✦ Kapitel 5 ✦

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Der Fae General wurde von seinen Leuten zurück gezogen. Fluchend und schimpfend entfernten ihn einige der Rekrutierer aus unserer Nähe - und zogen sich an den Hafen zurück. Vermutlich retteten sie mir damit das leben, denn ich schätze, er hätte mich vermutlich mit nur einem Schlag getötet, hätten seine Kameraden ihn nicht mit aller Kraft von mir distanziert.

Ich blieb wie angewurzelt stehen.

Wie in Trance blickte ich den Rekrutierern nach, noch immer rauschte es in meinen Ohren und ich spürte, wie meine rechte Faust zu pochen begann.

Als ich mich langsam zu Imgur umdrehte, waren noch immer die aus Dickicht bestehenden Schlingen, sowie die schwere, modrig riechende Erde, um seine Hände und Füße gewunden - mit einer schnellen Handbewegung entfernte ich diese von ihm. Er widmete mir keines Blickes.

Doch ich sah, wie seine Nasenflügel sich weiteten, wie seine stummen Augen vor Wut und Trauer aufflammten und sein Körper zu zittern begann. Seine harten Gesichtszüge wirkten noch tiefer, stumme Trauer blickte mir durch seine blassblauen Augen entgegen.

Nie - nie zuvor, hatte ich Imgur in solch Zustand gesehen.

Und ich, ganz allein ich, war dafür verantwortlich.

Er stand auf, klopfte sich den Dreck von der Brust und schritt wortlos davon. Keiner sagte etwas, keiner versuchte ihn aufzuhalten, als er schwer atmend zu seiner Hütte am Rande des Hafens lief und die Tür hinter sich mit einem lauten Knall schloss.

Ich wollte ihm nachlaufen. Musste ihn erreichen, etwas sagen, mit ihm sprechen... Ich ging den ersten entschlossenen Schritt auf seine Hütte zu, als jemand meinen Arm griff.
«Lauf ihm nicht nach Kind.»

Isa wischte mir wortlos eine Träne von der Wange und griff nach meiner Hand. Ich blickte zwischen ihr und Imgurs Hütte hin und her, die Verzweiflung stand mir ins Gesicht geschrieben.
«Wir bekommen das hin. Das alles. Versprochen.»

Sie nickte mir aufmunternd zu.
«Er beruhigt sich wieder. Du kennst ihn. Geb ihm die Zeit die er braucht. Doch nun müssen wir uns um die Rekrutierer und - vor allem - um General Oscurides kümmern.»
Ich blickte Isa wortlos an, während mein Blick noch immer still zu Imgurs Hütte wanderte.
«Sieh mich an.» Sie zog meinen Oberkörper zu sich und ihr Blick wurde ernsthafter, während sie mich zwang, ihr in die Augen zu sehen.
«Sie haben dich ausgewählt. Und alles andere kann warten. Alles andere zählt nicht mehr, denn diese Entscheidung ist unumgänglich. Was geschehen ist, muss sofort begradigt werden. Du wirst mit diesen Wesen einige der nächsten Jahre deines Lebens verbringen. Wenn das-», sie deutete auf die zurück gezogenen Männer aus Ârames, welche sich wie ein Ball um den Fae General versammelt hatten und dabei wild und lautstark diskutierten, «-dein Start an der Akademie ist, wenn du keine Rückendeckung der Ausbilder hast, werden dich die anderen als leichtes Ziel sehen. Und dir das Leben an der Akademie zur Hölle machen.»

Ihre Worte klangen dumpf, wie aus weiter Ferne drangen sie bis in mein Ohr.

Doch ich hörte sie, und ich wusste, dass sie Recht hatte.
«Das sind keine gewöhnlichen jungen Menschen, die sich freiwillig für die Akademie melden. Manche von ihnen wurden darauf trainiert der oder die Beste zu werden. Söhne von Königen, Töchter von Lords der ersten Königreiche - sie werden stärker sein als du.»

Isas blaue Augen erinnerten mich an das Meer - wild und unbändig, und doch ruhig und endlos.

Ich nickte stumm mit dem Kopf.
«Du musst dich bei General Oscurides entschuldigen. Hast du verstanden?» Ich biss meine Zähne aufeinander, bis ein lautes Knirschen zu hören war.
Weitere Bewohner von Veles waren langsam an mich getreten und nickten zustimmend mit dem Kopf, während sie Isas Ansprache belauscht hatten.
«Was soll ich tun...» fragte ich leise.
«Du gehst in die Hütte. Packst deine Sachen. Wir werden die Rekrutierer beruhigen und sie versöhnlich stimmen, bis du heute Abend zum Sommerfest erscheinst.»

The fifth KingdomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt