✦ Kapitel 21 ✦

30 2 0
                                    


Die Sitzung der Könige dauerte lange an.

Als die Sonne untergegangen und die schweren Türen zum großen Saal endlich geöffnet wurden, erkannte ich an Nawins Gesichtsausdruck, dass die Sitzung an diesem einen Tag nicht beendet werden konnte.

Amaya und ich lehnten an dem steinernen Torbogen, welcher das Gebäude der Parven und den Hauptteil der Akademie miteinander verband.

Nicht nur unsere Augenpaare waren neugierig auf die Könige und deren Gefolgschaft gerichtet, als sie mit ihren edlen, raschelnden Kleidern aus dem großen Saal geschritten kamen um sich nach der lang andauernden Ratssitzung in ihre Gemächer zurück zu ziehen.

Nawin lief hinter seinem Vater her und warf mir lediglich einen kurzen, müden Blick zu. Er trug erneut einen seidenen Anzug, ebenso wie sein Vater. Beide Männer waren in einem schimmernden Jadegrünen gekleidet, welches der leuchtenden Farbe ihrer Augen schmeichelte.

Ich wollte mit ihm sprechen - gelinde ausgedrückt, denn ich musste mit ihm sprechen.

Doch an seinem Gesicht las ich ab, dass es momentan wichtigeres gab als uns. Und ich erkannte, dass die Gefahr aus Tenebris bei weitem größer und gefährlicher sein musste, als Direktorin Saj es den Auserwählten mitgeteilt hatte.

General Oscurides war während der Ratssitzung ebenfalls anwesend gewesen, denn er rauschte an den Auserwählten vorbei, welche bei seinem Anblick einen Schritt zurück wichen. Es wunderte mich, dass ausgerechnet General Oscurides an der Sitzung teilgenommen hatte, da es allem voran die Generäle waren, welche in die Königreiche gesandt worden waren um während der Abwesenheit der Könige für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

Tiefe Schatten hingen unter seinen Augen, während er mit schnellen Schritten den großen Saal und die Akademie verließ, um in sein eigenes Anwesen auf den Hügeln aufzusuchen. Ich blickte dem General geistesgegenwärtig nach, dachte an die Worte, die er mir an den Kopf geworfen hatte. Es stimmte. Auch wenn mich seine Worte bitterlich getroffen hatten - er behielt Recht.

Während ich mit dem Gedanken spielte, eines Tages Königin über ein Königreich zu werden, das ich noch nicht einmal kannte, trainierten und übten die anderen Auserwählten mit Fleiß ihre Fähigkeiten oder kämpften jetzt - in dieser Sekunde, gegen das Dunkel an der Mauer.

Ich beschloss, Nawin nicht weiter auf diese Angelegenheit anzusprechen und mich erst vollkommen auf meine Ausbildung an der Akademie zu konzentrieren.

Amaya hatte ebenfalls nicht weiter nachgefragt.

Auch wenn sie des Königs Worte während des Training vernommen hatte, hatte sie dennoch nichts weiter dazu gesagt oder mir Fragen gestellt.

Sie konnte sich ihren Teil denken, das machte sie die meiste Zeit so. Sie schnappte Puzzleteile auf und verband sie in ihrem Kopf miteinander - keinerlei Erklärungen waren von Nöten.

Und dies war eine weitere Sache, welche ich an meiner Freundin liebte: sie drängte mich nie, etwas zu erzählen.

Sie wusste, wenn mir danach war, würde ich mit ihr darüber sprechen. Und umgekehrt war es ebenso.

Nawin hatte keine Zeit den Abend mit uns zu verbringen.

Amaya und ich saßen gemeinsam mit Akai an einer der langen Tafeln, welche rund um die Hügel der Akademie aufgestellt worden waren und bedienten uns an den dampfenden Töpfen, die von den feingekleideten Bediensteten hinaus getragen wurden.

Gemeinsam mit den Soldaten und Gefolgsleuten der Königreiche, saßen wir draußen am Fuße des erbauten Lagers und lauschten den angeregten Gesprächen, dem leisen Zirpen der Grillen, während sich kleine Glühwürmchen den Weg durch die Zypressen bahnten.

The fifth KingdomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt