesem Grund waren es nicht nur Rekrutierer der Akademie, welche nun auf den großen Marktplatz von Veles geritten kamen - ihnen folgten ebenfalls die bereits Auserwählten der restlichen Städte des vierten Königreiches.
Einige von ihnen blickten ängstlich und verunsichert auf die neugierigen Augenpaare - andere lächelten und wanken der Menge stolz zu, welche zu Klatschen begann, als die ersten majestätischen Pferde an uns vorbeitrabten.
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The fifth Kingdom
FantasyIn einer Welt, aufgeteilt in Gut und Böse, lernt Elana Aledon an der Akademie von Ârames mit ihren elementaren Fähigkeiten zu kämpfen und die Welt vor dem Dunklen zu bewahren. Doch während die Unterwelt immer bedrohlicher und näherzukommen scheint...